In einer Zeit, als weltweit die Hippies die sexuelle Revolution ausriefen und für die freie Liebe eintraten, war es in der kleinen Alpenrepublik noch vergleichsweise bieder und konservativ. Für Aufregung sorgten vielleicht die Wiener Aktionisten und in deren Dunstkreis die mutig-provokante Multimedial-Künstlerin Valie Export. „Tapp und Tastkino“ nannte sich beispielsweise die legendäre Expanded-Cinema-Aktion von Export und ihrem Partner Peter Weibel, bei denen Passanten mit einem Megafon aufgefordert wurden, in eine umgeschnallte Box zu greifen und dort für eine kurze, festgelegte Zeit die Brüste Exports zu berühren. Filme und Fotos dokumentieren diese 1968 in Wien und München konzipierte Performance, die den männlichen Voyeurismus offenlegen sollte. Eine von 163 Werken der 1940 in Linz geborenen Waltraud Lehner, die in unterschiedlichen medialen Formen – von Fotografien, Videos, Zeichnungen bis hin zu Installationen – im Rahmen einer Retrospektive in der Wiener Albertina zu sehen sind.
In der Performance „Aus der Mappe der Hundigkeit“ führt Export ihren damaligen Freund und Medienkünstler Peter Weibel wie einen Hund an der Leine durch die Kärntner Straße. Eine Umkehrung der patriarchalen Machtverhältnisse, die sich seitdem zumindest in Nuancen verbessert haben. Das Publikum reagierte damals erstaunlich tolerant, belustigt und amüsiert. Nicht fehlen dürfen in der Ausstellung die Pop Art-angehauchten Fotos der „Aktionshose Genitalpanik“, bei denen Valie Export – ihr urheberrechtlich geschütztes Pseudonym leitet sich von der Zigarettenmarke „Smart Export“ ab – sich mit gespreizten Beinen, im Schambereich ausgeschnittener Hose, Lederjacke und Maschinengewehr präsentiert.
Die angepasste und devote Rolle der Frau in den 60ern und 70ern thematisiert Export auch in zahlreichen Collagen und Nachbildungen alter Kunstwerke, durch die jahrhundertelange tradierte Stereotype schonungslos offengelegt werden. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen allerdings auch die grandiosen fotokünstlerischen Ideen Exports. Bei dem Projekt „Foto-Raum“ erweitert Export scheinbar den physischen Raum durch wandfüllende Aufnahmen des ihn umgebenden Außenraums. Auf dem Wiener Südbahnhof kombiniert Export Fotografie und Schrift, indem sie Waggons mit dem Wort „Schriftzug“ beschriftet. Parlament, Heldenplatz, Rathaus und viele andere andere Stätten des öffentlichen Raums dienen als Kulisse für die „Körperkonfigurationen“, bei denen sich Export oder engagierte Models an mächtige Stadtbauten schmiegen, um soziale Machtstrukturen zu hinterfragen. Deftigere Kost bekommt der Ausstellungsbesucher bei diversen Performances, wo sich Export selbst Schmerzen zufügt (wie bei der vierteiligen Aktion „Kausalgie“ oder der „Asemie – Die Unfähigkeit, sich durch Mienenspiel ausdrücken zu können“).
Beeindruckend sind zwei weiträumige Installationen Valie Exports in der Albertina: Bei den „Fragmenten der Bilder einer Berührung“ werden 18 leuchtende Glühbirnen in mit Öl, Milchersatz und Wasser gefüllte Zylinder getaucht. Die Flüssigkeiten brechen das Licht auf unterschiedliche Weise und entsprechen den Farbwerten eines durchleuchteten Schwarz-Weiß-Filmes. Kritik an der Massenproduktion und dem sinnentleerten Arbeitsalltag von Frauen äußert Export mit der in einem Sonderraum plazierten Installation „Die un-endliche/-ähnliche Melodie der Stränge“ aus dem Jahr 1998, bei der auf- und abwärtsbewegende Nähmaschinennadeln auf 25 PC-Bildschirmen zu sehen sind.
„Kunst soll dazu beitragen, Wahrnehmungen zu schärfen, und das auch abseits der künstlerischen Pfade. Man muss als Bürger beispielsweise wahrnehmen, welche Gesetze wir haben, ob diese richtig oder falsch sind oder von wem sie diktiert wurden“, so Export in einem aktuellen Interview. Ob´s gelingt, wird sich nach dem Besuch der spannenden Retrospektive zeigen.
Pinke Federboas, bunte Brillen, Glitzer in den Haaren, fröhlich, junge Mädchen, die stundenlang auf der Wiese vor dem Ernst Happel-Stadion mit oder ohne Warteschlangentickets campen und auf ihren Star warten. Oder mit ihren teils überforderten Eltern Richtung Eingang strömen, um auf dem Stehplatz möglichst nahe der Bühne ausflippen zu können. Ein „safe space“ soll das Konzert mit rund 60.000 Besuchern werden, das hat der englische Superstar Harry Styles versprochen. Und dieses Versprechen wurde eingehalten.
Wet Leg
Unabhängig von der Hysterie der Teenies, denen man kein besseres Idol wünschen könnte, war dieser Abend auch ein Rendezvous mit der britischen Pop-Elite. Im Vorprogramm spielten die von der Isle of Wight (südlich des Festlandes) stammenden Freundinnen Rhian Teasdale und Hester Chambers aka Wet Leg. Ihr gleichnamiges Debüt-Album stürmte sofort auf Platz 1 der UK-Charts, bei den Brit Awards gewannen sie die Preise in den Kategorien Best Alternative Music Album und Best Alternative Performance. Q.e.d.: Indie-Rock vom Feinsten mit grungigen Gassenhauern wie „Chaise Longue“, „Angelica“ oder „Ur Mum“ und subtil-feministischen Show-Einlagen.
Superstar-Mania
Die Welle fließt durch das Stadion wie bei einem Fußball-Thriller, die Fans tanzen, kreischen und singen, noch bevor der durch die Boy-Band One Direction berühmt gewordene Harry Styles die Bühne betritt. Zur Musik von Freddie Mercury („Bohemian Rhapsody“), den Beatles („All you need is love“) und Robbie Williams („Angels“), alles Stars, die man mit Styles vergleichen könnte (in dieser Reihe fehlt nur Bowie). In einer Zeit, als es noch keine sozialen Medien und keine Smartphones gab. Heute zücken die Fans bereits vor dem ersten Erscheinen ihres Superstars die Handies, Instagram, Facebook und Tik Tok brauchen Material. Und das alles ist nicht unbedingt schlecht, wenn es sich um so sympathische Künstler wie Harry Styles handelt.
Queer Image
Der 1994 in Worcestershire aufgewachsene Harry Edwards Styles verzichtet bei seiner „Love on Tour“-Show auf Klimbim und Akrobatik-Einlagen. Die Bühne besteht aus einer Pyramide in der Mitte und vier Screens, auf denen neben Zeichentrickfiguren vorwiegend Styles und seine großteils weibliche Band zu sehen sind. Die Bandleaderin ist die großartige Drummerin Sarah Jones. Ein signifikantes Zeichen, mit dem Styles die patriarchalische Struktur der Musikszene aufbrechen will. „Styles repräsentiert alles, was Männer jetzt zu tun haben, empathisch sein, Diversität feiern, Frauen und queere Menschen unterstützen“, so der Männerforscher Christoph May. Die Regenbogenflagge und ein extravaganter Look dürfen nicht fehlen. In Wien trägt Styles eine hellgrüne Glitzer-Hose mit offenem Gilet, das Gucci-Rüschenkleid ist der Vogue vorbehalten, für die Styles im Dezember 2020 als erster Cover-Boy posiert hat.
„My Job is to entertain you“. Und den macht der 4fache Brit-Awards und 3fache Grammy-Gewinner exzellent, chronologisch perfekt aufgebaut: Unbekanntere, groovige Tracks am Anfang (wie „Golden“ und „Adore you“), die Superhits am Schluss, dazwischen One Direction-Covers und der bei jedem Konzert geplante persönliche Kontakt zu den Fans, bei denen Styles „Coming Out“-Fragen beantwortet. Selbst ist er diskreter und gibt keine Statements zu seinen sexuellen Präferenzen ab: „The whole point of where we should be heading, is accepting everybody and being more open“, so Styles im Guardian.
Encore
Vor allem bei den Mega-Hits könnte sich Styles, der seit fast zwei Jahren ununterbrochern auf Tour ist, jederzeit einen Schnitzer leisten. Die Fans im Front of stage-Bereich singen sowieso jede Textzeile lautstark mit. Dass „Watermelon Sugar“, sein brillanter erster Nr. 1-Hit in den USA, nicht über Wassermelonen handelt, sondern über Oralsex, muss man den Teenies (oder ihren Eltern) ja nicht direkt auf die Nase binden. Bei der ersten Zugabe, seiner an David Bowie angelehnten Ballade „Sign of the Times“ (seiner ersten Nr. 1 in England), gehen im ganzen Stadion die Handy-Lichter an, Gänsehaut pur. „You know, it´s not the same, as it was“, Harry Styles melancholisch-poppiger Track über Liebe, Einsamkeit und Verlust, sein bisher größter Hit aus seinem aktuellen Album „Harry´s House“ (mit 15 Wochen auf Platz in den Staaten), verwandelt das Stadion in einen kreischenden Hexenkessel. Den Schlusspunkt setzen Styles und seine großartige Band mit dem Indie-Kracher „Kiwi“. Ohne Tortenschlacht wie im Video, aber mit lächelnden, glücklichen Gesichtern der Fans. Rock´ Roll will never die. Das gilt nicht nur für die jungen Römer…
„Sunshine, Peace, Happiness“ – So kann man die Stimmung auf der 27. Regenbogenparade in Wien bezeichnen, die mit 98 Teilnehmergruppen und mehr als 300.000 Besuchern zu der zweitmeistfrequentierten Parade aller Zeiten zählt. Die erste Regenbogenparade fand 1996 zwischen Oper und Universität Wien statt, mit gerade einmal 25.000 Besuchern. Als Vorbild diente laut Mitbegründer Andreas Brunner New York, dort wo auch der Christopher Street Day seinen Ursprung hatte. Am 27. Juni 1969 leisteten Homosexuelle und Transgender im Lokal Stonewall Inn erstmals Widerstand gegen die Polizeigewalt und die grassierenden Diskriminierungen. Daraus resultierten weltweite Demonstrationen der LGBTIQ-Bewegungen am sogenannten „Christopher Street Day“, in Österreich hat sich die Trademark „Regenbogenparade“ durchgesetzt, die eben nicht nur Party, Tanzen und Lebensfreude widerspiegelt, sondern auch eine politische Demonstration ist.
„Together we rise“ war das Motto der diesjährigen Parade, die wie immer – andersrum – entgegen der Fahrtrichtung der 5,2 km langen Ringstraße führte und eine breite Palette an unterschiedlichen Teilnehmergruppen enthielt: Von den LGBTIQ-Protagonisten (wie der Hosi Wien, der Türkis Rosa Lila Villa, dem Gay & Fetisch-Verein LMC Vienna, der Queer Base, der Aids Hilfe Wien oder der Szene-Ikone Conchita „Spreading Happiness“), politischen Parteien und Interessensvertretungen (wie der SoHo, den Grünen Andersrum, den Neos, dem ÖGB oder dem ÖAMTC), Wiener Clubs (wie dem Why Not gemeinsam mit der Felixx Bar, dem Techno-Epizentrum Exil, dem O-Club als Veranstalter der offiziellen Pride Night oder dem Werk) bis hin zu Banken, Softwareunternehmen, Getränke- und Schokoladefirmen, die die Parade augenscheinlich auch als Promotion für ihre Produkte verwenden. Ob dort die Firmenpolitik tatsächlich so divers, tolerant und anti-diskriminierend geführt wird oder die Identifikation mit der LGBTIQ-Bewegung nur der Umsatzsteigerung dient, das sei dahingestellt. Der linksgerichtete Verein Funke dürfte ebenfalls seine Zweifel haben. Deren Motto bei der Parade: „Gegen Pinkwashing – Für den Sturz des Kapitalismus!“
Im Mittelpunkt der politischen Message des Pride Month und der Parade steht der volle Diskriminierungsschutz für die LGBTIQ-Community. Laut einer europäischen Studie aus dem Jahr 2020 erfuhren 43 Prozent aller Befragten persönlich Diskriminierung oder Belästigung wegen ihrer sexuellen Orientierung, 21 Prozent fühlten sich am Arbeitsplatz trotz des EU-weiten Schutzes diskriminiert, 11 Prozent der Homosexuellen wurden sogar innerhalb der letzten 5 Jahre körperlich oder verbal angegriffen.
Österreich ist dabei keinesfalls Vorreiter, sondern liegt aufgrund des fehlenden Diskriminierungsschutzes nur auf Platz 20 (!) des Länderrankings der Ilga Europe. Während die Bürger im Bereich der Arbeitswelt aufgrund von sechs Diskriminierungsgründen (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Religion bzw. Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung) geschützt sind, existiert im Privatleben KEINEN Schutz aufgrund der sexuellen Orientierung, der Religion und Weltanschauung bzw. des Alters. Hauptanwendungsbereich ist der „Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum“. Heißt fallspezifisch, dass Lokalbesitzer Homosexuelle aufgrund ihrer sexuellen Orientierung aus ihrem Wirtshaus oder Beisl schmeißen dürfen oder Vermieter offen Schwule, Lesben oder Transgender als Mieter ablehnen dürfen, ohne rechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden.
Skurrile Fälle nennt das von der Hosi Wien publizierte Positionspapier „Levelling Up“. So ist ein Kellner als Arbeitnehmer in einem Lokal geschützt vor der Homophobie des Besitzers, nicht dagegen die Gäste. Eine HTL-Schülerin ist geschützt, da die HTL als Berufsausbildung gilt, nicht dagegen eine Gymnasiastin, da Bundesschulen nicht unter den Diskriminierungsschutz fallen. Eine weitere Kuriosität in diesem Zusammenhang: Die Gleichbehandlungsgesetze der neun Bundesländer enthalten alle einen vollen Diskriminierungsschutz, dieser gilt aber natürlich nur für deren Kompetenzbereiche.
Die LGBITQ-Community fordert daher – neben der Erweiterung des Schutzgrundes „Geschlecht“ um Geschlechtsidentität, Geschlechtsmerkmale und Geschlechtsausdruck – ein bundesweit einheitliches Gleichbehandlungsgesetz, das einen vollen Diskriminierungsschutz für queere Personen enthält. Zuletzt wurde dies von der ÖVP 2015 – trotz einer fertigen rot-schwarzen Regierungsvorlage – abgelehnt. Eine rechtliche Situation, die für Schwule, Lesben und Transgender untragbar ist. Man darf gespannt sein, ob sich nach der nächsten Nationalratswahl neue Mehrheiten ergeben. Ein #Schutzfüralle – so der Hashtag – ist längst fällig…
„Alle malen schwarz, ich seh' die Zukunft pink: Wenn du mich fragst, wird alles gut, mein Kind. Mach dein Ding, aber such' keinen Sinn. Und was nicht da ist, musst du erfinden.“ – Diese lässig-euphorischen Reime laufen seit Oktober 2022 auf allen Radiostationen, in allen Clubs und bei allen Privatparties. Pierre Baigorry aka Peter Fox is back, und das mit Turbogeschwindigkeit auf Platz 1 in den Charts. Spontaner musikalischer Aktivismus gegen die depressiven Gemüter, das dachten viele, denn seit seines vielumjubelten Debüt-Albums „Stadtaffe“ von 2008 (!) erschienen keine Solo-Releases von Peter Fox mehr. „Diese pure, auf meine Person gerichtete Aufmerksamkeit finde ich nicht so geil. Dieses Solo-Popstar-Sein ist echt nicht mein Ding“, so Fox in einem aktuellen „Spiegel-Interview“.
Die Kreativität und ein nicht realisiertes Album mit dem deutschen Rapper Trettmann allerdings motivierten Fox zu seinem zweiten Solo-Werk, „Love Songs“, das Ende Mai veröffentlicht wurde. Inklusive zahlreicher Live-Auftritte bei Festivals, die innerhalb kürzester Zeit organisiert wurden. Die Wiener Arena zählte zu den ersten Locations der Comeback-Tour, sie war nach wenigen Tagen ausverkauft. Mit dabei hatte Fox die Support-Rapper Ola und Willy Will und die M.I.K.-Family („Monsters in Krump“), eine multikulturelle Streetdance-Gruppe aus Berlin.
„Wir spielen Songs vom neuem Album, vom ersten Album und von Seeed, eine schöne Mischung“, das prophezeite Fox zu Beginn des Konzerts, lässig mit weiten Hosen und Sonnenbrillen. Die 51 Jahre merkt man dem in Berlin-Kreuzberg aufgewachsenen Musiker nicht an, der 1998 die Reggae-Dancehall-Combo Seeed („Dickes B“) gründete und mit dieser genauso wie mit seinem Album „Stadtaffe“ das Berliner Lebensgefühl der 2000er widerspiegelte.
Guten Morgen Berlin. Du kannst so hässlich sein. So dreckig und grau. Du kannst so schön schrecklich sein. Deine Nächte fressen mich auf. Es wird für mich wohl das Beste sein. Ich geh nach Hause und schlaf mich aus. Und während ich durch die Straßen laufe. Wird langsam schwarz zu blau“ – Die legendären Zeilen aus Peter Fox´ ambivalenter Liebeserklärung an die deutsche Bundeshauptstadt dürfen die Fans bereits in der ersten Hälfte des flotten Konzerts genießen und kräftig mitsingen. Und zwar nach einer Palette von neuen Tracks wie „Vergessen Wie“ (Die City Lebt – man darf also auch noch als 50er auf die Piste gehen ), „Ein Auge blau“, „Weiße Fahnen“ (einem Appell an Mäßigung innerhalb von Liebesbeziehungen und Freundschaften) und der subtilen Ballade „Kein Regen in Dubai“.
Es dauert nicht lange, bis die Akteure auf der Bühne durch Wiener Fans erweitert werden, die auf einer höher platzierten Plattform mit der M.I.K. Family tanzen und feiern. Im Vordergrund der Schriftzug „The Future is Now“. Hat natürlich eine gewisse Analogie zum coolen Video „Zukunft Pink“. Bis dieser Superhit die rund 3000 Fans endgültig zum Ausflippen bringt, präsentiert Peter Fox noch einige neuere Seeed-Hits (wie „Ticket“, „Lass sie gehn“ und „Hale-Bopp), die neue Single „Tuff Cookie“ (eine Liebeserklärung an den Partner mit coolen Zeilen wie „Winter in Berlin mit dir wie'n warmer Sommer“) und den Body Positivity-Klassiker „Schüttel deinen Speck“.
Im Zugabenblock rockt Fox dann die Crowd mit „Alles Neu“ und überrascht mit einer soften Version von „Haus am See“. Diesen Song wollte Fox eigentlich gar nicht mehr live spielen. „Es gibt zwar so eine klassische Sehnsucht nach Familie und Zuhause, aber inzwischen weiß ich: Man kommt nicht an, und dann ist alles toll“, so Fox im „Spiegel-Interview“.
Im Gegensatz zu seiner Show in der Wiener Arena, die alle mitgerissen hat. Inklusive der Abschluss-Nummer von den „Toscana Fanboys“, aufgenommen im Original mit der 85jährigen Italo Pop-Legende Adriano Celentano. Die wird man garantiert im Sommer auch auf den Stränden von Rimini, Lignano und Jesolo hören.
2016 spielten Damiano David, Victoria de Angelis, Thomas Raggi und Ethan Torchio noch in der römischen Via del Corso als junge Straßenmusiker, sieben Jahre später haben sie – nicht nur als Vorgruppe der Rolling Stones – den Rock-Olymp erobert. Den Band-Namen gab es allerdings schon damals: Maneskin, das dänische Wort für „Moonlight“,auserkoren von der Halb-Dänin und Bassistin Victoria.
Das corona-bedingt verschobene „Konzert in der Wiener Stadthalle war bereits seit Monaten ausverkauft und sorgte von Beginn an für einen Hexenkessel. Eine kilometerlange Menschenschlange mit rund 80 Prozent Girls im Regenguss vor der Halle, drinnen vor allem in den vorderen Reihen Schweißattacken. Trademark: „Loud Kids Tour gets louder!“ Der rote Vorhang fällt – und mit dem neuen Uptempo-Hit „Don´t wanna sleep“ startet eine 120 Minuten-Power-Show (fast) ohne Verschnaufpause.
„The Biggest Rock Band to emerge in years“, so das US-Magazin „Variety“. Im Mittelpunkt der charismatische, kurz geschorene Sänger Damiano David, Idol der weiblichen Fans, der bereits nach einigen Songs die Hüllen fallen lässt und seine zahlreichen Tattoos am nackten Oberkörper präsentiert. Die vier jungen Römer wurden mit gerade einmal 17 Zweite beim italienischen Musik-Wettbewerb „X-Factor“ und stürmten dann mit ihrem ersten, rein italienischen Album „Il Ballo della Vita“ auf Platz 1 der Charts. Auf der Setlist der aktuellen Tour standen – trotz hoher Qualität – leider keine Songs ihres Debüt-Albums. Im Gegensatz zu ihrem internationalen Break-Through-Hit „Zitti E Buoni“, der bereits als 3. Track des Abends für Massenhysterie sorgte. 2021 gewannen Maneskin damit zuerst das San Remo-Festival und danach den Eurovision Songcontest in Rotterdam, (falsche) Drogenvorwürfe gegen Sänger Damiano bei der Siegesfeier inklusive. Was besseres kann nicht passieren.
Seitdem ist das sexy Quartett Liebling der Musik-, Fashion- und Lifestylemagazine. Bassistin Victoria de Angelis lässt auch gerne mal den Busen blitzen, beim Wien-Konzert glänzte sie modisch – wie Gitarrist Thomas Raggi – im schicken Pepita-Look. Drummer Ethan Torchio liefert die exzessiven Drum Beats zum Pop-, Glam- und Alternative Rock-Sound der Band. Schrille Light-Effects, Feuerfontänen und schnell geschnittene Screen-Aufnahmen dürfen nicht fehlen.
Romantische Stimmung kommt erstmals bei der auf italienisch gesungenen Gothic-Rock-Ballade „Coraline“ aus dem zweiten Album „Teatro d´Ira“ auf, Sänger Damiano mit schwarzen Sunglasses, bevor er sich beim Rock-Burner „Bla Bla“ erstmals in die Fan-Crowd wirft. Mit „You Fucking love this song“ kündigt er dann den ersten Nr. 1-Hit von Maneskin in Österreich an, „Beggin“, das Four Seasons-Cover, das die Band erstmals im Teenager-Alter (neben Tracks der Killers und Franz Ferdinand) beim X-Factor-Wettbewerb präsentierte und mit dem die Italiener sogar auf Platz 13 in den US-Charts landeten.
Nach weiteren Tracks aus dem im Jänner 2023 erschienenen dritten Album „Rush“ (wie „Gasoline“ und „Timezone“) verdunkelt sich die Main Stage, kurze Zeit später taucht Damiano mit Gitarrist Raggi auf einer gegenüber errichteten kleinen Bühne auf und erzeugt dort Gänsehautstimmung mit den Akustik-Versionen von „Vent´anni“ und „If Not for you“. Victoria und Ethan liefern danach ein rockiges Intermezzo, bis Maneskin dann in voller Besetzung den – mit Iggy Pop aufgenommenen – Mega-Hit „I wanna be your Slave“ (übrigens der erste UK-Top-Ten-Hit einer italienischen Band) in die Mikros schmettern. Mit kräftiger Unterstützung der kreischenden Menge.
Ob vorher ausgemacht oder nicht, bei „Mamma Mia“ schmeißt Sänger Damiano der Bassistin Victoria eine große Portion Schlagobers ins Gesicht. Nicht ohne Grund: It was Vic´s 23rd Birthday, den die Band am Vorabend u.a. im Wiener Prater und in einer Karaoke-Bar feierte. Im Stil von Jared Leto dürfen am Ende der Main Show auch die Fans auf der Bühne tanzen und feiern. Der kongeniale Punk-Track dazu: „Kool Kids“, ein Favourite Track der Band.
Im Zugabenteil: Die brillante Abschieds-Ballade „(Tonight is gonna be) The Loneliest“, Oktober 2022 Nr. 1 in den Charts (supported durch ein grandioses Funeral-Video mit „Gucci“-Look), und danach noch einmal unter tosendem Applaus „I wanna be your slave“.
„Rock and Roll never dies“. Wie recht doch Damiano bereits nach dem ESC-Triumph hatte…
„She´s undoubtely the girl of the future“: Das schrieb einst im Jahr 1966 die US-Modezeitschrift Women´s Wear Daily über die damals 31jährige österreichische Künstlerin Kiki Kogelnik, die sich damals im New Yorker Dunstkreis von Andy Warhol, Roy Liechtenstein, Robert Rauschenberg, Claes Oldenburg und Carolee Schneemann bewegte. Das Fashion-Magazine hatte nicht ganz unrecht. 25 Jahre nach ihrem Tod aufgrund einer Krebserkrankung (1997) war Kogelnik mit ihren Mensch-Maschinen-Hybriden Teil der Venediger Biennale. Und das Wiener Kunstforum widmet Kogelnik, die bereits 2013 in der Kunsthalle Krems mit einer Sonderausstellung vertreten war, die bisher größte Retrospektive. Bezeichnender Titel: „Now is the Time“.
Die Kuratorin Lisa Ortner-Kreil hat nach einer dreijährigen Vorbereitungszeit – in Zusammenarbeit mit der Kiki Kogelnik Foundation – das Werk Kogelniks chronologisch angeordnet. Empfangen werden die Besucher allerdings von einem ihrer bekanntesten Werke, dem „Painter“ aus dem Jahr 1975, das eines ihrer künstlerischen USP´s zeigt, das Ausschneiden ihrer (bzw. anderer) körperlicher Umrisse, die dann für die weitere Gestaltung ihrer Kreationen verwendet werden.
Galerie St. Stephan
Kogelnik stammt ursprünglich aus dem kärntnerischen Bleiburg und studierte ab Herbst 1955 Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Dabei schloss sie Bekanntschaft mit der Avantgarde-Gruppe rund um die Galerie St. Stephan (der u.a. Mäzen Otto Mauer, Arnulf Rainer oder Hans Hollein angehörten). Obwohl Männerdomäne, präsentierte sie dort 1961 ihre erste Einzelausstellung, die von abstrakten Malereien geprägt war. Tatsächlich zog es sie damals schon in das Art-Epizentrum New York („challenging“), wo die Kosmopolitin ein eigenes Atelier bezog und ihren eigenen Stil entwickelte.
Szene New York
„Kiki is an original. Her Style is part bohemian, part film star, part intellectual“, so der Kunstkritiker Robert Fulford im Toronto Daily Star. Kogelnik erlangte Popularität in der Szene nicht nur durch ihre grellen Kunstwerke (wie „Fly me to the Moon“, 1963), sondern auch durch ihren schrillen Fashion-Look, ihre lebenslustige Art und ihre Performances. So fabrizierte sie aus ihren körperlichen Umrissen Schaumstofffiguren und trug diese in New York und in Wien durch die City-Streets. In der wilden Sixties-Dekade entstanden ebenso die – im Hauptraum positionierten - knallbunten „Bombs in Love“ und die auf Kleiderbügeln platzierten „Hangings“, die – aus Vinyl bestehend – ebenfalls auf den Umrissen Kogelniks basieren. Der Kleiderbügel steht dabei nicht nur als Symbol für weibliche Rollenklischees, sondern auch für illegale Abtreibungen.
Space Art
Ein Sonderraum der Ausstellung widmet sich einem besonderen Faible Kogelniks, der Space Art. In der Mitte steht der rekonstruierte „Lover Boy“ (1963), ein überlebensgroßer Roboter, der aus Backformen (!) und Rohren besteht. Zu sehen sind auch Ausschnitte des legendären „Moonhappenings“ in der Galerie nächst St. Stephan. Kogelnik veranstaltete dort ein Public Viewing der ersten Mondlandung am 21. Juli 1969 und erstellte dazu parallel Siebdrucke mit Datum und genauer Uhrzeit.
Frauenbilder
In den 70er Jahren setzte Kogelnik feministische Akzente, indem sie die Rolle der Frau in der patriarchalen Gesellschaft hinterfragte. Weltberühmt ist ihr Sujet „Women´s Lib“ aus dem Jahr 1971, das Kogelnik mit ihrem „Lieblingswerkzeug“, der Schere, und ausgeschnittenen Körpersilhouetten zeigt. Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählen die bunten, lebensgroßen „Frauenbilder“, bei denen Kogelnik Hochglanz-Fashion-Magazine als Vorlage verwendet. „My paintings are about woman, about illusions woman have about themselves“, so Kogelnik, die die ästhetisch wunderschönen Frauenkörper mit geisterhaften, blassen Gesichtern und subtil-ironischen Elementen kombinierte. Beim Gemälde „Superserpent“ (1974) trägt die Frau einen Medusa-Schlangenkranz auf dem Kopf und eine Schlange in der Hand. Im Jahr 2019 wurde dieses Meisterwerk – bei einem Schätzwert von 20.000 Euro – um 162.500 Euro versteigert. Eine verspätete (postmortale) Genugtuung für Kogelnik, die damals laut ihrer privaten Tagebuchaufzeichnungen an der Akzeptanz ihrer Kunst zweifelte („I´m only the Doctor´s wife cooking. My Social standard is wrong“).
Spätwerk
Kogelnik war zeit ihres Lebens stets für neue Techniken und Stilgattungen aufgeschlossen. Sie besuchte an der New Yorker University einen Filmkurs und drehte danach im Jahr 1978 einen Kurzfilm über den Underground-Punk-Club „CBGB“, u.a. mit dem Schriftsteller Jim Carroll, Blondie und den Ramones. In der Retrospektive sind natürlich auch ihre Keramik-Arbeiten und ihre Glasköpfe (die „Venetian Heads“) zu sehen. Bei den weltweit ausgestellten „Expansions“ vermischte Kogelnik die Keramik mit der Malerei, das Verhältnis zwischen Leben und Tod steht immer mehr im Mittelpunkt ihres Spätwerks. Eines der Highlights der winkende, lachende Tod mit einem „Hi“ auf der Stirn und drei Keramik-Gesichtern über dem Gemälde. Ein ironisch, aber auch bitter anmutendes Kunstwerk Kogelniks, die am 1. Februar 1997 im Alter von 62 viel zu früh gestorben ist.
Mit ihren Themen ist Kogelnik 26 Jahre später am Puls der Zeit. Und der Hype um die österreichische Weltbürgerin wird so schnell nicht abreißen: „Now is the Time“ wandert nach dem Wiener Kunstforum ins Kunsthaus Zürich und danach in das Kunstmuseum Brandts in Odense. New York Calling nicht ausgeschlossen.
„I pretty much feel the same other than I definitely can´t drink as much as I used to“, scherzhaft Avril Lavigne kürzlich in einem Interview. 2002 stürmte die damals erst 17jährige kanadische Sängerin mit ihrer ersten Single „Complicated“ die internationalen Charts, eroberte die Herzen der gleichaltrigen, seelenverwandten Teenager und wurde bei den MTV Video Awards als beste neue Künstlerin ausgezeichnet.
21 Jahre später ist die nunmehr 38jährige wieder auf einer – durch die Corona-Pandemie – dreimal verschobenen Welttournee, nach 18 Jahren auch wieder in Österreich, wo sie zuletzt 2005 im Wiener Gasometer rockte. Die Begeisterung für Lavigne, die bis dato rund 70 Millionen Tonträger verkaufte und 7 Studioalben veröffentlichte, war trotz einer längeren künstlerischen Pause wegen Krankheit (Borreliose) ungebrochen, und so wurde das Konzert aufgrund des großen Kartenvorverkaufs vom Gasometer in die Wiener Stadthalle verlegt. 2 Euro jeden Tickets wurden dabei an die Avril Lavigne Foundation gespendet, die Personen mit schweren Krankheiten und körperlichen Behinderungen unterstützt (http://www.theavrillavignefoundation.org/).
Optisch hat sich Avril Lavigne innerhalb der letzten 20 Jahre kaum verändert, vielleicht etwas kürzere blonde Haare, sexy Rock und eine coole Lederjacke. Privat dürfte Lavigne aber doch einige Narben davongetragen haben, u.a. durch zwei gescheiterte Ehen mit dem Sum 41-Sänger Deryck Whibley und dem Nickelback-Frontmann Chad Kroeger. Dementsprechend heißt das neue Album „Love Sux“, das allerdings betont angriffig und selbstbewusst klingt. Die erste Single „Bite me“ ist auch gleichzeitig Opener der Avril Lavigne-Show in Wien, die ihre gesamte Schaffensperiode abdeckt. Das freut natürlich die rund 13.000 Besucher unterschiedlichen Alters, die vor allem in den vorderen Reihen die Texte der Hits auswendig mitsingen. Mit einer extralangen Introduction und Original-Videoeinspielungen präsentiert Avril Lavigne gleich im ersten Drittel der Show ihren sensationellen Debüt-Hit „Complicated“, es folgen später „Happy Ending“ (aus ihrem zweiten Album „Under my Skin“), ihr einziger Single-Nr.1 Hit „Girlfriend“ (2007) und natürlich die noch immer lässige Jugend-Hymne „Sk8er Boi“.
Gemeinsam mit ihrem ausgezeichneten Support-Act Phem, einer 27jährigen kalifornischen Sängerin (die 2022 mit „Brkdwn“ einen Indie-Hit ablieferte), schlüpft Lavigne in die Rolle der Spice Girls (!) und würzt deren Glitzer-Pop-Smash „Wannabe (my Lover“) mit einer Prise Rock´n Roll. Bei „Love Sux“ setzt sich Lavigne selbst hinter die Drums, bei der Ballade „When you´re gone“ mit einer Gitarre auf einen Hocker. Und bei der neuen Single „I´m a Mess“, die Lavigne gemeinsam mit dem 25jährigen UK-Alternative Star Yungblud aufgenommen hat, stürzt sich Lavigne in die kreischende Menge der Fans. Riesige Luftballons, Pyro-Einlagen und Konfettiregen dürfen natürlich nicht fehlen.
Ruhige Töne dagegen bei den Zugaben „Head Above Water“ (einem persönlichen Song Lavignes nach ihrer Krankheit) und „I´m with you“ (aus ihrem Debüt-Album „Let Go“), bei dem in der gesamten Stadthalle die Handy-Lichter aufleuchten. Die Fans waren – trotz der kurzen 80 Minuten-Show (und nur 4 Tracks aus dem neuen Album) – von der Rückkehr Lavignes nach Wien begeistert. See you next time baby again!
„Alle Kinder sind Künstler. Das Problem ist, ein Künstler zu bleiben, wenn man erwachsen ist“, ein berühmtes Zitat des wohl genialsten Malers des 20. Jahrhunderts, Pablo Picasso (1881-1973). Kunsttempel, Museen und Galerien weltweit zollen dem spanischen Künstler zu seinem 50. Todestag am 8. April Tribut und widmen ihm zahlreiche Sonderausstellungen, so auch die Wiener Albertina mit ihrer insgesamt 3. Picasso-Exhibition („Malen gegen die Zeit“, 2006, „Peace and Freedom“, 2010). Die rund 60 Kunstwerke, die seine gesamte Schaffenszeit umfassen, stammen aus eigenen Beständen, die 14 Gemälde großteils aus der Sammlung Batliner.
Blaue Periode
Picasso wurde 1881 im spanischen Malaga geboren. In Barcelona besuchte er bereits mit 14 die Kunstakademie „La Llotja“, wo er die ersten zwei Klassen überspringen durfte. Die katalanische Hauptstadt war gleichzeitig auch Schauplatz seiner ersten Einzelausstellung im Jugendstil-Cafe „Els Quatre Gats“, zum Epizentrum seiner Karriere wurde allerdings Paris, die anfänglich durch eine private Tragödie erschüttert wurde. Sein Freund Carlos Casagemas brachte sich 1901 aus enttäuschter Liebe zu einer Tänzerin um. Der Startschuss für die „Blaue Periode“ des damals in einem verwahrlosten Haus am Montmartre in einer Künstlerkommune wohnenden Picasso. Eines der Hauptwerke, die in der Albertina präsentierte „Schlafende Trinkerin“, die traurig und einsam – in düsteren Blautönen – auf ein Absinthglas starrt. Auch die erste Radierung Picassos, „Das karge Mahl“ stammt aus dieser Ära.
Kubismus
Gemeinsam mit dem fauvistischen Maler Georges Braque prägte er zwischen 1908 und 1914 die neue Kunstrichtung des „Kubismus“, die durch geometrische Formen, multiple Perspektiven, eine monochromatische Farbpalette und eine abgeflachte Bildebene gekennzeichnet ist. Vertreten in der Albertina durch das aus dem Jahr 1911 stammende, erstmals gezeigte Gemälde „Etagere“ und „Die Frau mit dem grünen Hut“. Das kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, 1947 entstandene Bild ist auch ein Zeichen dafür, dass sich Picasso nie auf einen bestimmten Stil zu einer bestimmten Zeit festlegen ließ, sondern nach subjektiver Befindlichkeit und aufgrund äußerer Einflüsse künstlerisch agierte.
Krieg
Der Spanische Bürgerkrieg und die dadurch resultierende bis 1975 dauernde Diktatur Francos waren der Grund, dass Picasso seit 1936 zeit seines Lebens nie mehr sein Heimatland Spanien betreten hat. Für die Pariser Weltausstellung kreierte er 1937 das damals umstrittene Meisterwerk „Guernica“, das den deutsch-italienischen Bombenangriff auf die urbane Zivilbevölkerung unter Verwendung zahlreicher unterschiedlicher interpretierbarer Figuren, Allegorien und Symbole zeigt. Heute kann man „Guernica“ – nach einem langen Aufenthalt im Museum of Modern Art von New York – im Musea Reina Sofia Madrid bewundern. Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs war Picasso mit der Fotografin und Antifaschistin Dora Maar zusammen und war – nach der Nazi-Besetzung von Paris – mit Ausstellungsverbot belegt. Picasso wohnte damals in einem Atelier nahe der Notre Dame und malte dort u. a. das „Stillleben mit Gitarre“ (1942), das die Ambivalenz zwischen düsterem Krieg und den trotzdem noch existierenden schönen Seiten des Lebens schildert.
Picassos Frauen
Inspirieren ließ sich Picasso während seiner gesamten künstlerischen Karriere von Frauen, egal, ob es sich um Ehefrauen, Lebensgefährtinnen, Geliebte, Freundinnen oder Bekannte handelte. Das zeigen auch eindrucksvoll zahlreiche Kunstwerke in der Pfeilerhalle der Albertina. Im surrealistischen Meisterwerk „Femme, sculptures et vase de fleures“ (1929) offenbart Picasso subtil sein Doppelleben zwischen seiner ersten Ehefrau Olga und seiner 17jährigen Geliebten Marie Therese Walter. In der „Mittelmeerlandschaft“ (1952), dem Lieblings-Gemälde des Albertina-Direktors Klaus Albrecht Schröder, erzeugt Picasso eine beengte, labyrinthartige Atmosphäre an der schönen Cote d´Azur und dokumentiert dadurch die konfliktreiche Beziehung zur 40 Jahre jüngeren Jacqueline Gilot (für die er zuvor die in einer Psychiatrie landenden Dora Maar verlassen hat).
In Vallauris direkt an der Mittelmeerküste konzipierte Picasso nicht nur eine Friedenstaube für den Pariser Weltfriedenskongress, sondern malte auch zahlreiche Porträts der 19jährigen Sylvette David und beschäftigte sich mit der traditionellen Kunst des Töpferns. Die Keramikverkäuferin Jacqueline Rogue wurde nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Olga seine zweite, Picasso produzierte über 4000 Keramiken und Teller mit antiken Motiven (wie Stieren, Fischen und Eilen). In seinen letzten Lebensjahren beschäftigte er sich immer wieder mit der Vergänglichkeit des Lebens, so wie in dem auch in der Albertina ausgestellten Meisterwerk „Nackte Frau mit Vogel und Flötenspieler“, das aber gleichzeitig auch eine Liebeserklärung an die Verführung und Erotik darstellte.
Picasso starb am 8. April 1973 mit 91 Jahren. Seine über 50.000 Kunstwerke, von denen 3800 als „Erbschaftssteuer“ im Museu Picasso von Paris landeten, werden noch Jahrhunderte für Freude, Kritik und Interpretationen sorgen. Ganz nach dem Geschmack des spanischen Jahrhundertkünstlers. „Es ist nicht Sache des Malers, die Symbole zu definieren. Sonst wäre es besser, wenn er sie in vielen Worten ausdrücken würde. Die Öffentlichkeit, die das Bild betrachtet, muss die Symbole so interpretieren, wie sie sie versteht.“, so Picasso nach Fertigstellung der „Guernica“.
„It was our way of saying you can put emotion into electronic music“, Marc Almond über seinen größten Hit „Tainted Love“, den er 1981 gemeinsam mit seinem Partner David Ball unter der Trademark „Soft Cell“ produzierte. 42 Jahre später präsentiert der nunmehr 65jährige auf der Bühne des renovierten Wiener Volkstheaters seine Greatest Hits. Ein abwechslungsreiches Potpourri aus düsterem New Wave der 80er, romantischen Schmachtfetzen und eleganten Pop-Chansons, bei dem die Fans voll auf ihre Kosten kamen.
Almond & Ball waren eigentlich Kunst-Studenten in Leeds, die die Original-Version von „Tainted Love“ aus den lokalen Clubs kannten. Der Northern Soul-Klassiker aus dem Jahre 1965 stammt von Gloria Jones, die mit dem T.-Rex-Sänger Marc Bolan (einem Jugendidol Almonds) ein Verhältnis hatte und im September 1977 als Lenkerin den Tod Bolans verursachte. Für Almond war das nicht nur subtil gay angehauchte „Tainted Love“ („Verdorbene Liebe“) der Startschuss für ein exzessives Nightlife in den Clubs von New York, wo die Alben von Soft Cell produziert worden.
Almond feierte, aufgeputscht durch Ecstasy- und Speed-Cocktails, bis zum Umfallen, bewegte sich im Dunstkreis von Andy Warhol und Freddie Mercury und gab wie dieser keine Details zu seiner privaten Sexualität ab. Die Zeiten damals waren laut Almond aber besser für Homosexuelle: „We were together. There was more of a shared experience, us against the World. Now I feel gay people are very divided. I hate the way, the LGBT thing has emerged, transgender community, lesbians, all divided.“ Weitere Tracks aus dem Debüt-Album „Non Stop Erotic Cabaret“ stürmten die Charts, „Bedsitter“ (mit den genialen, szene-kompatiblen Lyrics „Dancing laughing, Drinking loving, And now I'm all alone, In bedsit land, My only home“), „Torch“ und „Say Hello Wave Goodbye“, die natürlich auf der Setlist im Volkstheater nicht fehlen durften.
Soft Cell trennten sich 1984: Kurze Reunions sollten folgen. Für Marc Almond begann eine lange Solo-Karriere mit zahlreichen Kollaborationen, Stilwechseln und Releases, die eigentlich nur durch einen schweren Motorrad-Unfall 2004 mit lebensgefährlichen Kopfverletzungen unterbrochen wurden. „The Stars we are“ aus dem Jahr 1988 war sein erfolgreichstes Solo-Album, mit dessen brillantem Titel-Track der Auftritt im Volkstheater startete. Aus diesem Album stammt auch das Duett mit dem Sixties-Sänger Gene Pitney, „Something´s gotten hold of my Heart“, das, sogar erfolgreicher als das 68er-Original, in den europäischen Charts die Spitzenpositionen erklommte. Das erste große Highlight einer Show, die auch zahlreiche Raritäten (wie „Black Heart“ von seiner Zweitband Marc and the Mambas), neue Tracks (wie „Hollywood Forever“ oder „Golden Light“) und Coverversionen von T.-Rex, Rod Mc Kuen bis hin zu David Bowie´s „John I´m only dancing“ enthielt.
Pop-Chamäleon David Bowie inspirierte Almond – durch sein Jacques Brel-Cover „Amsterdam“ (1973) – zu seiner Verehrung des 1978 verstorbenen, belgischen Chansonniers, 1989 veröffentlichte er ein eigenes Brel-Cover-Album („Jacques“), der Single-Hit „Jacky, natürlich auf der Setlist des Konzerts im Volkstheater, oszilliert – ebenso wie „Tears run rings“ und „A Lover spurned“ perfekt im Spannungsfeld zwischen „romance“ und „gutter“, Almonds musikalische und seelische Spielwiese. Die Electro-Pop-Hymne „Purple Zone“, 2022 als euphorischer Neustart nach den dunklen Covid-Zeiten mit den Pet Shop Boys aufgenommen („Let's get out of this life. I'm afraid and alone. Paralyzed in the purple zon“) präsentiert Almond minimalistisch mit Klavier-Begleitung.
Gegen Ende des Konzerts können sich die Zuschauer nicht mehr auf den Sitzen halten: „The Days of Pearly Spencer“ (sein elegantes UK-Top 5-Cover des David Mc Williams-Klassikers aus dem Jahre 1967), „Tainted Love“ und das schwülstige „Say Hello Wave Goodbye“ als krönender Abschluss, bevor Almond mit Standing Ovations und zahlreichen Rosensträußen frenetisch verabschiedet wird. A Great Night in einer wunderschönen Location…
„Fight for your Right to Party“, „Fiesta Grande, Fiesta Noche“, „A little party never killed nobody“, „Get the Party started“ – Die Liste an leidenschaftlichen Parolen, den biederen Alltag zu vergessen und sich in das düster-exzessive Party-Nightlife zu werfen, ist endlos. Das MAK (Museum für Angewandte Kunst) hat sich jetzt dieses Themas angenommen und unter der Trademark „The Fest“ einen spannenden Parcours mit über 650 Objekten konzipiert. 600 Jahre Fest- und Partykultur, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Dekadenz im Kaiserreich
So wurde auch in der Habsburger-Monarchie gefeiert, allerdings dienten die damaligen Feste, die durch detaillierte Sitzordnungen und Hierarchien gekennzeichnet waren, oftmals einer reinen Machtdemonstration. Zu sehen ist gleich zu Beginn der Ausstellung der „Königskopfschlitten“ (laut Kuratorin Brigitte Felderer der „Bugatti des Rokoko“), mit dem die Fürsten des 18. Jahrhunderts sich dem Volk präsentierten. Die Untertanen selbst durften bei Faschingsumzügen und Karnevalsveranstaltungen ihren Spaß haben. Wie dekadent und verschwenderisch die Monarchen mit ihrem Geld umgingen, zeigt ein prächtiger Aquarellschrank, den Kronprinz Rudolf seiner Braut Stephanie von Belgien geschenkt hat. Der Begriff „Exzessmöbel“ könnte nicht besser gewählt sein. Schick und mondän ist auch ein riesiger Luster, der zu den zeitgenössischen Kunstwerken der Ausstellung zählt. Er stammt vom britischen Künstler Cerith Wyn Evans und kann per Morsecodes und Lichtsignalen mit den Besuchern kommunizieren.
Totenkronen (als Zeichen habsburgischer Bestattungsrituale) sind in einem eigenen Raum positioniert zwischen den Porträts von Kaiserin Maria Theresia und Franz Stephan (edel dekoriert und mit Maske in der Hand) und einem modernen „Knochenporträt“ ihrer Tochter Maria Anna von Österreich (1738-1789). Für die japanische Künstlerin Haruko Maeda symbolisieren Knochen die „Ewigkeit und eine geistige Stärke, die das Fleisch überdauert“. Maria Anna war eine zu ihrer Zeit gering geschätzte Kaisertochter, ihre hochwertige Mineraliensammlung ist allerdings heute noch im Naturhistorischen Museum zu betrachten.
Un Ballo in Maschera
Direkt daneben läuft in einem abgedunkelten Raum das vom britisch-nigerianischen Künstler Yinka Shonibare produzierte Video „Un Ballo in Maschera“ (A Masked Ball). In Anlehnung an ein historisches Faktum und eine Verdi-Oper wird der schwedische König Gustav III. während eines Maskenballs erschossen, steht aber danach wieder auf und tanzt – im Loop – weiter. Shinabare kritisiert hier die finanzielle und personelle Ausbeutung ausländischer Völker, durch Verwendung sogenannter „wax prints“, die nicht aus Europa, sondern aus den niederländischen Kolonien Afrikas stammen.
Ballroom Blitz
Ein Gläschen in Ehren, das kann keiner verwehren. Die Scherzgläser, die einst dem Brautpaar vor der Hochzeit überreicht wurden, sind wohl die Ausnahme von der Regel. Eine Vitrine mit den schönsten Champagnengläsern wurde platziert gegenüber den glamourösen Bildern des Venediger Le Bal 1951, einer vom Multimillionär Charlie de Beistegui inszenierten Veranstaltung mit Hocharistokratie, Hollywood-Stars und Modezaren auf der Einladungsliste, die man unter der elitären Trademark „Ball of the Century“ kennt. Spaß hatte man garantiert auch bei den Wiener Festen im Künstlerhaus und der Sezession. Auf den von Gary Keszler von 1993 bis 2019 organisierten Aids-Charity-Life Ball, die U4-Exzesse in den 80ern oder auf die Clubbing Nights Hannes Jagerhofers im Technischen Museum und in den Sofiensälen hat das MAK leider vergessen. Wie eine freakige Party aber jenseits aller Freizügigkeitsgrenzen und Tabus ablaufen könnte, zeigt das großformatige Kunstwerk der österreichischen Aktionskünstler von Gelitin.
Berghain
Parties ohne Unterbrechung von Samstag nacht bis Montag früh, streng selektierte Party People, Exzesse aller Art on the Dancefloor und in den Dark Rooms. Kein Wunder, dass im Berliner Kult-Club Berghain Film- und Fotoverbot herrscht. Strictly feel the Moment. Im MAK ist ein Kork-Modell des weltberühmten Techno-Clubs von Philip Topolovac zu sehen, dazu eine witzige Zeichnung Sampo Hänninens über die Verteilung der Stammgäste im Berghain und der inkludierten Panorama Bar. Ein Foto („studio party“) von Kult-Szenefotograf Wolfgang Tillmans (von dem einige großformatige Shots im Club hängen) darf natürlich nicht fehlen.
Reclaim the Streets
„There are two different forms of dancing, that of entertainment and that of urgency“, so der serbische Künstler Bogomir Doringer, der seit 2014 Clubs aus der Vogelperspektive fotografiert und die Choreographien der Tänzer studiert. In Zeiten von Krisen ist der Tanz eine kollektive Ausdrucksform der Teilnehmer. Bei der Berliner Love Parade mit dem Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ standen mehr der hypnotische Sound, Spaß, Ecstasy und der ultimative Exzess im Mittelpunkt. Anders bei authentischeren politischen Demonstrationen wie „Reclaim the Streets“ (die ihren Ausgangspunkt im Widerstand gegen den „techno-party-feindlichen“ Criminal Justice Act Margaret Thatchers hatten, später sich allerdings auch gegen Kapitalismus, Konsumwahn, Umweltverschmutzung, Autoverkehr und die Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes richteten) oder den global inszenierten „Carnival against Capital“ 1999, der das G8-Treffen in Köln im Visier hatte. Zahlreiche Videos derartiger Protest-Demos sind auf großen Leinwänden im MAK zu sehen.
Maifeiern
Ebenso wie alte Filme über die Maifeiern der Sozialdemokraten. Die erste Mai-Kundgebung fand übrigens am 1. Mai 1890 unter dem Motto „888“ (8 Stunden Arbeit, 8 Stunden Schlaf, 8 Stunden Erholung) statt, mehr als 100.000 Arbeiter versammelten sich damals im Prater, zu dieser Zeit die größte Zusammenkunft in der Habsburger-Monarchie.
Sports Banger
Aus einem versteckten Kämmerchen dröhnen kontinuerlich progressive UK-Techno- und House-Vibes. Ein Raum zum hedonistischen Abtanzen und zum Look auf die schrillen Fashion-Shows des T-Shirt- und Sportswear Labels Sports Banger. Die Auswahl der Modemarke hätte nicht besser sein können. Denn Boss Jonny Banger gilt schlechthin als Personifikation für den modernen „Fest“-Begriff. Er kreiert nicht nur Mode, ist Gründer eines Musik-Labels (Heras), organisiert Food Banks für hilfsbedürftige Menschen, veranstaltet Club Nights und inszeniert sich als politischer Aktivist (u.a. mit den im Londoner Foundling Museum ausgestellten „Covid-Letters“ Jugendlicher). Motto: „Everything comes back to the spirit of Rave“…
Serialität, Monumentalisierung und die Erfindung des Siebdrucks: Das sind die drei Merkmale, die zu einer Revolution in der Druckgrafik nach dem 2. Weltkrieg geführt haben. Die Albertina Modern präsentiert – parallel zur zeitlich vorgelagerten Ausstellung „Von Dürer über Munch zu Miro“ in der Albertina – rund 80 Kunstwerke dieser Zeit, die allesamt aus dem eigenen Bestand stammen.
Prominent vertreten sind natürlich die Vertreter der Pop Art, von Andy Warhol, Roy Lichtenstein bis hin zu Robert Rauschenberg. Warhol verglich die Herstellung von Kunstwerken mittels Siebdruckverfahrens mit der Arbeit in einer Fabrik, sein Atelier bezeichnete er daher kongenial als „Factory“. Als Motive wählte er Alltagsgegenstände, Fotos aus der Zeitung und den Medien und Celebrities. Zu sehen sind in der Albertina Modern u.a. seine weltberühmten Foto-Konstellationen von Mao Tse Tung, dem electric chair und den Campbell Soups.
Ein Musterbeispiel für die Monumentalisierung der Druckgrafik sind die Kunstwerke des US-Amerikaners Chuck Close, der mit einem 4 mal 14 Meter großen Bild aus variierten Porträts die gesamte Seitenfront einer Ausstellungshalle besetzt. In bester Gesellschaft befinden sich dabei Werke der deutschen Künstler Anselm Kiefer (mit seinen großformatigen Holzschnitten über die Hermanns-Schlacht und das Rheingold), Jörg Immendorff und Georg Baselitz.
Österreich ist u.a. vertreten durch den 2022 verstorbenen Aktionskünstler Hermann Nitsch („Das letzte Abendmahl“), Arnulf Rainer, Auguste Kronheim (die die Rolle der Frau als Mutter, Köchin und Hausfrau kritisch hinterfragt) und die Grazer Illustratorin Michaela Konrad, die im Rahmen ihres Zyklus „Can this be tomorrow“ mit einer grellen Comic-Serie die „Brave New World“-Utopien Aldous Huxleys aus dem Jahre 1932 mit dem Überwachungsstaat der Gegenwart konfrontiert.
Das American Way of Life wird zelebriert durch Kunstwerke von Alex Katz (mit schick-oberflächlichen Frauen-Porträts), Jack Pierson (der Stars wie Marilyn Monroe oder Tony Curtis mit Vintage-Schriftzügen wie „Boy“ oder „Legend“ schmückt), Jim Dine (mit seinen Summer-Holzschnitten) und Kiki Smith, die durch ein Ineinanderfließen von Selbstporträts und Masken eine düstere Atmosphäre erzeugt („Banshee Pearls“).
Der britische Superstar Damien Hirst erwartet mit seinem „Last Supper“ die Kunstfreaks beim Ausgang der Ausstellung. Zu sehen sind dort – angelehnt an Jesus und seine 12 Jünger – 13 typische Medikamenten-Verpackungen, die allerdings laut Aufschrift Lebensmittel wie Chips, Sandwich, Salat, Chicken und Mushrooms enthalten. Eine mögliche Interpretation liefert Hirst selbst mit einem Zitat: „Art is like medicine – it can heal. Yet I’ve always been amazed at how many people believe in medicine but don’t believe in art, without questioning either.“
Andy Warhol bis Damien Hirst: The Revolution in Printmaking. 24. Februar – 23. Juli 2023…
Startschuss Ibiza. Das australische Duo Tim Metcalfe und Flynn Francis aka Lufthaus sorgte im August 2022 u.a. im 528 Ibiza und im Ibiza Rocks mit trance-artigen Electro-Tracks für Party-Stimmung. Mit im Gepäck ein Sensationsgast: Robbie Williams, der auch auf ihren Tracks „Sway“, „Soul Seekers“, „To the Light“ und „Unlovable“ zu hören ist. Das beim von Trance-Legende Armin van Buuren mitbegründeten Label Armada Music unter Vertrag stehende Duo wurde kongenial von Robbie Williams als Support-Act für seine „XXV-Tour“ gebucht. Nicht wenige dürften der Annahme gewesen sein, dass Robbie Williams auch bei der Pre-Show auf der Bühne steht, bester Beweis die unendlichen Menschenmassen vor der Wiener Stadthalle um ca. 19 Uhr. Leider ein Fehlalarm, Robbie war noch im Backstage-Bereich, und die Fans trösteten sich mit den tanzbaren Lufthaus-Tracks und einem „Sweet Dreams“-80er-Klassiker der großartigen Eurythmics.
Superstar Robbie Williams
„This is my band, this is my arse, and I am Robbie Fucking Williams“: So peitschte der „MTV Greatest Superstar“ und „most influential artists of the 90´s die Fans ein, als er mit rotem Fußball-T-Shirt (inkl. Penis-Karikatur) die Bühne betrat. Über 77 Millionen Tonträger hat der am 13. Februar 1974 geborene Robert Peter Williams verkauft, dazu 18 Brit Awards und ein Eintrag im Guinness Buch der Rekorde mit 1,6 Millionen verkaufte Eintrittskarten an einem Tag für seine 2006er-Tour. Nur der Durchbruch in den USA (kein einziger Top 40-Hit) gelang ihm nicht. Dies war allerdings nicht Thema seiner Jubiläums-Tournee, die sich zahlenmäßig auf das erste Solo-Album „Life thru a lens“ (1997) u.a. mit dem Welthit „Angels“ bezieht. Andere berufliche und private Probleme von Williams dagegen standen durchaus im Zenit der mehr als zweistündigen Show, der einst in Wien lebende Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hätte seine Freude damit gehabt.
Take That-Memories
Vorerst aber wurde Party gemacht, mit einem Up-Beat-Track, der gleichzeitig Trademark von Robbie Williams ist: „Let me entertain you“. Die Journey durch 33 (!) Jahre Williams-Life mit vielen Ups and Downs konnte beginnen. Kurz nach dem Mauerfall mit dem Jahr 1990, als der erst 16jährige Robbie Williams Teil der fünfköpfigen Boy-Band Take That aus Manchester wurde. „Do what u like“ war die erste (mäßig erfolgreiche) Single der Jungs, das dazu gedrehte Video ließ Williams bei der Stadthallen-Show unter der Bezeichnung „Gay Porn“ einspielen, am Schluss ein Standbild seines nackten Pos. Kurz angestimmt wurde auch der 92er-Hit „Could it be Magic“, der erste Song, bei dem Williams hinter das Mikro treten durfte. Ansonsten war zumeist der Songschreiber Gary Barlow der unumstrittene Vocal-Leader der Band, Selbstzweifel, der Hang zum Alkohol und zu Drogen und die unerträgliche Überwachung des Privatlebens plagten damals schon Williams. Die Lebensbeichte seiner „Teenagerjahre“ erfolgte live minutenlang auf der Bühne. Nach einem Champagner- und Kokainrausch düste Williams Richtung Glastonbury (Juni 1995) und machte dort mit den berühmt-berüchtigten Gallagher-Brothers von Oasis die Nacht zum endlosen Tag. Der Rausschmiss aus der Band erfolgte nur einige Wochen danach am 17. Juli 1995, noch vor der Take-That-Tour (die Williams eigentlich noch absolvieren wollte).
Don´t look back in anger
„Take That became a painful distant memory“, so Robbie im Original-Ton. Viel später kam es aber wieder zu einer Annäherung mit der Band („If you can´t beat them, join them“). Den ersten gemeinsamen „Wiedervereinigungs-Song“, „The Flood“, präsentierte Williams in voller Länge. Und danach eines der Show-Highlights: „Don´t look back in anger“: das wunderschöne Oasis-Cover, gleichzeitig cool-lässiges Statement des vom geschniegelten Boyband-Popper zum schnörkellosen Indie-Rocker mutierten Superstars.
Eternity
„You were there for Summer Dreaming. And you gave me what I need. And I hope you find your freedom. For Eternity“. Die romantische Ballade aus dem 2000er-Album „Sing when you´re winning“, als Begleitung ein ganzes Orchester im Hintergrund. Robbie Williams widmet diesen speziellen Song dem ehemaligen Spice Girl Geri Halliwell. Trotz seines großen Erfolges fühlte sich Robbie allein, depressiv, war emotional am Ende und schwerst alkoholabhängig. Halliwell fuhr mit ihm auf Urlaub und half ihm bei seinem Weg aus der Sucht. Seitdem hat Williams 23 Jahre lang keinen Alkohol mehr angerührt.
Drugs vs. Family Life
„I took Alcohol, Cocaine, Ecstasy (this was great). The Party had to end, but I didn´t know when it should end“, so Williams bei einer späteren Rede vor dem gespannten Publikum. 2007 war Williams zuletzt in einer Reha-Klinik. Zu dieser Zeit lernte er auch seine spätere Frau, die Schauspielerin Ayda Field, kennen. „At the end of the 90´s I had two rules. Never get married. And no children“. Diese Grundsätze haben sich zum Glück geändert. Williams ist seit 2010 mit Ayda verheiratet und hat vier Kinder. „I love my Life“, seine musikalische Liebeserklärung an seine Familie, geschmückt mit Baby- und Kinderspielzeug-Visuals und einem Konfettiregen.
Encore
„I just wanna feel real love. Feel the home that I live in“. Auf diesen Superhit aus seinem vierten Album „Escapology“ haben bereits alle gewartet, Robbie elegant grün beleuchtet vor blauem Hintergrund. Danach schlüpft eine blonde Background-Sängerin in die Rolle Kylie Minogues, it´s „Kids“-Time. Der disco-lastige „Rock DJ“ sorgt für Dancefloor-Atmosphäre in der mit 15.000 Besuchern ausverkauften Wiener Stadthalle. Als Zugabe das von den Pet Shop Boys produzierte „No Regrets“, „She´s the one“ und als Finale – Handy-Lights inklusive - der Fan-Favourite „Angels“:
Die musikalische und psychologische Odyssee durch das Leben von Robbie Williams ist zu Ende, das Publikum ist happy, überglücklich und strahlend auch der Manegenstar. „I hope I´m old before I die“ stand nicht auf der Setlist, das hat ihm vermutlich der Herr Freud geraten...
„My Friend Freddie“ ist keine vollständige Biographie, nicht Freddies lückenlos recherchierte Fakten und komplette History, sondern MEINE Geschichte – Die Geschichte eines langhaarigen Hippies, der aus dem 9. Wiener Gemeindebezirk auszog, die Welt als Videoregisseur und Musikfilmer zu erobern.“ Rudi Dolezal, für seine Mercury-Doku „The Untold Story“ bei den Grammys ausgezeichnet, im Vorwort zu seinem Buch über seine Freundschaft und Arbeitsbeziehung zum legendären Queen-Sänger Freddie Mercury, der am 24. November 1991 an den Folgen einer Aids-Infektion starb.
In den nächsten Monaten wird Dolezal mit seinem Buch auf einer Lesungs-Tour durch ganz Österreich, Deutschland und der Schweiz unterwegs sein, erste Eindrücke gab es bereits bei einer Buchpräsentation im Thalia Wien-Landstraße. Vor einer großen Menschenaudienz (darunter auch einigen Mitglieder des Queen-Fan-Club) wurden nicht nur Kostproben aus dem Buch serviert, sondern auch interaktive Fragen des Publikums beantwortet. Dolezal erzählte von seinen Anfängen als Video-Regisseur, wie er als knapp 20jähriger bei der Arena-Besetzung „Ohne Maulkorb“-Mitarbeiter kennenlernte und dort die Chance bekam, den Job von der Pike auf zu lernen. Dazu gehörten im Laufe der Zeit auch „Musikfilme“ von Künstlern wie Falco, Trio, Nina Hagen, den Rolling Stones oder Frank Zappa, die erst später zum Genre „Musikvideos“ mutierten. Wien war Anfang der 80er nicht die Stadt, in der die Pop- und Rockstars ein- und ausgingen, auch TV-Reports über die Musikszene waren eher rar gesät. Durch „Ohne Maulkorb“ bekam Dolezal die Möglichkeit, Freddie Mercury in einer Bauernstube des Hilton Hotels von München zu interviewen. Was sein Leben veränderte.
Dolezal und Mercury waren sich von Anfang an sympathisch, das letztes Interview des Tages wurde das beste mit schillernden Zitaten wie „I am just a musical prostitute, my dear“, Wodka Drinks inklusive. Dolezal schickte Mercury den fertigen Beitrag per VHS-Cassette nach London mit dem frech-naiven Zusatz „und wenn du mal einen wirklich guten Video-Regisseur brauchst“. Dieser Mut machte sich bezahlt: Im Jahr 1985 nach dem sensationellen Live-Aid-Auftritt Queens meldete sich das Management, Dolezal und Rossacher bekamen den Zuschlag für das Video „One Vision“, das in München in kürzester Zeit gedreht wurde. Es folgten im Laufe der Zeit 31 weitere Queen-Videos mit Drehorten quer über dem Globus, Mercury und Dolezal wurden „Leibfilmer und Freunde“. „Go for the Impossible“ oder „Never try to be the second Best“, zwei Maxime Mercurys, wurden auch zu Lebensparolen Dolezals.
Auf die Frage nach dem „wichtigsten Moment mit Mercury“ offenbarte Dolezal seine Geschichte über den „letzten Take“ im Zusammenhang mit dem letzten Queen-Video „These are the days of our Lives“ am 30. Mai 1991. Mercury, damals schon gesundheitlich schwer gezeichnet, forderte eine Wiederholung der letzten Szene, um – so wie Dolezal es interpretiert – ein Zeichen zu setzen. „Er hauchte in die Kamera „I still love you“, schnippte mit dem Finger und ging aus dem Bild“ (im Sinne einer Verabschiedung vom Leben). Bei einem späteren Nachruf für ein deutsches Musikmagazin war Dolezal vorerst kaum in der Lage, die richtigen Worte zu finden, dann erinnerte er sich an ehemalige Zitate Mercurys, „Ich möchte einfach so viel Spaß im Leben haben wie möglich, in den Jahren, die mir noch bleiben“. „Lebensfreude, Professionalität, Genialität, Dasein für andere“, das war der Spirit, das persönliche Vermächtnis der Queen-Legende.
31 Jahre nach seinem Tod ist das Queen-Fever still alive. 14 Millionen Queen-Fans sind international organisiert, der Film „Bohemian Rhapsody“ wurde – trotz historischer Mängel – ein Kassenschlager, der Hauptdarsteller Rami Malek mit dem Oscar und Golden Globe ausgezeichnet. Der US-Rock-Sänger Adam Lambert schlüpft seit 10 Jahren in die Rolle Mercurys und begeistert mit Brian May und Roger Taylor ein Millionenpublikum. Dolezal sieht dies als einer, der den Original-Mercury miterlebt hat, zwiespältig. „Mit Freddie ist Queen gestorben. It´s as close as you can get, aber es fehlt die Authentizität“.
Lambert sieht dies übrigens nicht anders, „May und Taylor wollen auftreten und ihre Musik spielen, brauchen dafür aber einen Sänger. Ich bin eine Art Dienstleister für sie und das Publikum“, so Lambert in einem Stern-Interview im Juni 2022. So everybody can be happy…
Wien kann sich wieder einmal mit besonderen Lorbeeren schmücken. Laut einer Studie der Beratungsfirma Boston Consulting Group liegt die fünftgrößte Stadt der EU bei den mittelgroßen Metropolen unter 3 Millionen Einwohnern auf dem großartigen zweiten Platz. Nur die „Fahrrad-Hochburg“ Kopenhagen konnte Wien mit 3 Punkten Vorsprung Platz 1 streitig machen.
Bevölkerungs-Statistik 2023
So ist es kein Wunder, dass die Bevölkerung in Wien immer mehr ansteigt und man 2027 mit dem Überschreiten der 2-Millionen-Einwohner-Grenze rechnet. Am 1. Jänner 2023 zählte Wien 1,98 Millionen Personen mit Hauptwohnsitz, 51.000 mehr als im Jahr 2021. Dieser Wert setzt sich zusammen aus der Geburten- und der Wanderungsbilanz. Die Geburtenbilanz wies aufgrund der höheren Sterblichkeit während der Corona-Pandemie im Vergleich zum Vorjahr (1273) einen geringeren Überhang von 1000 Personen auf (19.000 Lebendgeborene, 18.000 Gestorbene). Die Wanderungsbilanz betrug 51.000 (2021: 9581), großteils verursacht durch die Ukraine-Flüchtlinge.
Staatsangehörigkeit
Laut Statistik Austria wohnen in Wien mehr Frauen (51,1 %) als Männer (48,9 %). Das Durchschnittsalter beträgt 41 Jahre. 67,8 % der Einwohner Wiens sind Österreicher, 14,1 % aus dem EU-Ausland, 18 % aus Drittstaaten. Was mit anderen Worten bedeutet, dass mangels Staatsbürgerschaft fast ein Drittel der Bürger nicht wahlberechtigt ist. EU-Ausländer dürfen nur bei den Bezirksvertretungswahlen teilnehmen.
Bei den ausländischen Staatsangehörigen sind die Serben mit 4 Prozent führend, danach folgen Deutsche (2,8 %), Türken (2,3 %), Polen (2,3 %) und Rumänen (2,0 %). In den letzten 10 Jahren ergab sich aufgrund der Flüchtlingsentwicklung ein hoher Wanderungssaldo der Syrer (31.251) und der Afghanen (17.817), der immer wieder zu politischen Konfrontationen zwischen der SPÖ-geführten Landesregierung und der blauen Opposition führt. Fakt ist, dass ohne diese Zuwanderung Wien nicht die am stärksten wachsende größere EU-Stadt der letzten 10 Jahre geworden wäre.
Fläche und Bevölkerungsdichte
Die Fläche Wiens beträgt 414,9 km2, die Donaustadt ist flächenmäßig mit 102,3 km2 der größte, die Josefstadt mit 1,1 km2 der kleinste Bezirk. Die Bevölkerungsdichte betrug am 1.1. 2022 4656 Personen pro km2. Margareten ist Spitzenreiter mit 26.710, Hietzing aufgrund des Wienerwalds und des Lainzer Tiergartens Schlusslicht mit 1431 Personen pro km2.
Höhen und Tiefen
Die größte Erhebung Wiens ist der zum Kahlengebirge zählende 543 m hohe Hermannskogel im nördlichen Wienerwald an der Grenze zu Niederösterreich. Der 1964 erbaute Donauturm ist mit 252 Metern das höchste Bauwerk Wiens und Österreichs, dahinter folgt mit knappem Abstand der vom französischen Architekten Dominique Perrault geplante DC Tower in der Donau City mit 250 Metern. Tiefster Punkt in Wien ist die Lobau mit 151 Metern über dem Meeresspiegel, tiefste U-Bahn-Station aktuell die U1-Station Altes Landgut (mit 30 Metern unter dem Straßenniveau). Übertroffen wird sie in Zukunft durch die neue U5-Station Neubaugasse mit 35 Metern unter der Erde. Eröffnet wurde die erste U-Bahn Wiens übrigens am 25. Februar 1978, Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger saß bei der ersten U1-Fahrt zwischen Reumannplatz und Karlsplatz im Fahrer-Cockpit.
Bildung
Die erste Universität Wiens existiert da schon viel länger, sie wurde 1365 – mit Standorten im Stubenviertel des 1. Bezirks – gegründet und war damit die älteste im deutschen Sprachraum und drittälteste in Mitteleuropa nach der Karls-Universität Prag und der Jagiellonen-Universität in Krakau. Heute gibt es in Wien 23 Hochschulen mit 193.924 ordentlichen Studierenden (davon 159.245 in öffentlichen Universitäten, 19.832 in Fachhochschulen, 8.096 in Privatuniversitäten und 6.751 in Pädagogischen Hochschulen). Wien ist damit knapp hinter Berlin die zweitgrößte Hochschulstadt im deutschsprachigen Raum. 55 Prozent der Studierenden sind Frauen, und das spiegelt sich auch im Akademikeranteil wider. 2020 waren 31 Prozent der Frauen Träger eines Akademikertitels, aber nur 26 Prozent der Männer. 2001 hielten sich beide Geschlechter noch bei 15 Prozent die Waage.
Der Akademiker- oder Facharbeiternachwuchs in spe wird in den zahlreichen Schulen Wiens ausgebildet. Insgesamt 247.327 Schüler waren im Schuljahr 2020/21 laut Statistik Austria in Wien gemeldet. In den Kindergärten wurden 2021/22 insgesamt 98.294 Kinder auf den „Ernst des Lebens“ vorbereitet. 89 Prozent aller Kinder besuchten dabei elementarpädagogische Einrichtungen, die ganztägig geöffnet und mit einer Vollzeitbeschäftigung der Eltern vereinbar waren.
Bevölkerungsprognosen
Die Bevölkerungsprognosen der Statistik Wien gehen davon aus, dass Wien im Jahr 2027 die Zwei Millionen-Einwohnergrenze überschreiten wird. Bis zum Jahr 2036 soll der historische Bevölkerungshöchststand aus dem Jahr 1910 von 2,1 Millionen Einwohnern erreicht werden. Die Zuwanderung aus dem Ausland wird vermutlich zurückgehen, die positive Geburtenbilanz allerdings durch die junge Altersstruktur ansteigen. Unter den Innenstadtbezirken dürfte nur die Bevölkerung der Landstraße deutlich zunehmen, ansonsten sind leichte Zunahmen (Innere Stadt, Alsergrund) Rückgänge (Margareten, Mariahilf, Neubau) und Stagnationen (Wieden, Josefstadt) zu erwarten. In den äußeren Bezirken ist mit einem starken Wachstum bis über 16 % zu rechnen, vor allem in der Brigittenau und Donaustadt.
Im Steigen begriffen ist auch der Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre, von aktuell 16,5 % auf 21,6 % in den kommenden drei Jahrzehnten. Eine große Herausforderung vor allem für den Gesundheits- und Pflegesektor, mit der nicht nur die Stadt Wien konfrontiert werden wird…
Quellen: Wien in Zahlen 2022, Statistik Wien
Seit dem 2016er-Album „Death of a Bachelor“ handelt es sich bei der 2004 von vier Jugendfreunden aus Las Vegas gegründeten Rock-Band Panic at the Disco um ein Soloprojekt des Sängers Brendon Urie. Insofern ist es verblüffend und witzig zugleich, dass sich beim Startschuss der „Viva Las Vengeance“-Tour in der Wiener Stadthalle 11 Musiker und Musikerinnen auf der Bühne befinden. Vom charismatischen Mastermind Urie, der cool-lässigen Bassistin Nicole Row, dem Leadgitarristen Mike Naran, Drummer Dan Pawlovich bis hin zu klassischen Viola-, Cello- und Violin-Virtuosinnen. Eine bombastische Rock-Opera im Las Vegas-Style mit grell-düsteren Visuals im Juke-Box-, Flowers- und Totenkopf-Style ohne Atempause.
Eine riesige Uhr zählt die Sekunden bis zum Showbeginn ab, dann betritt die ausgezeichnete Panic at the Disco-Crew die Bühne mit einem ihrer größten Hits, „Say Amen, Saturday Night“. Das Publikum altersmäßig bunt durchgemischt, immerhin existiert die (Original)-Band seit 2004, die jüngsten Fans lernten Uries Rock-Hymnen vermutlich durch Tik Tok kennen, Stichwort „House of Memories“. Auf der Setlist stehen Tracks aus nahezu allen Alben, vom überraschenden US-Top-Ten-Hit „I write sins not Tragedies“ (aus dem Debüt-Album „A Fever you can´t sweat out“), „Miss Jackson“, „Victorious“, „Nine in the Afternoon“ bis zu allen 12 Songs aus dem letzten 7. Album (wie dem Titeltrack „Viva Las Vengeance“, „Do it to Death“, „God killed Rock´n Roll“ und dem brillanten „Don´t let the Light go out“). Der größte Hit der Band, „High Hopes“ (der bis auf Platz 4 der US-Charts kletterte), beendete die temporeiche Rock-Show in der Stadthalle mit einem Konfettiregen. Und nicht nur diese. Panic at the Disco lösen sich nach dieser Tour am 10. März in Manchester endgültig auf. Offizieller Grund: Brendon Urie und seine Frau bekommen Nachwuchs. Das Motto der Show „You definitely had to be there“ war insofern kein billiger Marketing-Gag.
Die Zukunft dagegen gehört dem feministisch-queeren Support-Act, Cari Elise Fletcher aka Fletcher. Die aus New Jersey stammende Künstlerin veröffentlichte nach einigen EP´s 2022 ihr erstes Album „Girl of my Dreams“. Im Mittelpunkt steht dabei ihre verflossene Liebesbeziehung zur You Tuberin und LGBT-Anwältin Shannon Beveridge, bei ihrem größten Hit „Becky´s so hot“ wird sogar deren neue Flamme zum Song-Motiv. Fletcher spielt gekonnt mit Erotik, platziert sich kongenial in der pinken Community und produziert eingängige Rock-Pop-Tracks, die live um einiges härter und energischer klingen als auf dem Debüt-Tonträger. Beim nächsten Vienna-Auftritt garantiert als Headliner unterwegs…
Der 1964 im deutschen Erlangen geborene Juergen Teller trägt – neben dem kürzlich im Mumok mit seiner Ausstellung „Schall ist flüssig“ herausragenden Wolfgang Tillmans – die Trademark „Popstar der zeitgenössischen Fotografie“. Im September 1986 zog er nach London, um der Wehrpflicht zu entgehen, kreierte dort Plattencover für Stars wie Sinead O´Connor, Soul to Soul, Elton John, Neneh Cherry und Morrissey und arbeitete für die Fashion-Lifestyle-Magazine „The Face“, „ID“ und „Arena“. Weltberühmt wurden seine Fotos von Kurt Cobain und Nirvana, die er 1991 auf ihrer „Nevermind-Tour“ – kurz vor ihrem unerwarteten Charts-Durchbruch – begleitete. Teller war auch verantwortlich für die erste Modekampagne der damals 15jährigen Kate Moss und konzipierte die ambivalenten Shots des extrem dürren US-Supermodels Kristen McMenamy.
„Portraits“ internationaler Stars und nationaler Persönlichkeiten von Teller sind bis Anfang März 2023 in der Christine König Galerie in der Schleifmühlgasse 1a (1040 Wien) zu sehen. Die Palette reicht von Punk-Rocker Iggy Pop (im Juli mit den Red Hot Chili Peppers im Wiener Ernst Happel-Stadion), Schachweltmeister Garri Kasparow, Maler Anselm Kiefer bis hin zu teils freizügigen Motiven der kürzlich verstorbenen Fashion-Ikone Vivienne Westwood. Zu den Highlights der Ausstellung zählen auch die Aufnahmen der österreichischen Schriftstellerin Friederike Mayröcker, die sie in ihrer Wiener Dachgeschoßwohnung inmitten eines „Zettelgebirges“ zeigen.
Teller arbeitet ohne Retuschierungsprogramme, sondern lichtet die Porträtierten so ab, wie sie sind – mit Narben, Falten und Hautunreinheiten. Ein klarer Abgesang auf die hyperkünstliche Ästhetik anderer Fotografen. Dass er auf Instagram selbst keine Fotos postet, die Plattform aber spannend findet, ist insofern keine Überraschung. Tellers Foto sind allerdings „in der Regel inszeniert“. „Ich prüfe die Räume, in denen ich fotografiere, überlege mir, welche Posen dort infrage kommen. Aber ich lasse den Leuten auch den Spielraum, sich zu positionieren, wie und wo sie sich am wohlsten fühlen“, so Teller kürzlich in einem „Profil“-Interview.
Der Kult-Fotograf vergleicht dabei seine Methodik mit der von Ulrich Seidl. Ein Foto des österreichischen Film-Regisseurs findet man auch in der Christine König Galerie, gleich rechts nach dem Eingang…
Juergen Teller – Portraits – Galerie Christine König, Schleifmühlgasse 1a, 1040 Wien
„Red and the Dancing Dead“ und „Just Red“ waren die ersten Band-Namen, bis Leadsänger Mick Hucknall deren spätere lebenslange Trademark auf „Simply Red“ änderte. Der Name basiert nicht nur auf der auffälligen Haarfarbe Hucknalls, sondern auch auf den T-Shirt-Farben seiner Lieblingsfußballmannschaft, Manchester United, „The Reds“. Wir schreiben das Jahr 1985: Hucknall hat gerade seine Punk (!)-Band The Frantic Elevators verlassen und veröffentlicht mit „Simply Red“ das Debüt-Album „Picture Book“, das in den Charts einschlägt wie eine Rakete. Mit Soul-Covers wie „Money´s too tight to mention“ oder der noch aus Punk-Zeiten stammenden Ballade „Holding back the years“, die sogar auf Platz der US-Charts stürmt.
37 Jahre später beehren Simply Red im Rahmen ihrer – coronabedingt – verschobenen „Blue Eyed Soul Tour“ die mit rund 12.000 Zuschauern fast ausverkaufte Wiener Stadthalle. Von der Originalformation sind nur mehr Mastermind Mick Hucknall und Saxophonist und Keyboarder Ian Kirkham (seit 1986) mit an Bord, Bassist Steve Levinson ist 1995, Gitarrist Kenji Suzuki 1998 in die Erfolgscombo eingestiegen.
Wer sich einen romantischen Seniorenfloor mit Balladen erwartet hat, der lag auf jeden Fall falsch. „Friday Night, Party Night“, das war das Motto, das der mit bester Stimme und leidenschaftlichem Showesprit ausgestattete Sänger Mick Hucknall gleich von vornherein in den Raum stellte. 12 Alben haben Simply Red bis dato veröffentlicht, ca. rund 50 Millionen Alben verkauft. Die größten Hits standen allesamt auf der mitreißenden Setlist der britischen Band: „Holding back the years“, „A New Flame“, „Stars“, das house-lastige „Sunrise“ (mit dem 80er-Sample von Hall & Oates), „It´s only Love“ oder die Reggae-Kollaboration mit Sly & Robbie, „Night Nurse“, die Hucknall seinem verstorbenen Freund Robbie Shakespeare widmete. Beim 85er-Hit „Come to my Aid“ zeigten Simply Red auf den Videowalls ihre Affinität zur (intakten) Umwelt, zum Kampf gegen die Klimakrise und für eine sozial gerechtere Welt.
Absolutes Party-Feeling dann im Schluss-Teil der Show: „Something got me started“ und der vom lateinamerikanischen Goodmen-„Give it up“-Sample-inspirierte Mega-Hit „Fairground“, die einzige UK-Nr. 1-Single der Band, stehen auf dem Programm. In der Stadthalle tanzen alle Generationen zwischen 20 und 80, vor allem die 90er sind derzeit auch bei den Teenagern wieder en vogue. Als Zugabe wartet noch ein neuer Titel, „Better with you“, den Hucknall gemeinsam mit dem Publikum intoniert, danach geht´s noch einmal zur Sache mit dem lässigen Disco-Funk-Stomper „Money´s too tight too mention“, bis Hucknall mit dem (nicht unkitschigen) Harold Melvin-Cover „If you don´t know me by now“ die Herzen rührt und die Handy-Lichter leuchten lässt. Great Show, until next time!!!
Der US-Serienhit „Gossip Girl“ war der erste Karriere-Höhepunkt der 1993 in St. Louis geborenen Taylor Momsen. Sie spielte dabei als Teenagerin die aus vergleichsweise ärmlichen Verhältnissen stammende Jenny Humphreys, die bald Teil einer schicken, elitären Clique an der Upper East Side New Yorks wird. Diese Zeiten sind längst vorbei. „Gossip Girl war ein Job, die Musik ist mein Leben“, so Momsen, die noch während der Dreharbeiten 2009 gemeinsam mit Ben Philips (Gitarre), Mark Damon (Bass) und Jamie Perkins (Drums) die Rock-Band „The Pretty Reckless“ gründete.
Bereits die erste Single „Make me wanna die“ startete voll durch und landete auf Platz 16 der UK-Charts, das kurz danach erschienene Debüt-Album „Light me up“ konnte sich in allen internationalen Charts platzieren. Nach einem kurzfristig abgesagten Auftritt beim Nova Rock-Festival rockten The Pretty Reckless am 13. November im Rahmen ihrer „Death by Rock´n Roll“-Tour das Wiener Gasometer. Ein durchaus ambivalenter Titel der Tour und des gleichnamigen 4. Albums. Momsen & Co. waren Support-Act für die Band Soundgarden beim letzten Auftritt von Sänger Chris Cornell kurz vor seinem Selbstmord. Zum selben Zeitpunkt verunglückte auch der Pretty Reckless-Produzent Kato Khandwala bei einem Motorradunfall tödlich, Momsen verfiel in tiefe Depressionen, nahm Drogen ohne Rücksicht auf Verluste, schaffte aber den Absprung: „I think I hit a point where I had to make a conscious decision of death or move forward, and I just chose to move forward.“
Auf der Bühne des fast ausverkauften Wiener Gasometers erscheint sie als weiß beleuchtete Lichtgestalt, mit schwarzer Lederjacke (die nach dem Opener „Death by Rock´n Roll“ fällt), kurzem Kleid und coolen schwarzen Boots. „Rock´n Roll will never die“, um Maneskin zu zitieren. Musikalische Vorbilder von Momsen sind die Beatles, Oasis, Nirvana und die Rock-Röhre der 80er, Joan Jett („I love Rock´n Roll“). Auf der Setlist stehen Tracks aus allen vier Alben, darunter das mit Soundgarden-Produzent Matt Cameron aufgenommene „Only Love can save me now“, die Party-Hymne „My Medicine“ (die Momsen mit den Worten „Do you have a good time“ anheizt)“, das bombastische „Going to Hell“ und natürlich der erste Hit „Make me wanna die“. Nach „Take me down“ aus dem 3. Album „Who you selling for“ verlassen Pretty Reckless die Bühne, bis zur leider einzigen Zugabe „Fucked Up World“ mit kapitalismuskritischen Zeilen wie „No mountain made of money can buy you a soul“.
Das Repertoire von Pretty Reckless inkl. des gerade veröffentlichten Alternative Versions- und Cover-Albums „Other Worlds“ hätte noch für zahlreiche Encores gereicht. Vor allem die melancholisch angehauchten Tracks „Got so High“ und „25“ („At 25, all hope has died. And the glass of my intentions turns to sand. And shatters in my hand.“) fehlten im Programm. Die Rock-Freaks und vielen weiblichen Fans waren trotzdem begeistert vom Auftritt der sexy Frontfrau Taylor Momsen und ihrer ausgezeichneten Band. Und das zu Recht…
Fünf Tage lang wurde Wien wieder zum Mekka der Literaturfans. Mehr als 470 Aussteller aus 28 Ländern und mehr als 400 Events standen am Programm der Buch Wien in den Messehallen. Gestartet wurde bereits am Mittwoch Abend mit einer Langen Nacht der Bücher, im Rahmen derer Kabarettist und Satiriker Florian Scheuba hochkarätige Gesprächspartner auf der ORF-Bühne interviewte.
Lukas Resetarits: Krowod
Lukas Resetarits präsentierte gemeinsam mit dem Autor Fritz Schindlecker das Buch „Krowod – Erinnerungen an meine Jugend“, das das turbulente Leben des späteren Kottan-TV- und Kabarettstars bis zum 30. Lebensjahr skizziert. Von mit Tricks bestandenen Prüfungen an der Uni, der Herumgammlerei in München, einer wegen einer Autopanne gescheiterten Karriere als schwedischer Pop-Star bis hin zu Schmankerl seiner Berufstätigkeit als Traffic Officer am Wiener Flughafen. In seinem aktuellen Programm steht die Tagespolitik aufgrund deren „katastrophaler Entwicklung“ nicht mehr im Mittelpunkt. Beim Talk mit Scheuba bekommt aber vor allem die SPÖ vom links angehauchten Künstler ihr Fett ab. Das Heil der Sozialdemokratie sehe er weder in Wien noch im Burgenland, die Roten würden bereits seit Jahren damit scheitern, den Stanglpass zu verwerten (wie man im Fußball so sagt).
Michael Häupl: Freundschaft
Einer, der das vielleicht besser beherrschen würde, schreitet gleich nach Resetarits auf die Bühne, der ehemalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der seine Autographie „Freundschaft“ vorstellt. „Wenn es in einer Partei keine Diskussionen gibt, sind wir tot“, so sein Credo. Das Vorgehen Doskozils bezeichnet er allerdings als „illoyal“. Der stets vehemente Kritiker der FPÖ kommentiert mit scharfer Zunge den intellektuellen Abstieg der Blauen. „Mit Jörg Haider konnte man wenigstens streiten“. Dazu ein – einst vermutlich im Landtag tatsächlich gefallenes – Zitat an HC Strache: „Sie wollen sich geistig mit mir duellieren, sind aber unbewaffnet.“
Häupl erinnert auch die düsteren Wiener Zeiten Ende der 60er, „zu denen um 10 Uhr die Gehsteige aufgeklappt worden sind“ und das Ökista-Gschnas die wildeste Party war. Nach der Arena-Besetzung (1976) entstand dann eine „Luft voll Politik“ in der Bundeshauptstadt. Der Humor soll aber nie verloren gehen, „Wer Umwelt schützt, muss fröhlich sein“, seine Replik auf die aktuellen Klimaschutz-Aktionen.
Judith Holofernes: Die Träume anderer Leute
„Guten Tag, guten Tag, ich will mein Leben zurück. Guten Tag, ich gebe zu, ich war am Anfang entzückt. Aber euer Leben zwickt und drückt nur dann nicht, wenn man sich bückt.“ – Diese genialen Wortkreationen stammten von Judith Holofernes, der Sängerin und Texterin der Hamburger Band „Wir sind Helden“. Und sie liefen 2003 auf Dauer-Airplay im österreichischen Indie-Sender FM4, der damit mitverantwortlich war, dass bei den Konzerten im Münchner Raum die Fans in den ausverkauften Locations bereits textsicher mitsangen.
Seit April 2012 pausiert die Band, Sängerin Judith Holofernes schrieb jetzt über die Zeit vor, während und nach der Band ein autobiographisches Buch, „Die Träume anderer Leute“. Es geht um Promotion bis zum Umfallen, ein Familienleben mit 2 Kindern inmitten von Tour und Plattenaufnahmen, Gefallsucht, pathologische Freundlichkeit und ein dunkles Loch, in das die Sängerin nach dem Ende der Band gefallen ist. Erfolg steht in der Hierarchie nicht mehr oben, sie freue sich mehr auf das gemütliche Sofa, so Holofernes (die auch mit gesundheitlichen Problemen wie einer viralen Hirnhautentzündung zu kämpfen hatte) beim Buch Wien-Gespräch mit Florian Scheuba, Musik, Podcast und Blog finanziert sich Holofernes mit dem US-Social Payment Service Patreon, bei dem Fans per Abo-Crowdfunding die kreative Arbeit der Künstlerin unterstützen. Inspiriert wurde sie dabei von Amanda Palmer, die zu ihren ersten Supportern gehört.
Manuel Rubey: Der will nur spielen
Manuel Rubey ist ein vielseitiger Künstler: Musiker, Kabarettist („Goldfisch“) und Autor. Wenn er on Tour ist, dann denkt er in den Hotelzimmern über die Welt, sein Leben oder die seiner Zeitgenossen nach. Dokumentiert in seinem neuen Buch „Der will nur spielen“. Im Talk mit Florian Scheuba erzählt er, dass er auch schon in Kinderzimmern übernachtet hat und vertraglich fixiert hat, dass die Veranstalter keine Reden vor seiner Show halten dürfen bzw. die Pause nur 20 Minuten dauern darf. Österreichweit bekannt wurde Rubey durch seine Rolle als Falco im Bio-Drama „Verdammt, wir leben noch“ (2008“), aufgrund derer er von „Fans“ des Falken auch mit Mord- und Gewaltdrohungen konfrontiert wurde. Über 200 Anfragen zu „Falco-Auftritten“ habe er nach dem Film abgelehnt, von Werbespots, Donauinselfest bis hin zu Kirtagen und Mitternachtseinlagen.
Rubey schreibt jeden Tag, für ihn ist das Schreiben ein Therapieersatz und eine Alternative, „Dämonen auf Distanz zu halten“. Seine Sprüche und Zitate geben Gelegenheit zum Nachdenken, aber auch zum Perspektivenwechsel. „Vergleich dich nicht mit anderen, sondern mit deinen Möglichkeiten“, ein Aufruf, sich dem Neid zu widersetzen oder „Die Wirklichkeit schaffen durch die Dinge, die uns begegnen“ als Quelle gegen den Negativismus.
Kritisch sieht Rubey die Sozialen Medien, die er zwar selbst zwar (seriös) bedient, bei denen er sich aber auf keinerlei Diskussionen einlässt. Bei Spaziergängen solle man gezielt sein Handy zuhause lassen. Außer hat man habe Orientierungsprobleme bei wichtigen Terminen. Wie den Eingang zur Buch Wien zu finden...
„Wer sich mit den Libertines (dt. „Freigeister“) beschäftigt, landet immer wieder bei der Selbstzerstörung“, der deutsche Journalist Christian Buß im November 2002 in der Berliner Zeitung. Wie recht er doch hatte. Gerade war das erste Album der Libertines erschienen, „Up the Bracket“. Ein vom ehemaligen Clash-Gitarristen Mick Jones produziertes Roh-Juwel, auf das die Briten nach einer langen Durststrecke gewartet haben. Noch heute bezeichnet der Musikexpress es als DAS „Debüt-Album der Nullerjahre“.
Die Enfant Terribles der Band, Pete Doherty und Carl Barat, lernten sich bereits 1997 durch Dohertys Schwester kennen, brachen ihr Studium an der University of London ab und zogen in das berüchtigte Szene-Areal der Camden Road, um dort eine Band zu gründen. Der Bassist John Hassall und der Drummer Gary Powell komplettierten die Londoner Post Punk-Garage Rock-Indie-Pop-Combo. „Up the Bracket“, veröffentlicht auf dem Kult-Label Rough Trade Records, schlug ein wie eine Bombe, es folgte ein Leben jenseits der Überholspur: Guerilla Gigs, Drogen- und Alkoholexzesse, Polizeieinsätze, Gefängnis. So brach Doherty verwirrt in die Wohnung seines Bandkollegen Barat ein, verkaufte dessen Instrumente für Drogen und wurde deswegen zu 2 Monaten Haft verurteilt. Die Heroin- und Kokainabhängigkeit Dohertys wurde trotz versuchter Entzüge immer schlimmer, und so löste sich die Band – kurz nach der Erscheinung ihres zweiten Albums „The Libertines“ und ihrer größten Hit-Single „Can´t stand me now“ (Nr. 2 UK) – auf.
20 Jahre nach dem Erscheinen des Debüt-Albums sind die Libertines wieder live on Stage. Die „Up the Bracket 20th Anniversary Tour“ brachte die Original-Formation – drei Jahre nach einem Doherty-Auftritt im WUK mit den Puta Madres – auch ins Wiener Gasometer. Die exzessiv-ausschweifenden „Jugendjahre“ dürften der Vergangenheit angehören. Bei Peter Doherty (der in der französischen Normandie mit seiner Ehefrau Katia de Vidas drogenfrei auf dem Land lebt) merkt man das auch äußerlich, der „Heroin Chic“ – Doherty führte einst laut eigenen Aussagen zwei Jahre lang eine „selbstzerstörerische Beziehung“ mit Supermodel Kate Moss (die daraufhin in der Entzugsklinik landete) – ist einem Schwabbelbauch gewichen, der schicke Hut ist Trademark geblieben.
An seiner Seite weiterhin Co-Sänger und Gitarrist Carl Barat, mit weißem Rip-Shirt und schwarzer Lederjacke. Und in enger Zweisamkeit, als sie vor der begeisterten Fan-Crowd Indie-Perlen wie „Vertigo“, „Time for Heroes“, „The Boy looked at Johnny“ (dem an das Punk-Manifest von Julie Burchill und Tony Parsons angelehnten Track mit der genialen Textzeile „"New York City's very pretty in the nighttime - but don't you miss Soho?") oder „I get along“ in die Mikros schmettern. Die Punk-Attitüde schimmert auch zwanzig Jahre später noch durch: Roh, unglamourös, lässig, fast im Stile einer spontanen Garagen-Session mitten in der Nacht. Allerdings ohne suchtbedingte Aussetzer, Bühnenabstürze oder frühzeitigen Abbruch.
Denn nach einem Live-Furioso des gesamten Debüt-Albums „Up the Bracket“ folgte noch ein zweites Set mit einem „Best Of“ der Tracks danach: „Can´t stand me now“, „What becomes of the Likely Lads“ und „Music when the Lights out“ u.a. aus dem zweiten Album „The Libertines“, das bittersüße „You´re my Waterloo“ und das reggae-angehauchte „Gunga Din“ aus dem 2015 erschienenen Album „Anthems for Doomed Youth“. Die Zeit dazwischen verbrachte Doherty bei den Babyshambles, Barat bei den Dirty Pretty Things.
Als kongenialer Final Track der Show: „Don´t look back into the Sun“. Ein brillanter Song aus dem August 2003, der niemals auf einem Album erschienen ist, aber mit ausschlaggebend war für eine der wichtigsten Auszeichnungen der Libertines, dem „NME Awards für Best Band 2004“…
46 Jahre sind The Cure rund um Sänger Robert Smith bereits im Musik-Business, in den ersten Jahren ihrer Karriere Anfang der 80er prägten sie den Begriff des Gothic Rock. Und so durchstreiften auch einige Epigonen der Gruftie-Bewegung, mit schwarzen Lederjacken, (dezent) weiß geschminkt, Nieten und klobigen Boots, die weitverstreuten Marx Hallen in Wien. Der Großteil der älteren Konzert-Besucher hätte modetechnisch auch zu einem Robbie Williams- oder Pink-Konzert gepasst. Und wollte – neben zahlreichen jungen Fans - eigentlich nur eintauchen in die längst vergangenen 80er-Jahre, als The Cure nicht nur den Underground, sondern auch die Charts eroberten.
„Lost World“ lautet die Trademark der mehr als 50 Konzerte umfassenden Tour von The Cure. Sie könnte nicht besser gewählt sein. Selbst die ausgezeichnete schottische Support-Band „The Twilight Sad“ kreist ihre Bombast-Hymnen rund um dieses sehnsüchtig-verzweifelte Vokabel („Let´s get lost“).
Ein Album haben The Cure seit 2008 („4:13 Dream“) nicht veröffentlicht, neue – melancholische - Tracks sind allerdings fertig und stehen fix auf der Setlist: Der Opener „Alone“ (im Rahmen dessen Smith mit leicht ergrauten, hoch toupierten Haaren auf die Bühne „schwebt“ und vorerst verträumt ins Publikum blickt), „And Nothing is forever“, „Endsong“ und „I can never say goodbye“. Mit an Bord ist Bassist Simon Gallup, der seit 1979 – mit kurzer Unterbrechung – als kreativer Konterpart von Robert Smith gilt.
Andere populäre Bands ihres Formats spielen lieblose Greatest Hits-Shows, The Cure liefern mit greller Light-Show und Top-Vocals des Frontmanns ein über 2,5 Stunden langes, abwechslungsreiches Programm mit neuen Songs, Raritäten (wie dem Crow-Track „Burn“, „Play for Today“ oder „Shake Dog Shake“) und Super-Hits. Die im Hauptteil – mit Ausnahme von „Pictures of you“ und dem seiner Frau gewidmeten „Lovesong“ („I will always love you“), dem größten Cure-Hit in den Staaten - rar gesät sind.
Im 1. Zugaben-Teil brillieren The Cure noch mit dem rockigen „Charlotte Sometimes“ und dem düsteren 80er-Klassiker „A Forest“ („Suddenly I stop. But I know it's too late. I'm lost in a forest. All alone“), mit dem The Cure erstmals 1980 die britischen Single-Charts enterten und Robert Smith 2003 gemeinsam mit dem deutschen Trance-Duo Blank & Jones den Dancefloor eroberte.
Die größten Hits folgen dann im zweiten Encore: „Lullaby“ – „Spiderman is having you for dinner tonight“ – mit einer riesigen Spinne im grünen Netz, der minimalistische Underground-Track „The Walk“, „Friday I´m in Love“ (der meistverkaufteste Hit der Band aus dem 1992er-Album „Wish“), „Close to me“, „In between Days“, „Just like Heaven“ und als Finale der älteste Hit des Abends, „Boys don´t cry“. Ein Paradoxon, trotz ihrer langen Karriere klangen The Cure an diesem Abend so jung wie nie.
Die aus Wien stammende und zuletzt am Wörthersee lebende Heidi Horten war jahrelang die reichste Österreicherin, ihr Vermögen stammte großteils aus der Erbschaft des veräußerten Kaufhauskonzerns ihres ersten Mannes Helmut Horten. Mit diesem Geld baute sie gemeinsam mit ihrer Freundin Agnes Husslein eine Kunstsammlung auf, die seit dem 3. Juni 2022 in einer neuen Location zu bewundern ist, der Heidi Horten Collection im Hanuschhof gegenüber der Albertina.
„Ich bin stolz, dass ich mit meiner Sammlung und dem Bau des Museums etwas geschaffen habe, das bleibend ist, etwas, das nachfolgende Generationen auch noch erleben werden, wenn sie mein Museum besuchen und sich an der Kunst erfreuen, die mich lange glücklich gemacht hat“, so Heidi Horten, die traurigerweise kurz nach der Eröffnung am 12. Juni starb.
Das 1914 erbaute Gebäude hat eine historische Vergangenheit hinter sich und war einst der Kanzleisitz Erzherzog Friedrichs. Das Architektenbüro next ENTERprise hatte die Idee, die Außenfassade aufrechtzuerhalten und zu sanieren, während der Mitteltrakt komplett entkernt wurde. Das Privatmuseum besteht aus drei Ebenen mit einer Ausstellungsfläche von insgesamt 1500 m2, die miteinander durch Freitreppen verbunden sind. Auf dem begrünten Vorplatz empfängt zusätzlich ein Skulpturenpark die Besucher.
Die erste Ausstellung trug den Titel „Open“ und enthielt bereits einige Highlights der Kunstsammlung Hortens, von der bereits 2018 rund 150 Werke dem Leopold-Museum unter der Trademark „Wow“ zur Verfügung gestellt wurden: Eine Collaboration von Andy Warhol und Jean-Michel Basquiat, tote Schmetterlinge mit faszinierendem Täuschungseffekt von Damien Hirst („Love, Love, Love“), der „Weise Affe“ Francois-Xavier Lalannes im Erdgeschoß, Henkes Ur Mutter in Form eines violetten Wildschweins, die Video-Installation „Lady to Fox“ der nackt inmitten einer Schafherde herumlaufenden Künstlerin Lili Reynaud-Dewar, dazu Kunstwerke von Young British Artist Marc Quinn, Robert Rauschenberg, Franz West, Erwin Wurm oder der kürzlich verstorbenen Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz.
Inkludiert ist ein von Markus Schinwald konzipierter Tea Room, der auf einer Wand nicht nur Kunstwerke hinter Bullaugen zeigt, sondern auch zum Verweilen dient. Extravagant gestaltet sind die Spiegel in den Sanitärräumen, die mit Blumen- und Pflanzenmotiven (u.a. der portugiesischen Nelkenrevolution 1974) belegt sind. Eine Installation des in Wien lebenden deutschen Künstlers Andreas Duscha.
Bei der Finissage wurde eines der spannendsten Kunstwerke der ersten Ausstellung zum „musikalischen Leben erweckt“, der „Vibrosauria“ Constantin Lusers. Die 6,22 Meter hohe, bis in den 1. Stock reichende Skulptur besteht aus insgesamt 24 Blasinstrumenten von Tuba, Trompeten bis hin zu Hörnern.
Die erste Themenausstellung „Look“, die sich mit dem Wechselspiel von Kunst und Mode beschäftigt, eröffnet bereits am 21. Oktober. Und es sollen noch viele weitere folgen, im Sinne der Glühbirnen-Installation „Forever“ des britischen Duos Tim Noble & Sue Webster. Ein Kunstwerk, das originär eine trostlose Bushaltestelle in der Londoner Tottenham Court Road erhellen sollte, eigentlich aber auf die „ewige Liebe“ Bezug nimmt. Was immer die auch bedeuten mag…
Seit 45 Jahren steht William Michael Albert Broad aka Billy Idol bereits auf der Bühne. Der in London geborene und nach seiner Punk-Karriere hauptsächlich in den USA lebende Rockstar beehrte im Rahmen seiner „Roadside“-Tour auch das Wiener Gasometer. Das ursprünglich geplante Open-Air-Konzert in der Wiener Arena wurde wegen Krankheits verschoben und verlegt, der Ansturm mit über 3000 Besuchern war trotzdem ungebrochen und schweißüberströmt.
Als Support begeisterte die aus US-Nashville stammende Indie-Band „The Foxies“ mit der charismatischen Frontfrau Julia Lauren Bullock. Billy Idol selbst startete mit einem Klassiker aus seiner „Generation X“-Ära, „Dancing with myself“ aus dem Jahr 1980. Das Outfit wie einst in den Eighties: Blonde, auftoupierte Haare, eine enge Lederjacke und nach einigen Tracks der nackte Oberkörper, Stimme und Bühnenshow altersgemäß etwas gedrosselt. Auf der Bühne neben Idol Kult-Gitarrist Steve Stevens (der mit Idol die meisten Songs komponiert hat) und eine energetisch aufspielende Band mit noch zwei Gitarristen, einem Keyboarder und einem Drummer.
Dass das generationenübergreifende Publikum eng gedrängt auf die 80er-Hits des Musikers wartete, ist keine Überraschung. Und die kamen auch in Extended Versions: „Cradle of Love“, „Flesh for Fantasy“ oder die Ballade „Eyes without a Face“. Auf der Setlist der Show standen aber auch neue Tracks, „The Cage“, „Running from the Ghost“ oder „Bitter Taste“. Steve Stevens präsentierte als Intermezzo sein oscar-prämiertes „Top Gun-Theme“ und ein längeres Gitarren-Solo. Die exzessivste Stimmung erzeugte Idol allerdings mit seinen Rock Classics „Mony Mony“ (ein Sixties-Cover von Tommy James & The Shondells“), „Rebel Yell“ und dem Final Track „White Wedding“.
Enttäuschung machte sich allerdings breit, dass die Idol-Show nach 90 Minuten vorbei war, und die Fans vergeblich auf den größten Hit „Sweet Sixteen“, „Hot in the City“ (der Trademark dieses heißen, langen Sommers) oder „To be a Lover“ warteten. Zumindest in dem bald erscheinenden Doku-Film unter der Regie von Jonas Akerlund („Smack by Bitch up“) dürften diese allerdings nicht fehlen.
Zwei Jahre lang mussten die Buskers wegen der Corona-Maßnahmen pausieren, 2022 war die Zwangspause vorbei, und so tummelten sich bei der 10. Jubiläumsausgabe des Straßenkunst-Festivals am Wiener Karlsplatz zahlreiche Besucher aller Generationen. Das Programm erstreckte sich vom 9.-11. September jeweils von 14 bis 22 Uhr, teils unterbrochen durch temporäre Regenschauer.
„Busker“ ist ursprünglich die englische Bezeichnung für Straßenmusikanten, umfasst aber mittlerweile alle Bereiche der Straßenkunst und des Straßentheaters (wie Jonglage, Akrobatik, Clownerie,…). In über 200 Städten finden jährlich Buskers Festivals statt, bei der Wiener Edition bewerben sich jährlich über 600 Gruppen und Einzelakteure aus aller Welt.
„Straßenkünstler ist der ehrlichste Job der Welt“, das ist die Diktion des vielleicht bekanntesten Wiener Performancers Abraham Thill aka El Diabolero. Man werde erst – nach Erbringung der Leistung – bezahlt. Und das nur dann, wenn man die Zuschauer begeistert hat. Für den Jonglage-Künstler (und Autodidakten), der nebenbei noch ein Diplom an der Schauspielschule erworben hat und auch in Theateraufführungen zu sehen ist, stellt dies meistens kein Problem dar.
Diabolo-Würfe in 35 Meter Höhe, eine lässige Slapstick-Show als Rahmen und direkte Interaktion mit dem Publikum sorgen für einen vollen Kreis im Resselpark und zahlreiche Videos in den sozialen Medien. Und natürlich für einen Massenauflauf nach der Show, wenn Scheine und Münzen den Hut El Diaboleros prall füllen. Das ist insofern auch das Markenzeichen der Busker Festivals: Die Künstler erhalten von den Veranstaltern Reisekosten, Kost und Logis, Gagen allerdings nur durch das Publikum in Form des „Hutgeldes“.
Die auf insgesamt 6 Spots auftretenden Künstler begeisterten im weiten Karlsplatz-Areal mit unterschiedlichen Spielarten der Straßenkunst: Das argentinische „Duo un Pie“ mit akrobatischer Sailor-Clown-Show, Aerial Silk Vienna mitten über dem Wasser des Karlsplatz-„Sees“ mit Vertikaltuchakrobatik, die multikulturellen „Floor LegendZ“ mit einer temporeichen Breakdance-Party, der polnische Straßen-Gitarrist Mariusz Goli u.a. mit einer akustischen Version von Nirvanas „Smell like Teen Spirit“ oder der ungarische Comedian Imre aka „Social Salto“ mit einer interaktiven Show, die bereits vor dem Londoner Covent Garden das Publikum verzückte.
Zusätzlich setzt das Wiener Buskers Festival auch zahlreiche gesellschaftspolitische Akzente. Die Proponenten fordern neben der Ausweitung der Rechte der Straßenkünstler mehr Kultur im öffentlichen Raum und – mit Unterstützung von „Asyl in Not“, „SOS Balkanroute“ und dem „Verein Ute Bock“ - die Verbesserung der Menschenrechte. Vegane und vegetarische Speisen werden – ohne lange Lieferwege - direkt aus der unmittelbaren Region angeboten, der Energieaufwand ist (naturgemäß) gering, der Müll wird – in Form eigener Müll-Inseln - in sieben Fraktionen getrennt. 2018 wurde das Buskers Festival wegen seiner Umweltfreundlichkeit sogar in die Hall of Fame der Green Events Österreichs aufgenommen.
„In jeder Rolle findet man etwas von sich selbst, weil wir alle Brüder sind. Aber in Hamlet habe ich einen Zwillingsbruder gefunden.“ Ein Zitat des genialen österreichischen Schauspielers Oskar Werner, der am 13. November seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Grund genug, für das Metro Kinokulturhaus in der Wiener Johannesgasse, dem charismatischen, aber auch egozentrischen Theater- und Filmstar eine Ausstellung über sein Lebenswerk zu widmen. Die Location ist insofern mehr als passend, hatte doch der aus Wien-Gumpendorf stammende Werner in dem ehemaligen Theater seine ersten kleinen Auftritte im Grillparzer-Drama „Das goldene Vließ“.
Die Kuratoren Raimund Fritz und Martina Zerovnik konzipierten die Retrospektive im wesentlichen auf zwei Ebenen. Im 1. Stockwerk erhalten die Oskar Werner-Fans einen Einblick in das Privatleben des Schauspielers, mit zahlreichen Fotografien, Zeitungsausschnitten, Zitaten und sogar einem alten Schülerausweis. Die zweite Ebene zeigt das künstlerische Schaffen Oskar Werners, der bereits mit 19 vom Burgtheater engagiert wurde und in insgesamt 71 Theaterstücken mitwirkte. Seine Höhepunkte: „Don Carlos“ (mit seinem Vorbild Werner Krauss als König Philipp) und natürlich „Hamlet“. Seinen ersten Film drehte Oskar Werner 1949 in London: „Der Engel mit der Posaune“, die erste und nicht die letzte Rolle des überzeugten Antifaschisten, die sich mit dem Greuel des Nationalsozialismus befasste. Werner lehnte in seiner Karriere viele Rollen ab, die nicht seinem Weltbild entsprachen („Anpassungsfähigkeit ist eine Eigenschaft, die ich nicht anstrebe“). Die größten Kino-Erfolge feierte er in den 60er-Jahren, mit dem französischen Liebesfilm „Jules & Jim“ (1962) und der Ray Bradbury-Roman-Verfilmung „Fahrenheit 451“ (1966) jeweils unter der Regie Francois Truffauts bzw. mit den Hollywood-Streifen „Das Narrenschiff“ (Oscarnominierung 1965) und „Der Spion, der mich liebte“ (Golden Globe 1966).
Danach ging es mit seiner Karriere bergab. „Das Tragische, das ich sehe, dass er sich irgendwann nicht mehr weiterentwickelte. Er, der Frühvollendete, beharrte auf einem Status, den er dann irgendwann verloren hat“, so die Kuratorin Martina Zerovnik in einer Kurier-Sonderbeilage zur Ausstellung. In den 70ern war der mit Depressionen und Alkoholproblemen kämpfende Werner nur in zwei Rollen zu sehen, in einer TV-Folge des „Columbo“ und in der „Reise der Verdammten“ (1976). Er verdiente – dank seiner unverkennbaren Stimme – großteils sein Geld mit Hörspielen und Lesungen. Im Sommer 1983 scheiterte er kläglich mit seinem Wachaufestival: Von insgesamt 26 geplanten Auftritten fanden nur eine Dichterlesung und die Aufführung des „Prinz Friedrich von Homburg“ im (später abgerissenen) Kremser Brauhofsaal statt. Am 23. Oktober 1984 starb Oskar Werner während einer Rezitationstournee in einem Marburger Hotel an einem Herzinfarkt.
Neben seinen zahllosen Filmen erinnert heute noch der Oskar Werner-Platz im 6. Wiener Gemeindebezirk an den großartigen Schauspieler, dessen glanzvolle Karriere leider zu früh endete.
Die Ausstellung „100 Jahre Oskar Werner“ ist von 24. 3. 2022 bis 29.1. 2023 im Metro Kinokulturhaus zu sehen. Und zwar täglich von 14 bis 21 Uhr.
„Das kommende Jahr wird ein ganz starkes Konzertjahr. Es ist wie früher, und das ist einfach schön.“ – Das waren die positiven Prognosen des Veranstalters Ewald Tatar (Barracuda) vor einigen Monaten, und tatsächlich haben seine Prophezeiungen ins Schwarze getroffen. Seit April findet fast täglich ein Konzert-Highlight in Österreich statt. Das reicht von Konzerten, die nach 2 Jahren Corona-Pandemie endlich nachgeholt werden konnten (wie die zwei fast ausverkauften Wanda-Acts in der Wiener Stadthalle oder den Pet Shop Boys im Gasometer), neu arrangierten Gigs (wie den Imagine Dragons im Ernst Happel-Stadion oder Parov Stelar im klassischen Wiener Konzerthaus) bis hin zum Comeback groß angelegter Festivals (wie dem Nova Rock in Nickelsdorf oder dem Donaufestival in Krems). Die Konzertdichte ist aktuell teilweise so hoch, dass Musik-Freaks auf ein Konzert verzichten müssen (und einen Gutschein in Anspruch nehmen), um zeitgleich ein anderes besuchen zu können. Terminstress nicht nur bei den Künstlern, sondern auch beim Publikum, das nach einer langen Durststrecke endlich wieder – ohne Masken und Corona-Beschränkungen – mit tausenden anderen feiern, trinken und tanzen dürfen.
Franz Ferdinand
Die Wiener Arena startete die Open Air-Saison mit der Glasgower Band Franz Ferdinand, die vor fast 20 Jahren mit dem Indie-Track „Take me out“ den Durchbruch schaffte. Dieser zählt auch heute noch zu den absoluten Highlights jedes Konzert-Gigs der Band, die sich allerdings in der Zusammensetzung geändert hat. Von den Gründungsmitgliedern sind noch der charismatische Sänger (und Gitarrist) Alex Kapranos und Bassist Robert Hardy mit an Bord, neu im FF-Team sind Gitarrist Dino Bardot, Keyboarder Julian Corrie (beide seit 2017) und die Drummerin Audrey Tait. Die bis dato bei mehreren schottischen Bands und Projekten aktive Schlagzeugerin feierte bei der „Hits to the Head“-Tour ein mehr als gelungenes Debüt.
In einem fast zweistündigen Greatest Hits-Furioso präsentierten sich Franz Ferdinand auf dem Arena-Gelände in absoluter Bestform: Smart, sexy, to the Beat und mit Dauer-Euphorie Richtung Fans. „All Killer – No Filler“: Kein Hit wurde ausgelassen: Vom Opener „The Dark of the Matinee“, „Do you want to“, den neuen Tracks „Billy Goodbye“ und „Curious“ bis hin zum Avantgarde-Indie-Track „Ulysses“ und zum Superhit „Take me out“. Eine endlos lange Version von „This Fire is out of Control“ beendete das Hit-Feuerwerk der schottischen Brit-Popper. Out of Control war auch die generationenübergreifende Fan Crowd in der Wiener Arena, endlich wieder Live-Feeling in Vienna.
Dua Lipa
Dua Lipa trat im Sommer 2016 noch beim Wiener Donauinselfest auf, als Pre-Act auf der Main Stage unter brütender Sonnenhitze. Heute zählt die in London geborene Kosovarin zu den größten Stars der Pop- und Dance-Szene. „Dua“ ist kein Künstler-Name, sondern der von der Großmutter vorgeschlagene tatsächliche Vorname der Künstlerin, auf deutsch „ich liebe“. Love, Euphorie und Enthusiasmus stehen auch im Mittelpunkt der „Future Nostalgia“-Tour, mit der Dua Lipa auch die österreichischen Fans in der ausverkauften Wiener Stadthalle beehrte. Eine (fast zu) perfekt inszenierte 90 minütige-Show mit Band und 10 Tänzern und Tänzerinnen, deren Namen gleich zu Beginn – im Rahmen des 80er-Openers „Physical“ – auf einer Ebene mit Dua Lipa bekanntgegeben wurden.
Viele der jungen (weiblichen) Fans sangen von Beginn an alle Titel mit, während Dua Lipa mit einem riesigen Lobster (!) flirtete, mit dem auf den Video-Screens eingeblendeten Duett-Partner Elton John den Mega-Hit „Cold Heart“ schmetterte oder – inmitten einer künstlichen Galaxis – im sexy Galliano-Outfit bei „Levitating“ auf einer Plattform durch die Stadthalle schwebte. „Welcome to the Club Future Nostalgia“, das Motto des 3. Akts der schweißtreibenden vierteiligen Dua Lipa-Show. Die Tracks „One Kiss“, „Electricity“ und „Hallucinate“, für viele der rund 13.000 Fans der erste faszinierende Eintritt in die glamouröse Disco-Welt Ibizas, Londons oder New Yorks. Mit der Zugabe „Don´t start now“ endete der Rausch noch lange nicht, die begeisterten Fans tanzten weiter, zum Saalräumer „I wanna dance with somebody“ Whitney Houstons. Music takes u high. Kann es Schöneres geben?
Green Day
„It took us 2 years to get here, but we made it!“ schmetterte Green Day-Sänger Billie Joe Armstrong in das prallgefüllte Ernst Happel-Stadion. Die US-Punk-Band, die 1994 mit ihrem Album „Dookie“ kurz nach dem Selbstmord Kurt Cobains den Zeitgeist der adoleszenten Rock Generation traf, ist gemeinsam mit ihren musikalischen Kollegen von Fall Out Boy und Weezer auf einer monatelangen „Hella Mega Tour“ durch Stadien und Konzerthallen.
Armstrong, selbst gerade erst 50 geworden, merkt man sein Alter kaum an. Nach einem „Bohemian Rhapsody“-Intro und einem witzigen „Drunken Bunny“-Auftritt (zum „Blitzbop Krieg“-Sound der Ramones) stürmt Armstrong die Bühne des Happel-Stadions und erobert mit dem Opener „American Idiot“ sofort die Herzen der Besucher. 2 weibliche Fans werden im Rahmen der Show auf die Bühne geholt und dürfen dort vor rund 40.000 Fans mit Armstrong singen und Gitarre spielen, dazu Pyrotechnik, Klamaukeinlagen und zahlreiche aufpeitschende Vocals und Gesten seitens der Band. Die man durchaus auch weglassen hätte können. Denn die mitreißende Setlist von Green Day strotzte nur von Superhits aus der über 30jährigen Karriere der Band: Das bereits erwähnte Bush-kritische „American Idiot“, „Know your Enemy“, „Boulevard of Broken Dreams“ (bei dem das ganze Stadion mit Handy-Lights erleuchtet wurde), „Holiday“, „21 Guns“ und natürlich „Wake me up before September Ends“, ein Tribut an Armstrongs früh verstorbenen Vater, das sich durch den Video-Clip zu einer Anti-Kriegshymne entwickelte. „Rock´n Roll never dies!“
„1000 Jahre Freud und Leid“ heißt die kürzlich erschienene erste Autobiographie des aus Peking stammenden chinesischen Konzeptkünstlers und Menschenrechtsaktivisten Ai Wei Wei. Mit den Stationen seines Lebens (und damit verbunden dem künstlerischen Werdegang) beschäftigt sich auch die Retrospektive „In Search of Humanity“ in der Albertina Modern. Insgesamt 144 Kunstwerke – von Skulpturen, Installationen, Fotos, Performances, Videos,… - wurden im Erdgeschoß unter der Kuratel von Dieter Buchhart und Elsy Lahner auf einem äußerst spannenden und politisch hochbrisanten Parcours platziert.
Safe Sex
Diskriminierungen musste Ai Wei Wei bereits in seiner Kindheit erleiden. Gemeinsam mit seinem Vater, einem regimekritischen Dichter, lebte er in einem Erdloch und durfte erst nach dem Tod von Mao nach Peking zurückkehren. Nach einem Studium an der Pekinger Filmakademie wagte er als einer der ersten chinesischen Künstler den Sprung in die USA und lernte dort in den 80ern die Konzeptkunst, die Pop Art und den Minimalismus kennen. Aus dieser Zeit stammt u.a. sein auf die Aids-Epidemie bezogenes Werk „Safe Sex“, bei dem aus einem Regenmantel in Schritthöhe ein Kondom hängt.
China
„Dropping a Han Dynasty Urn“ zeigt in drei nacheinander aufgenommenen Schwarz-Weiß-Fotos die Zerstörung einer Urne aus der Han-Dynastie (206 v. Chr. – 220 n. Chr.), die heute als wertvoll gilt, obwohl sie damals nur ein Massenartikel war. Auf dem streng bewachten Platz des Himmlischen Friedens fotografierte Ai Wie Wei – als Protest gegen das Regime – die Künstlerin und damalige Freundin Lu Quin mit nach oben gehobenem Rock.
Readymades
Bei einigen Werken in der Ausstellung nimmt Ai Wie Wei Anleihen vom französischen Konzeptkünstler Marcel Duchamp. Er montiert Fahrräder zu einem aus funktionsuntüchtigen Einzelteilen bestehenden Konstrukt (und zieht damit einen Konnex zur chinesischen Bevölkerung), verweist mit einem von Julian Assange 2016 geschenkten Laufband auf die Aussichtslosigkeit einer (illegalen) Haft oder platziert eine Kristallkugel im Mittelpunkt einer Sammlung von Schwimmwesten gestrandeter Flüchtlinge.
Sunflower Seeds
„Sunflower Seeds“ nannte sich eine Aktion Ai Wei Weis 2010 in der Londoner Tate Modern. Der Künstler ließ dort in der riesigen ehemaligen Turbinenhalle ca. 100 Millionen aus Porzellan gefertigte Sonnenblumenkerne ausschütten. Der historische Hintergrund: Während der Kulturrevolution wurde Mao Zedong mit der Sonne verglichen, das Volk mit Sonnenblumen. Die Sonnenblumenkerne widerspiegeln die Kritik Ai Wei Weis am Konformismus in China, in dem die Bevölkerung als uniforme Masse betrachtet wird. Ein (kleiner) Sonnenblumenkern-Haufen wurde auch in der Albertina Modern platziert, höchstwahrscheinlich um vieles kleiner als der ebenfalls stark ausgeprägte Konformitätsgrad in Österreich.
Erdbeben in Sichuan
Nach einer Erdbeben-Katastrophe in der chinesischen Provinz Sichuan recherchierte Ai Wei Wei gemeinsam mit anderen Aktivisten die Hintergründe für den Einsturz von Schulgebäuden und stieß auf Korruption und schwere Baumängel. Insgesamt 5197 Kinder kamen dabei ums Leben. Die Folgen: Die chinesischen Behörden zensurierten und sperrten dann seinen Blog. Es folgte die erste Verhaftung, während dieser Ai Wei Wei ein Selfie anfertigte und dieses später in einer Lego-Adaption publizierte. In der Ausstellung sind unter dem Titel „Forge“ (Schmiede) verbogene Eisenstäbe aus dem Campus der Schulen zu sehen. Ein Mahnmal für das schreckliche Unglück.
81 Tage eingesperrt
Eine weitere Verhaftung erfolgte am 3. April 2011 wegen angeblicher „Wirtschaftsverbrechen“. Ai Wei Wei wird dabei für 81 Tage bis 22. Mai weggesperrt. Die gesamte Vorgehensweise illustriert der Künstler mit der Installation „S.A.C.R.E.D.“, wo er in 6 Schaukästen mit Puppenfiguren die Rituale seiner Gefangenschaft zeigt. In der Albertina Modern wurde außerdem eine begehbare Zelle in Originalgröße aufgebaut, deren Geschehen im Inneren durch Kameras nach außen projiziert wird.
Flüchtlingskrise
Erst im Jahre 2015 bekam Ai Wei Wei seinen Reisepass zurück. Er zog nach Berlin, wo er sich vorwiegend mit der Flüchtlingskrise beschäftigte. Auf immense Kritik stieß dabei seine persönliche Nachstellung der am Strand von Bodrum angespülten Leiche des dreijährigen Kindes Aylan Kurdi. Ai Wei Wei verteidigte die Aktion mit einem Appell gegen das „Vergessen durch Gewöhnung“. Zu sehen in diesem separaten Raum weiters Schwimmwesten (die auch Teil seiner Installation F Lotus im Wiener Belvedere 2016 waren), Rettungsringe aus Marmor, die Ladestation eines Flüchtlingslagers und die mit Lego-Steinen dargestellte Navigationsroute des von der Kapitänin Carola Rackete gesteuerten Flüchtlingsboots Sea Watch 3.
Mao-Porträts im Warhol-Style, „Fuck“-Mittelfinger gegen Zentren politischer oder kultureller Macht (wie dem Weißen Haus in Washington, der Skyline von Hongkong oder dem Reichstag in Berlin), Panda-Stofftiere als Verstecke geheimer Dokumente, ein in China zensiertes Musik-Video über Ai Wie Weis Inhaftierung („Dumbass“) oder ein riesiger Kreis mit 12 chinesischen Tierkreiszeichen (die die Frage der kulturellen Herkunft aufwerfen) sind weitere Höhepunkte der umfassenden Retrospektive in der Albertina Modern.
Coronation
Ai Wei Wei selbst wohnt nach einem kurzen Aufenthalt in Cambridge („Campusse sind Orte, gegen die ich allergisch bin“) in der portugiesischen Kleinstadt Montemor-o-Novo. Mit weiteren Skulpturen, Installationen und Aktionen ist zu rechnen. Dies zeigt schon sein entlarvender Film über das chinesische Corona-Management („Coronation“), in dem er die Überwachungsgesellschaft und die soziale Kontrollmaschinerie kritisiert.
Ai Wei Wei – In Search of Humanity – 16. März bis 4. September 2022 Albertina Modern Wien...
Mehr als 100 Millionen Tonträger haben Neil Tennant und Chris Lowe aka The Pet Shop Boys seit 1985 verkauft: 14 Studio-Alben, 40 Top 20-Singles in Großbritannien (inkl. 4 Nr. 1-Hits) plus Brit Award 2009 für „Outstanding Contribution to British Music“. Für das erfolgreichste Duo der britischen Musikgeschichte war insofern die Selektion das größte programmtechnische „Problem“ ihrer ersten Greatest Hits-Show, mit denen die beiden im Frühjahr und Sommer 2022 die europäischen Konzerthallen und Clubs beehren. Insgesamt 26 Tracks schafften den Sprung in die von Mastermind Tom Scutt konzipierte Show, der zuletzt mit Preisen für das Musical „Cabaret“ im Kit Kat Club überhäuft wurde.
Sänger (und Ex-„Smash Hits“-Journalist) Tennant und Keyboarder Lowe, die sich 1981 zufällig in einem Elektronikladen der Londoner King´s Road kennengelernt haben, starten im Wiener Gasometer strikt minimalistisch, mit seltsamen Kopfbedeckungen und schwarz-weißen Lightpanels im Background. Ohne Band und ohne Tänzer. Der Opener das Vorstadt-Epos „Suburbia“ aus den 80ern. Erst nach einigen Tracks (wie dem U2-adaptierten „Where the Streets have no Name“ und dem mit Videosequenzen angereicherten „Rent“) öffnete sich mit „Left to my own devices“ die gesamte Stage-Struktur. Vor dem Hintergrund greller Projektionen sorgten Percussionisten für den treibenden Sound der Londoner Hit Factory.
Auf dem Programm standen natürlich die 4 UK-Nr. 1-Hits der Pet Shop Boys, „West End Girls“ (als Zugabe mit Video-Reminiszenz an die schrille Londoner Szene der 80er), „It´s a Sin“, „Heart“ und das Elvis-Cover „Always on my Mind“. Beim melancholischen „You only tell me you love me when you´re drunk“ griff Tennant überraschend zur Akustik-Gitarre, bei den 70er-angehauchten Party-Hymnen „Go West“ (ein Village People-Cover) und „New York City Boy“ tanzten im Gasometer vereint die Pop-Wave-Generationen der letzten 40 Jahre. Band-Mitglied Clare Uchima versetzte sich kurz in die Rolle der 60er-Ikone Dusty Springfield und trällerte gemeinsam mit Neil Tennant das lässige Duett „What have I done to deserve this“.
Dass die Pet Shop Boys auch noch im neuen Millennium modernen Dance-Pop produzieren, zeigen nicht nur die brandneuen in Berlin aufgenommenen Songs „Monkey Business“ und „Dreamland“ (dessen queerer Duett-Partner Olly Alexander gerade als „Years & Years“ durch Europa tourt), sondern auch der aus dem 2013er-Album „Electric“ stammende Track „Vocal“, der mit technoiden Beats und charismatischen Textzeilen („It's in the music. And everything about tonight feels right and so young“) an den Summer of Rave 1989 erinnert.
Melancholie und Sehnsucht nach der verlorenen, unbeschwerten, exzessiven Jugend kommen beim Final Track auf, „Being Boring“, der auf Zitaten der US-Autorin Zelda Fitzgerald aus den wilden 20ern beruht. „We were never being bored. Cause we were never being boring.“ Ein kongenialer Abschluss einer Show, die niemand anderer als Neil Tennant besser kommentieren könnte: „In Dreamworld being boring is a Sin“…
Egal, ob Ibiza, Miami, London oder Vienna. Dort, wo ein DJ mit seiner venezianischen Schnabelmaske und seinen weißen Handschuhen hinter den Turntables residiert, strömen die house-begeisterten Massen und tanzen ekstatisch bis in den Morgengrauen. Am 1. April beehrte der angeblich aus Berlin stammende „Claptone“ wieder einmal den Wiener O-Club in der Albertina-Passage.
Die Stimmung war nicht nur aufgrund der liberalisierten Corona-Maßnahmen ausgezeichnet, Maske trug nur der Soundzauberer hinter dem DJ-Pult, und die ohne FFP2-Trademark. Drei Alben hat Claptone bis dato veröffentlicht, sein letztes, „Closer“, enthält zahlreiche Kollaborationen mit Künstlern wie Seal („Just a Ghost“), Dizzy („Queen of Ice“) oder Mayer Hawthorne („Feel this Way“), die Claptone kongenial in seine Sets einbaut. Dazu kommen zahlreiche Remixes für prominente Artists wie Dua Lipa („Physical“), Elton John („Cold Heart“), Gorillaz oder Oden & Fatzo, die zu den absoluten Dancefloor-Hits der Szene zählen. Auf seiner Setlist in Wien stand natürlich auch der „Liquid Spirit“-Remix, der laut dem Magazin „Jazz Line“ den Verkauf der Original-Platten Gregory Porters immens ankurbelte.
Was Claptone (außer vermutlich der Anonymität) an der Maske so schätzt, sind die verschiedenen Bezugspunkte seiner Maskerade, der schrille Karneval von Venedig, das „golden bling bling hip hop thing“, das Erscheinungsbild eines Vogels oder auch der mysteriöse letzte Kubrick-Film „Eyes wide Shut“. „The Masquerade“ nennt sich übrigens auch die hedonistische Party-Reihe Claptones im legendären Ibiza-Club Pacha, die der DJ – gemeinsam mit Fatboy Slim, LP Giobbi, James Hype & Co. – jeden Samstag von 14. Mai bis 15. Oktober 2022 zelebriert. Flieger und Hotel rechtzeitig buchen!
Junge Klimaaktivisten gegen die „Betonierer“ der Stadt Wien: Dieser Konflikt spitzt sich seit ein paar Monaten im Norden Wiens zu. Im September 2021 blockierten Gegner des Lobautunnels Eingänge zur Baustelle für die 460 Millionen Euro teure vierspurige Stadtstraße (die künftig Aspern mit Hirschstetten und der Südosttangente verbinden soll) und errichteten Protestcamps u.a. in der Hausfeldstraße. Im Epizentrum: Eine dreistöckige Holzpyramide.
Obwohl die Umweltministerin Leonore Gewessler dem Lobau-Tunnel aufgrund der Klimakrise eine Absage erteilte, bleibt die Stadt Wien beim Bau der Stadtstraße (die – was von den Demonstranten und anerkannten Verkehrsexperten bezweifelt wird - der Verkehrsentlastung der Seestadt dienen soll). Am 1. Februar 2022 erfolgte die polizeiliche Räumung, 48 Aktivisten wurden verhaftet, die Holzpyramide wurde durch Bagger zertrümmert. Parallel dazu wurden rund 380 Bäume gefällt. Die traurigen Bilder davon erschienen nahezu live auf allen sozialen Medien.
Der Künstler und Filmemacher Oliver Ressler, der bereits an über 400 Gruppenausstellungen (u.a. in Madrid, Paris oder Venedig) teilgenommen hat, hat zu diesem Thema in der MQ Art-Box eine Foto-Installation unter dem Titel „Die Wüste lebt“ konzipiert. Kernfrage: „Was wäre, wenn es gelingen würde, das als „Wüste“ bezeichnete Gelände nach den Vorstellungen der Klimaaktivisten umzugestalten?
In direktem Kontrast zu den kahlen, deprimierenden Betonflächen hat Ressler rund um die Holzpyramide eine Wald-Wiesen-Seen-Landschaft erstellt, in der sich jeder Mensch wohlfühlen würde: Mit Bio-Gemüsebau, Aufforstungen, selbstorganisierten sozio-ökologischen Initiativen und einem kreativen Kulturzentrum am Rande des Geländes mit Workshops zu ökologischen und sozialen Themen und Kulturprogrammen.
In der Foto-Montage ist die Stadtautobahn durch ihre Absenz präsent. „Denn die Siege der Klimagerechtigkeitsbewegung sind schwer zu sehen. Es sind die Autobahnen, die nie gebaut wurden; die Erdölförderanlagen, Kohlekraftwerke, Pipelines und Flughäfen, die diesem Planeten erspart bleiben. Es sind die Wälder, die nicht abgeholzt wurden, die Flüsse und Seen, die nicht vergiftet wurden“, so Oliver Ressler in einem eindrucksvollen Text auf der Fläche des Kunstprojekts.
Der politische Irrweg geht leider weiter. Am 5. April wurde – im Auftrag des staatlichen Autobahnunternehmens Asfinag – ein weiteres Protestcamp in der Hirschstettnerstraße geräumt. Dort, wo künftig die 3,2 km lange Stadtstraße in die Südosttangente münden soll. „Ein Relikt aus verkehrspolitischer Steinzeit“, so Global 2000 zu den Plänen der Stadt Wien.
„Was ist das für ein Glockenläuten, mich dünkt, es kann nichts Gut‘s bedeuten!“. Seit dem Jahr 1920 tönen diese knittelformähnlichen Verse am Salzburger Domplatz, wenn der reiche Jedermann wieder einmal seinen letzten Weg antritt. Im März 2022 erobern sie den Club, und zwar den Wiener Stadtsaal, wenn der charismatische Hauptdarsteller Philipp Hochmair mit lauter Stimme nach dem Autor schreit: „Hugo von Hofmansthal, wo bist du?“
„Jedermann Remixed“ nennt sich dieses modern-düstere Avantgarde-Stück, das Hochmair gemeinsam mit dem Wiener Mash-Up-Künstler Kurt Razelli entwickelt hat. Eine fast logische Fortsetzung von Hochmairs Abhandlungen mit dem historischen Stoff: „Jedermann Reloaded“ gemeinsam mit der „Elektro Hand Gottes“ in einer Rock-Version, zu sehen u.a. im Burgtheater und im Stephansdom, in der Hochmair ebenfalls alle Rollen spielte, dann der fast kultige Ersatz des wegen Krankheit ausgefallenen Hauptdarstellers Tobias Moretti bei den (bürgerlichen) Salzburger Festspielen 2018. Und jetzt eine auf die wesentlichen Passagen komprimierte Club-Version mit tanzbaren Beats, Loops, Effekten und Soundgeräuschen, live remixed by Razelli, der auf der Bühne stets seine Arnold Schwarzenegger-Maske trägt.
Tatsächlich ist eigentlich auch Hofmannsthals „Jedermann“ ein Remix. Die Ursprünge des Spiels vom Sterben des reichen Mannes stammen aus dem Mittelalter und zwar von den englischen Mysterienspielen („Everyman – A Morality Play“) im London des 16. Jahrhunderts, bei denen wie in der späteren Bearbeitung die Figuren Gott, Teufel, Tod, Mammon, Glaube und Werke als Personifikationen auftreten. Hochmair spielt alle diese Rollen mit Intensität und Leidenschaft, den Jedermann selbst als rauchenden, trinkenden Rocker mit Lederjacke und Totenkopf-T-Shirt. Requisiten wie ein Trichterlautsprecher verschaffen den alten Versen noch eine züsätzliche Massivität. Die über 100 Jahre alten Zitate Hofmannsthals haben heute noch mehr Wahrheitsgehalt als damals: „Des Satans Fangnetz in der Welt hat keinen anderen Nam als Geld“, auf dem Video-Screen des Stadtsaals werden dazu parallel die Luxusschiffe und Sportwägen der Superreichen abgebildet.
„Ich verlass dich hier. Spiel wird mit nit mehr gefallen“. Nicht nur die Buhlschaft, sondern auch alle anderen Gesellen, Verwandten und Freunde lassen von Jedermann ab und verweigern die Begleitung ins Totenreich. So auch der Mammon ebenfalls in Gestalt von Hochmair mit horriblen Worten „Fährst in die Gruben nackt und bloß. So wie du kamst aus Mutters Schoß“.
„Eine letzte Stunde Aufschub bekommt Jedermann vom Tod, ein schwingendes Pendel symbolisiert im Hintergrund die unentrinnbare Frist. Die guten Werke und der Glaube retten den Jedermann in letzter Sekunde. Hochmair stirbt mit Totenkopf in der Hand einen triumphalen Tod im Stadtsaal, die Engel singen. Nicht nur in Form der Standing Ovations der begeisterten Zuschauer…
„It´s good to be back“ – So heißt die neue Single der britischen Band Metronomy. Und passender kann dieser Titel nicht gewählt sein. Nach zwei Jahren öffnet das Wiener Gasometer wieder seine Pforten für heiße Pop- und Rockkonzerte. Und die südenglische Band Metronomy zählt – mit ihrem aus dem März 2020 (!) verschobenen Gig - zu den ersten, die dort wieder für ausgelassene Party-Stimmung und Clapping Hands sorgen. Die österreichischen Musik-Fans haben viel zu lange auf Live-Atmosphäre und Lebensfreude verzichten müssen.
Nach einer extravaganten Support-Show des britischen Queer-Künstlers Lynks starten Metronomy mit der lässigen „Love Factory“ aus ihrem brandneuen Album „Small World“. Die Band besteht aktuell aus fünf Mitgliedern. Als Sänger und Songschreiber fungiert Joseph Mount, der die Band bereits 1999 gegründet und unter diesem Namen auch zahlreiche Remixes (u.a. für Gorillaz, Ladytron oder Goldfrapp) veröffentlicht hat. Bassist Gbenga Adelekan ist in bester Spiellaune und peitscht das Publikum zum Tanzen und Klatschen auf. Dazu Keyboarder Oscar Cash, Gitarrist Michael Lovett und die lässige Drummerin Anna Prior, die vor einer bunten Visual-Wand den Metronomy-Sound noch tanzbarer macht.
Auf der Tour-Setlist stehen neben Tracks aus dem neuen 7. Album (wie „Right on Time“ und „Things will be fine“, ein weiterer positiver Slogan) Songs aus den letzten 15 Jahren ihrer Karriere: „The Bay“ und „Everything goes my Way“ (aus dem bisher erfolgreichsten Album „The English Riviera“ aus dem Jahr 2011), „Love Letters“ (aus dem gleichnamigen 2014er-Album) oder das an frühe Duran Duran-New-Wave-Hymnen angelehnte „Holiday“ (aus dem zweiten Album „Nights Out“). Nicht fehlen darf natürlich das aus einem Zalando-Werbespot bekannte „Salted Caramel Ice Cream“ aus dem Jahr 2019. Als das Intro zum Superhit „The Look“erklingt, sind die Indie-Pop-Fans im Wiener Gasometer nicht mehr zu halten.
Letzte Zugabe ein treibender, roher Underground-Track aus den Frühzeiten der Band: „You could easily have me“. Dann gehen die Lichter an. Die Party ist zu Ende, und gleichzeitig hat sie wieder begonnen.
„Es ist kein Konzert gegen etwas, sondern für den Frieden und die Freiheit und für die Menschen, die unter dem Krieg in der Ukraine leiden.“ Die Jungs von Wanda einige Tage vor dem Benefiz-Konzert „We stand with Ukraine“ im Wiener Ernst Happel-Stadion. Die Initialzündung kam vom Top-Veranstalter Ewald Tatar (Barracuda Music), während er gerade die Nova Rock Hallen in Nickelsdorf als Flüchtlingsquartier vorbereiten ließ. Innerhalb von 14 Tagen wurde ein hochkarätiges Programm mit den größten Stars der österreichischen Musikszene zusammengestellt, der (eigentlich geringe) Ticketpreis betrug 19,91, angelehnt an das Unabhängigkeitsjahr der Ukraine, 1991. Die rund 40.000 Tickets waren binnen weniger Tage restlos ausverkauft, den unmittelbaren Erlös von rund 800.000 Euro überreichte Tatar dem Volkshilfe-Chef Erich Fenninger live auf der Bühne.
Bei sonnigem Wetter versammelten sich bereits am frühen Nachmittag zahlreiche Musikfans, die nicht nur Geld für den guten Zweck sammelten, sondern auch sich selbst wieder ein Stück Lebensfreude zurückgaben. Endlich wieder ein Konzert ohne Einschränkungen und ohne Masken (die bei Freilaufveranstaltungen nur empfohlen werden). Und das bei einem sensationellen, bunt gemischten Line Up zwischen internationalem Pop, Hip Hop, Rock und Austro-Hadern.
„Darf i singen, dürfen wir feiern? Solange die Welt nicht dieselbe ist? Aber wenn wir schweigen, haben wir unsere Freiheit dann nicht freiwillig verloren an einen alten kleinen Mann?“ so die Sängerin Ina Regen in einer neuen Strophe ihres Lieds „Rot“. Ein Auftritt in einem ausverkauften Stadion sei für sie immer eine Utopie gewesen, zustandegekommen sei dieser Traum durch einen Krieg. Marco Pogo, politisches Aushängeschild der „Bierpartei“ und Sänger der Punk-Formation Turbobier, brachte die nötige Stimmung ins Stadion, um den Bierkonsum (und damit auch die Spendenerlöse) zu erhöhen. Im sexy Outfit präsentierte sich Pop-Sängerin Mathea („2x“), die nach einem Wechsel ins Management-Team von Raf Camora gerade einen Imagewechsel praktiziert. Der neueste Hit „Funke, Flächenbrand“ durfte nicht fehlen.
„Ein Leben ohne Grenzen, eine Freedom zu verschenken, eine Freiheit, nicht zu denken“, das wünschten sich Bilderbuch – bei gleichzeitiger Ausstellung eines „EU-Passes“ im Jahre 2019. „Europa 22“ stand – neben ihren Hits „Maschin“ und „Bungalow“ – auch auf der Setlist ihres großartigen Benefiz-Auftritts. Zumindest grenzüberschreitend wird in Europa jetzt geholfen. Das betonte auch Bundespräsident Van der Bellen, der zwischen den Auftritten der Austro-Barden Seiler & Speer und Pizzera & Jaus die Bühne betrat und mit eindringlichen Worten die sofortige Beendigung der Kämpfe forderte: „Präsident Putin: Stoppen Sie diesen Krieg!"
Für kräftige Buh-Rufe im ausverkauften Stadion sorgte Marco Michael Wanda, indem er die Besucher zum Ausbuhen des Kriegs animierte. Dann durfte wieder getanzt, gefeiert und gelacht werden, zu den fröhlich-melancholischen Pop-Rock-Hits „Bologna“, „Auseinandergehen ist schwer“, „Columbo“ und dem neuen Gassenhauer „Rocking in Vienna“. Bevor in einem Grande Finale die All Stars dieses Konzertabends unter der Chorleitung von Ina Regen den John Lennon-Klassiker „Imagine“ ins Mikro schmetterten.
„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts“: Das berühmte Zitat des ehemaligen sozialdemokratischen Kanzlers Willy Brandt aus dem Jahr 1981 hat auch in Zeiten von Globalisierung, Internet und sozialen Medien nichts an Bedeutung verloren…
Das Museumsquartier Wien setzt politische Akzente und präsentiert unter dem Titel „Artists for Ukraine“ eine künstlerische Solidaritätsaktion für die Ukraine. Verschiedene Künstler aus der Ukraine (Koordination Nikita Kadan), Belarus (Koordination Marina Naprushkina) und Russland zeigen auf der Hauptfassade des MQ Wien und der Fassade des Leopold Museums politische und gesellschaftliche Statements. Mit Hito Steyerl und Clemens von Wedemeyer sind auch zwei renommierte deutsche Videokünstler mit Anti-Kriegs-Botschaften vertreten. Die Beiträge sind bis zu 2 Minuten lang und werden per Loop zwischen 18 und 23 Uhr auf die Mauern des Museumsquartiers projiziert.
Unter der stetig steigenden Anzahl von teilnehmenden Künstlern befinden sich auch Kreative, die bereits in den Hallen des Museumsquartiers mit Ausstellungen und Installationen für Furore gesorgt haben. Der in Kiew geborene Nikita Kadan präsentierte beispielsweise im Jahre 2019 seine „Project of Ruins“, jetzt zeigt er im Rahmen seiner Collage „Protection of Plants“ Fotos von zerschossenen Gebäuden, über die Illustrationen von Pflanzen und Gemüsesorten eingefügt werden. Die noch zu Zeiten der Sowjetunion geflüchtete Widerstandskämpferin Anna Jermolaewa publizierte ihre politischen Videos und Installationen bereits im Mumok und in der Kunsthalle Krems, im Rahmen der Aktion „Artists for Ukraine“ zeigt sie einen emotionalen Zusammenschnitt auf die Flüchtlingssituation in der polnischen Grenzstadt Przemysl.
„Stop the Violence“ ist die eindeutige Botschaft der weißrussischen Künstlerin Antanina Slabodchykava. Das Wort „Gewalt“ wird dabei in verschiedene Sprachen übersetzt und rigoros durchgestrichen. Weite Verbreitung im Internet fand das Video der weissrussischen Aktivistin Ulyana Nevzorova, die in einer U-Bahn das Plakat mit der Aufschrift „This Poster can be the Reason for my Detention“ trägt. Derartige, nicht genehmigte Einzelkundgebungen werden in Belarus mit einer Geldstrafe von bis zu 50 Tagessätzen oder einer Freiheitsstrafe von bis zu 15 Tagen bestraft. Psychologisch spannend ist Oleksiy Radinskys 2013 in den Straßen von Moskau gedrehtes Video, das Doppelgänger von Stalin, Lenin und einem am Rand stehenden Putin visualisiert.
Die Videos werden ständig erweitert und sind täglich zwischen 18 und 23 Uhr im MQ-Hof zu sehen…
„Due to this weekend’s announcement of continued Covid restrictions in Vienna, the Amy Mac Donald show at Gasometer on 11th March cannot happen as planned“. Eine weitere Konzert-Verschiebung in der endlosen Menge an Verlegungen, Verschiebungen und Absagen in der Bundeshauptstadt Wien, die alle etwas gemeinsam haben: Die Corona-Maßnahmen des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig, der seit nunmehr 2 Jahren die Gastro-, Tourismus-, Freizeit- und Eventwirtschaft mit einem sogenannten „Sonderweg“ quält.
Gemäß der bundesweiten Covid-19-Basismaßnahmenverordnung (§ 7) hat bei „Zusammenkünften von mehr als 50 Personen“ der Veranstalter einen Covid-19-Beauftragten zu bestellen und ein Covid-19-Präventionskonzept umzusetzen. Ansonsten gelten seit 5. März 2022 keine Einschränkungen mehr.
Anders in Wien: Dort gilt zusätzlich der zweizeilige § 8, der gewaltige Auswirkungen auf die Eventbranche hat: „Teilnehmer von Zusammenkünften haben in geschlossenen Räumen eine FFP2-Maske zu tragen!“ Diese Vorschrift gilt für ALLE Veranstaltungen und für ALLE Freizeit- und Kultureinrichtungen, also für Theater, Kinos, Kabaretts, Konzertsäle, Museen, Ausstellungen, Bibliotheken und Büchereien. Allerdings nur in Wien, nicht im gesamten Restösterreich. Hier werden nicht nur die 2 Millionen Wiener mit einer überschießenden Maskenpflicht schikaniert, sondern auch die zahlreichen Unternehmer, Veranstalter und Kulturbetriebe, deren Besucher in spe in die Bundesländer ausweichen und die dortigen Kulturangebote nützen. Eine Wettbewerbsverzerrung in Reinkultur. „Ich würde mir ein Konzert, wo ich die ganze Zeit eine Maske tragen muss, zehnmal überlegen“, so Nova Rock-Veranstalter Ewald Tatar. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Unterschiedliche Vorschriften gelten auch in der Gastro- und Nachtgastronomie. Während im Rest-Österreich durch den „Freedom Day“ die Vorschriften – ähnlich wie in Schweden, Dänemark oder England – gefallen sind, gilt in Wien die 2 G-Regel. Und auch wenn das erste Wochenende in der Bundeshauptstadt gästemäßig ein großer Erfolg war, wichen viele jugendliche Wiener Nachtschwärmer ins Bar- und Club Life Niederösterreichs aus. Dort, wo tatsächlich wieder „wie damals“ gefeiert, getanzt und geflirtet werden kann. Ohne QR-Code, Grüner Pass und Ausweispflicht.
Nicht anders in der Tagesgastronomie. Auch hier gilt in Wien die 2 G-Regel. Mit einem „Luxus-Nachweis-Dessert für die Jüngsten. Während im Rest-Österreich die Altersgrenze für den „Nachweis einer epidemiologischen Gefahr“ bei 12 Jahren beginnt (bundesweit noch vorgeschrieben bei Kranken- und Altersheimen), liegt diese in Wien - ohne wissenschaftliche Evidenz – bei 6 Jahren. Wer als 7jähriger keinen gültigen Test in einem Wiener Restaurant oder Heurigen vorweisen kann, muss das Lokal verlassen. Die Gastro-Umsatzrückgänge der letzten beiden Jahre betrugen ja ohnehin „nur“ zwischen 40 und 60 Prozent (im Vergleich zum Jahr 2019).
Einen besonderen Appetizer liefert die rote Stadtregierung – von den „liberalen“ Neos hört man nicht einmal ein (politisches) Sterbenswörtchen – für Hotelgäste. Diese benötigen zwar keinen G-Nachweis, essen dürfen sie im Hotel allerdings nur dann, wenn sie einen 2G-Nachweis haben. Das hat schon kafkaeske Züge.
Nicht ungeschoren lässt der Wiener SPÖ-Bürgermeister den Handel. Dort gilt im Gegensatz zum Rest-Österreich weiterhin eine FFP2-Maskenpflicht. Während man im Media Markt Vösendorf oder im H&M der SCS ohne „Fetzen“ shoppen kann, muss man in den Wiener Partnerbetrieben die ganze Zeit die Atemschutzmaske tragen. Die Lust am Shopping wird den Wienern im März vergehen. Zumindest in Wien selbst. Laut diverser Statistiken der Handelskammern drohen bei Maskenpflicht Umsatzrückgänge bis zu 50 Prozent, vor allem im stationären Modehandel. Die Internet-Giganten Amazon, Zalando & Co. wird´s freuen. In der eigenen Wohnung (oder im benachbarten Niederösterreich) muss man beim genussvollen Gustieren der Fashion-Wear keine FFP2-Maske tragen. Und schwitzt auch nicht…
Diese nur für Wien geltenden härteren Maßnahmen sind normiert in der nicht nur sperrig klingenden „Wiener Covid-19-Basismaßnahmenbegleitverordnung“, die juristisch auf der bundesweit geltenden Covid-19-BasismaßnahmenVO basiert. Formell beschlossen wird diese von einer einzigen Person, dem Landeshauptmann und Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Eine demokratiepolitisch fragwürdige Lösung, greift diese doch – ohne parlamentarische und damit verbundene öffentliche Diskussion – in die wichtigsten Grund- und Persönlichkeitsrechte der Bürger ein. Eine rechtliche Alternative wäre eine Beschlussfassung in einer Sondersitzung des Landtages, bei der alle Parteien zu Wort kommen und in einer öffentlichen Debatte die verschiedensten Interessen ausgelotet werden. In diesem Zusammenhang wäre auch die Reaktion des SPÖ-Regierungspartners Neos spannend, dessen „liberale Trademark“ während der letzten Monate kaum mehr ersichtlich war.
Die SPÖ-Corona-Hardliner Ludwig und Hacker sollten sich mehr darauf besinnen, die Impfraten in der Bundeshauptstadt zu erhöhen anstatt die Bürger mit Tests, Maskenpflicht und Sonderregeln zu traktieren und ein immerwährendes gesellschaftliches Klima der Angst und Panik in der Millionenmetropole aufrechtzuerhalten. Wien ist Schlusslicht bei der Einhaltung der Impfpflicht, 16 Prozent verstoßen mit Stand 7. März gegen das Impfpflichtgesetz. Was aber noch wesentlicher und brisanter ist: Wien ist bei den vulnerablen, älteren Personen klarer Letzter im Bundesländervergleich. Nur 80 Prozent der 65-74jährigen, 87,3 der 75-84jährigen und 81,5 Prozent der über 84jährigen haben ein aktives Impf-Zertifikat. Und gerade diese Altersgruppen setzen sich bei fehlender Immunisierung einem erhöhten Gesundheitsrisiko aus.
Wien wurde 10mal zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt und ist eine von allen Altersgruppen weltweit geschätzte Tourismus- und Kulturmetropole. Die Trademark der „Stadt der Masken“ ist bereits – in positivem Sinne - an eine andere (Lagunen)-Stadt vergeben. Die SPÖ Wien sollte daher ihren wenig subtilen Widerstand gegen den Kurs der türkis-grünen Bundesregierung aufgeben und die Sonder-Maßnahmen so schnell wie möglich beenden. Tips dazu können Ludwig & Hacker ja von den sozialdemokratischen Regierungschefinnen in Schweden und Dänemark einholen. Stockholm und Kopenhagen sind immer eine Reise wert. Ebenso wie ein Wien ohne FFP2-Maskenpflicht, Teststationen und Zutrittskontrollen.
„The only Time I feel alive is when I´m painting“ – Ein Zitat des berühmten niederländischen Malers Vincent van Gogh (1853-1890), das alle paar Minuten auf einer der Wände der Ausstellung „Van Gogh Alive“ in der Metastadt aufscheint. Diese tourt bereits seit mehr als 10 Jahren durch die Welt und war in bereits in mehr als 70 Städten zu sehen.
Es handelt sich dabei um keine konventionelle Retrospektive eines Künstlers, bei der Originalbilder präsentiert werden, sondern um eine immersive Multimedia-Ausstellung, im Rahmen der rund 3000 Bilder, Animationen und Zitate in einem 1200 Quadratmeter großen Saal auf die Wände projiziert werden. Das Programm dauert ca. 45 Minuten, die Besucher können sich – nach einer kurzen Einführungs-Galerie über die Werke und das Leben van Goghs – frei in den Räumlichkeiten bewegen oder sich auf den seitlich platzierten Sandsäcken und Sesseln niederlassen. Für Selfies eignen sich besonders das eigens produziertes physisches Modell des Schlafzimmers von Arles und ein verspiegeltes Sonnenblumenfeld abseits der Projektionen.
Geboten wird – per raumumgreifender Projektionsshow – ein chronologischer Überblick über das – kurze – künstlerische Schaffen des niederländischen Expressionisten zwischen 1880 und 1890. In dieser Zeit schuf Van Gogh ca. 800 Gemälde, zahlreiche Briefe vor allem an seinen Bruder Theo van Gogh deklarieren sein damaliges Kunstverständnis. Der am 30. März 1853 in Groot-Zundert geborene Vincent van Gogh begann seine Karriere als Künstler erst mit 27. Seine ersten Werke zeigten das einfache Leben von Bauern und Arbeitern. In Den Haag wurde er vom bekannten Maler Anton Mauve in die Aquarell- und Ölmalerei eingeführt. Neben Zeichnungen von Minenarbeitern und urbanen Häusern fertigte er erstmals Landschaften in Öl an. Zurück im Elternhaus in Nuenen (1884) malte er innerhalb weniger Monate über 180 Gemälde, darunter „Die Kartoffelesser“ und den „Webstuhl mit Weber“.
Leben konnte Van Gogh von seiner Kunst nicht. Nachweislich verkauft hat Van Gogh – zu Lebzeiten – ein einziges Werk, und zwar den „Roten Weinberg von Arles“ um 400 Francs an die impressionistische Malerin Anna Boch. Die berühmtesten Werke des niederländischen Ausnahmekünstlers entstanden in den letzten 3 Jahren vor seinem Tod. Van Gogh lebte zu dieser Zeit in Paris (1886-1888) und in der südlichen Provence, im wunderschönen Arles (1888-1889). In dieser kreativen Ära van Goghs entstanden u.a. die Sonnenblumen-Motive, die „Cafeterrasse am Abend“ und die „Sternennacht über der Rhone“, die mit ihren kräftigen Farben und ihrer Intensität auch das persönliche Glücksgefühl des Künstlers ausdrückten.
Dies änderte sich im Dezember 1888, als sich van Gogh nach einem Streit mit seinem Maler-Freund Paul Gauguin im Absinth-Rausch selbst ein Ohr abtrennte. Selbstporträts mit verbundenem Kopf durften nicht fehlen. Nach weiteren psychischen Anfällen folgte eine Einweisung in die Nervenheilanstalt in St. Remy, wo van Gogh u.a. die weltberühmte „Sternennacht“ (18. Juni 1889) erstellte, deren visuelle Kombination mit anderen nächtlichen Landschaftsbildern zu den Highlights der Ausstellung zählt.
In den letzten zwei Monaten seines Lebens wohnte van Gogh in Auvers-sur-Oise (30 km von Paris entfernt). Er malte dort – bei gleichzeitiger persönlicher Betreuung durch den Arzt Paul Gachet - innerhalb von 70 Tagen 60 Zeichnungen und 75 Bilder. Leider auch sein letztes: „Weizenfeld mit Raben“ (Juli 1890). Am 27. Juli 1890 schoss sich Van Gogh in einem Feld eine Kugel in die Brust, zwei Tage später starb er.
Wie zeigt dies die Ausstellung? Mit einem Schuss-Geräusch und panisch wegfliegenden Raben. Das Original-Gemälde hängt im Van Gogh-Museum in Amsterdam.
Kulturelles Universalgenie Lars Eidinger: Der 1976 in West-Berlin geborene Schauspieler ist nicht nur auf zahlreichen Theater-Bühnen (wie kürzlich als „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen oder als „Hamlet“, „Richard III“ und „Tartuffe“ auf der Berliner Schaubühne), in populären TV-Serien (wie in „Babylon Berlin“), in progressiven Videoclips (u.a. von Deichkind) und Kino-Streifen („Alle anderen“, „Mackie Messer“, „Werk ohne Autor“, „Nahschuss“) zu sehen, sondern mixt auch als DJ im Rahmen seines „Autistic Disco“-Konzepts auf, betreibt einen Instagram-Account mit mehr als 87.000 Followern und publiziert – als fließenden Übergang dazu – seine spannendsten Fotos in diversen Ausstellungsräumen. So in der Hamburger Kunsthalle, wo Eidinger gemeinsam mit Stefan Marx unter dem Titel „Klasse Gesellschaft“ niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts in Konnex mit der Gegenwart zieht, oder in der neu eröffneten Alba-Gallery in der Wiener Schleifmühlgasse 3.
Die Wiener Exhibition trägt von außen kommend den Titel „EVIL“. Drinnen verweilend liest man auf der Glasscheibe „LIVE“. Ein kongeniales Palindrom, das den kreativen Pfad der Exhibition darstellt. Eidinger will mit seinen durch genaue Beobachtung entstandenen Fotos „die Gesellschaft spiegeln“. Und konterkariert damit auch das Vorurteil, dass Menschen, die dauernd aufs Smartphone starren, die Welt in ihrer Pracht, aber auch ihrer Diversität und Skurrilität nicht mehr erkennen.
Da drängt sich eine Touristin neben einem unter einem Zelt lebenden Obdachlosen, damit sie die Kathedrale von Notre Dame fotografieren kann. Zwei Personen betrachten teure Gegenstände einer Luxus-Boutique, während direkt vor ihren Füßen ein armer Mensch sich auf der Straße ausschläft. Eine komplett schwarz vermummte Person, sitzt, vermutlich mittellos, auf einem umgekippten Supermarkt-Wagen, während Eidinger gleichzeitig den Bankomaten im Hintergrund anvisiert. Ein Baum bahnt sich seinen Weg durch einen Pflasterstein-Boden. Im Louvre steht eine riesige Menschenmenge vor der weltberühmten „Mona Lisa“ und wird – frontal fotografiert – dadurch fast Bestandteil des gegenüberliegenden Veronese-Monumentalgemäldes der „Hochzeit von Kana“. Bei der Jesus einst Wasser in Wein verwandelt hat.
Direkt beim Schaufenster platziert ist ein Disco-Würfel mit einer bunten Light-Show. Zumindest hier darf ohne Regeln und ohne Scheu gefeiert werden. Eine Wand-Uhr in Form einer gekreuzigten Jesus-Figur (bei der das Kreuz als Stunden- und Christus als Minutenzeiger agiert) durchläuft zweimal pro Tag den in der Satanisten- und Okkultismusszene verwendeten Status des „umgekehrten Kreuzes“.
Bei zahlreichen, auch skurrillen Moment-Aufnahmen macht sich Eidinger scheinbar unsichtbar. „Der Trick ist, dass man mit seiner Umgebung schwingt“, so der Künstler in einem Interview. Der gleichzeitig betont, dass er bereits vor seiner Schauspielerei fotografiert habe. Quod erat demonstrandum: Eines seiner ersten Fotos, ein verschwommener Hamster in einer Klopapierrolle aus dem Jahre 1982.
ALBA Gallery
(4., Schleifmühlgasse 3)
Lars Eidinger, bis 26. März
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr
Sa.: 12 – 16 Uhr
„An der Zeitgenossenschaft fährt kein Weg vorbei. Und Sachen, an denen man eh nicht vorbeikommt, sollte man mit Leidenschaft erledigen. Dann ist es weniger fad.“ Gesagt, getan. Nach mehr als 20 Programmen und zahlreichen Auszeichnungen (wie dem österreichischen Kabarettistenpreis und dem Deutschen Kleinkunstpreis 2016 für „Der Tolerator“) im Laufe seiner über 30jährigen Karriere präsentierte der Wiener Kabarettist Thomas Maurer im Wiener Stadtsaal sein neuestes Werk unter dem Titel „Zeitgenosse aus Leidenschaft“.
Einziges Requisit auf der Bühne: Ein Sessel, auf dem sich der Kabarettist manchmal niederlässst und – eingebettet in eine Alltagshandlung (dem Kauf eines Poolsaugers) – über das Leben und die Gesellschaft philosophiert. Im Mittelpunkt stehen dabei weniger die Corona-Krise („einfach scheiße, blockiert das normale Leben“) oder die politischen Missstände (die werden ohnehin gemeinsam mit den „Staatskünstlern“ Florian Scheuba und Robert Palfrader scharf debattiert), sondern die Auswüchse des modernen Zeitgeistes, garniert mit spannenden Details und hintergründigem Schmäh.
Maurer zieht einen fast brutalen historischen Konnex zwischen dem Kannibalismus der Azteken und den 15.000 Toten im Rahmen der Errichtung der Infrastruktur für die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar und ruft zum Boykott der WM auf. Im Kreuzfeuer der Kritik steht auch der US-Amazon-Multimilliardär Jeff Bezos, der mit einer „Penis-Rakete“ Richtung All startet. Oder die reichsten Familien von Florenz, die sich zwischen 1423 und der Gegenwart nicht verändert haben.
Zu Beginn des Programms thematisiert Maurer die im urbanen Milieu grassierende „Alles Woke“-Bewegung. Und überlegt sich gleichzeitig, diesen Part am Land wegzulassen. „Die glauben sonst, ich war vorher asiatisch essen“. Die gesamte Show wird fleißig gegendert, „außer bei Arschloch und Nazi“. Denn: „Gegenderte Sätze sind wie Windkraftparks: Nicht schön anzusehen, aber ganz ohne wird es auf Dauer auch nicht gehen.“
Ein besonderes Anliegen sind Maurer auch die negativen landschaftlichen und kulturellen Veränderungen in Österreich. „Am Land sind die Menschen konservativ, so ein Art Naturgesetz. Aber was ist am Land konserviert worden? Das Ortsbild oder die dörfliche Kultur?“ Die Landbewohner behaupten zwar, es sei ihnen in der Stadt zu anonym. Tatsächlich aber seien die Dörfer ausgestorben, „kein Greissler, kein Wirtshaus, keine Post“. Unterwegs seien keine lebenden Menschen, sondern nur die SUV´s, die er als „Werkfahrzeuge vom Todesstern“ metaphorisiert.
Bei seiner Autofahrt im Speckgürtel darf natürlich auch die Bodenversiegelung nicht fehlen. Mit Wehmut denkt er an den Süden Wiens von früher, durch den sich Beethoven einst zur „Pastorale“ inspirieren ließ. „So sieht das Anthropozän aus, wenn der Baumeister der Schwager vom Bürgermeister ist“, so seine zynische Bemerkung über ein Shopping Resort außerhalb Wiens, bei dem einstöckige Betonhallen mit Riesenparkplätzen nebeneinander platziert worden sind.
Dazu historische Reminiszenzen an Andreas Hofers Kampf gegen die Bayern, unterhaltsame Suchtanalysen („Als freier Künstler brauch ich ka Abhängigkeitsverhältnis“), Gedanken an die eigene Jugend als Ministrant, „böse“ Seitenhiebe auf die „Salonbobos“ und ein humorvoller Blick auf japanische Reisegruppen, die Kunstwerke im Smartphone-Display statt in Echtzeit betrachten. Wie die verspätete Klospülung im Flugzeug.
Maurers neues Programm: Eine politisch korrekte Magical Mystery Tour durch das 21. Jahrhundert mit vielen intelligenten Denkansätzen, lässigen Aphorismen und subtilen Zeitgeist-Kommentaren. Oder wie es Maurer selbst formuliert: „Sarkasmus ist die Würze der Debatte“…
„All the lonely people. Where do they all come from. All the lonely people. Where do they all belong?“ tönt es fragmentarisch von der Bühne des Wiener Volkstheaters. „Eleanor Rigby“, der Kult-Hit der Beatles, darf in der von Jan Friedrich und Volkstheater-Chef Kay Voges inszenierten modernen Version der „Einsamen Menschen“ nicht fehlen.
Der Naturalist und spätere Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann hat dieses Werk 1890 – mit 27 Jahren – geschrieben. „Einsame Menschen“ ist nach „Vor Sonnenaufgang“ und „Das Friedensfest“ sein 3. Drama und wurde damals nicht nur in Berlin, sondern auch am Wiener Burgtheater aufgeführt. Die Thematiken – Freiheit, Traditionen, Familienglück, Beziehungsformen – sind trotz anderer gesellschaftlicher Strukturen auch heute noch, mehr als 130 Jahre später, brandaktuell.
Im Mittelpunkt steht das junge Ehepaar Johannes und Käthe Vockerat, die – gemeinsam der Mutter von Johannes und dem Künstler und langjährigen Freund Braun – separiert auf einem Landgut außerhalb der Stadt wohnen. Der Akademiker Johannes vertieft sich in philosophische Ergüsse anstatt aufs Geldverdienen, seine Ehefrau Käthe kümmert sich um das gemeinsame Baby. Intellektuell haben sich die beiden nichts zu sagen, was Johannes seiner Ehefrau auch verbal spüren lässt. Käthe, gespielt von Anna Rieser (die wie auch die anderen Darsteller zum neuen ständigen Ensemble des Volkstheaters zählt), wird zu Beginn des Stücks (und auch am Ende) ganz in Dunkel positioniert, umhüllt von Bühnennebel mit Baby in beiden Armen.
Ganz im Gegensatz dazu die Studentin Anna Mahr (gespielt von Gitte Reppin), die ihren Jugendfreund Braun auf dem Landgut besucht. In grellgelbem Kleid, sonnenbebrillt und mit geballter Lebenslust bringt sie das bis dahin trostlose Leben der vier Landgutbewohner durcheinander. Johannes verliebt sich in die weltgewandte, junge Frau und wird zum „Sinnerman“. Nina Simones lasziver Track versetzt neben zahllosen Lichteffekten die Handlung auch soundtechnisch in die Gegenwart. Die Stimme der Verantwortung und des Traditionalismus wird verkörpert durch die strengen Worte des Vaters (Stefan Suske), der am Ende des Stückes auftritt. Der egoistisch-verzogene Sohn lässt sich von dessen konservativen Wertvorstellungen nicht mehr beeindrucken, seine vermeintlich neue Liebe allerdings steht immer wieder kurz vor der Abreise, während die biedere Ehefrau versucht, ihre inneren Zwänge abzulegen und sich ebenfalls in eine Femme Fatale zu verwandeln. Ob es gelingt, bleibt abzuwarten.
Der Vorhang schließt sich auf jeden Fall mit einem Hit des Schockrockers Marilyn Manson: „We are sick, fucked and complicated“. Das hätte auch Hauptmann gefallen…
Es war die letzte Friday Club Night in der Millionen-Metropole Wien, 3 Tage vor dem 4. Lockdown am 22. November 2021. Hunderte junge Party People warteten in einer langen Reihe neben der Staatsoper auf Einlass und auf verpflichtende Impfpass- und PCR-Test-Sicherheitskontrollen. Erst zwei Tage zuvor verhängte der SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig per Verordnung eine 2 G-Plus-Regelung für die Wiener Clubbing-Szene. Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Drinks auf offener Straße, fröhliches Gelächter, Wiener, Deutsche, Italienerinnen, Spanierinnen, eine lässige, multikulturelle Crowd, die noch einmal die Nacht zum Tag machen will. Zu einer Zeit, als die Büchse der Pandora bereits geöffnet wurde.
Epizentrum des Tanz auf dem Vulkans ist der O-Klub in der Albertina-Passage. Ein neuer Club im Herzen der Stadt Wien, der von den ehemaligen Horst-Betreibern im Dezember 2019 eröffnet wurde und – ähnlich dem Vorgängerclub in der Rotgasse - jeden Freitag mit hochkarätigen House- und Techno-Acts für Riesenandrang sorgt. Main Act am 19. November ist der aus Dresden stammende DJ und Produzent Tino Piontek aka Purple Disco Machine. Das Pseudonym resultiert aus einer spontanen Verquickung des Prince-Hits „Purple Rain“ und Gloria Estefans Miami Sound Machine mit dem Genre Disco.
PDM, zweitpopulärster Beatport Artists of All Time mit neun Millionen monatlichen Spotify-Hörern, hat parallel neben zahlreichen Remixes (u.a. für Dua Lipa, Calvin Harris oder Elton John) gerade sein zweites Album „Exotica“ veröffentlicht, darin enthalten die Superhits „Hypnotized“ (mit der britischen Indie-Band „Sophie and the Giants“), „Fireworks“ und „Dopamine“, allesamt Teil eines mehr als zweistündigen, schweißtreibenden High Energy-Mixes im prallgefüllten O-Club. Dazu PDM-Remixes des Human League-Klassikers „Don´t you want me“ oder Sophie Ellis Bextors „If this ain´t love“, „Groove is in the Heart“, „Blue Monday“ oder der dirty angehauchte 80´s-Gay-Klassiker „Male Stripper“. Disco-, Funk- und House-Tracks, mit denen PDM nicht nur die O-Crowd, sondern die Dancefloors weltweit zum Kochen bringt. From New York, Rio to Ibiza…
Enttäuscht ist der bereits seinen Jugendjahren als DJ tätige Piontek vom Umgang der Politik mit der Entertainment-Branche: „Kultur und gerade die Kleinkunst wird völlig ignoriert. Meine größte Angst ist, dass es gerade die kleinen Clubs und Bars nach der Pandemie nicht mehr geben wird.“
„Lockdown is temporary, Moments together are forever. We can´t wait to soon dance with you all again. Until then stay healthy!“ postete der O-Club Ende November auf Facebook. Das Wort „temporär“ trägt in Österreich leider eine Endlosschleife. Während in anderen europäischen Staaten (wie England, Serbien oder Spanien) nicht nur zu Silvester exzessiv gefeiert wurde, sind in Österreich Clubs und Nachtgastronomie seit 22. November geschlossen. Von einer Reopening-Strategie seitens der Politik ist nichts bekannt. Wien ist auf dem gefährlichen Weg, wieder eine „tote Stadt“ zu werden.
Er gilt als Chronist der britischen Rave Culture und der Berliner Love Parade, als EU-, Anti-Brexit und LGBT-Aktivist, bekam als erster Fotograf und nicht britischer Künstler den Turner Prize (2000) und war mit seinen Motiven, Installationen und Abstraktionen bereits in den renommiertesten Museen der Welt (wie dem Tate Modern London, dem Metropolitan Museum in New York oder dem Moderna Museet in Stockholm) vertreten: Wolfgang Tillmans.
„Obwohl ich weiß, dass die Kamera lügt, halte ich doch fest an der Idee von einer fotografischen Wahrheit“, so der Star-Fotograf in einem „Zeit“-Interview. In Österreich konnte man Tillmans Foto-Art vereinzelt in diversen Sammel-Ausstellungen betrachten. Das Mumok im Wiener Museumsquartier widmete dem in Berlin und London lebenden deutschen Künstler im 2. Stock und im Untergeschoß erstmals eine große Solo-Exhibition mit über 250 (!) Werken, kreativ und prägnant zusammengestellt wie eine musikalische Komposition.
Großformatige Werke astronomischer Erscheinungen hängen direkt neben kleinen Porträtfotos (unter denen sich auch Pop-Superstars wie Lady Gaga und Nenah Cherry oder persönliche Freunde wie die späteren Szene-Ikonen Lutz und Alex mischen), Foto-Serien (wie der „After Party“ aus der Club Culture der 90er), polit-aktivistische Shots (von Lampedusa, Black Lives Matter-Demos bis hin zu diversen Gay Prides) und fotografischen Meisterleistungen.
„Schall ist flüssig“, das den Titel der Ausstellung prägende Foto aus dem Jahre 2021, ist eine davon. Es zeigt einen Tropensturm als Stilleben, die Wassertropfen erscheinen aufgrund der kurzen Belichtungszeit tatsächlich als Punkte und nicht als Striche. Oder „Lüneburg“ (self), das als Tillmans´ kommunikative Analyse der Corona-Pandemie zu interpretieren ist. Man sieht ein I-Phone, das an eine Wasserflasche angelehnt ist. Auf dem Handy-Screen erkennt man rechts oben Tillmans, der von einem Krankenhausbett aus diesen fotografiert, der Empfänger ist nicht erkennbar, nur eine rosa Decke erscheint im Hintergrund. In Zeiten von Ausgangssperren, Lockdowns und sozialer Isolation der einzige Weg, um mit Freunden in Kontakt zu treten.
Zu den avantgardistischen Highlights moderner Fotografie zählen die im Berliner Berghain ausgestellten „Freischwimmer“-Motive, die Tillmans mittels künstlicher Lichtquellen auf lichtempfindlichem Fotopapier erzeugt hat, die „paper drops“ (Fotopapier-Bögen in der Gestalt von Tropfen) und die ebenso kameralos produzierte „Silver“-Serie, deren finale Ausgestaltung von der Mechanik der Entwicklermaschine abhängt.
In einem verdunkelten Raum präsentiert Tillmans seine erstmals auf der Architekturbiennale Venedig 2014 publizierte Installation „Book for Architects“, die auf 2 Kanälen 450 Fotografien von Häusern, Innenräumen und Außenfassaden zeigt. Tillmans ist einerseits beeindruckt von der modernen Architektur, andererseits kritisiert er die Eitelkeit der Urheber, die sich mit ihren Projekten unwiderruflich in die Lebensrealität der Menschen drängen.
Im Untergeschoß des Mumok ist Tillmans nicht nur mit einer undergroundigen Tate Modern-Fotogalerie vertreten, sondern auch mit einer Videoclip-Compilation seines kürzlich erschienenen Debüt-Albums „Moon in Earthlight“, die man lässig chillend im Kinosessel betrachten kann.
Das Museum of Modern Art New York plant derzeit eine Retrospektive Tillmans. Das Mumok Wien kann stolz darauf sein, diesem Universalgenie bereits vorher attraktive Räume für sein kreatives Schaffen geboten zu haben. Oder wie Tillmans stets in Interviews betont: „Pictures create space“…
Die 80er: Grassierender Neoliberalismus unter Thatcher und Reagan, der Ost-West-Konflikt, Tschernobyl, Yuppies, Waver & Punks, MTV, Digitalisierung, die tödliche Seuche Aids. Themen, die sich auch in der Kunst der 80er widerspiegeln.
Stilpluralismus ist insofern das Kennzeichen der Kunstszene der turbulenten 80er. Die Albertina Modern zeigt nach der – „nur“ auf österreichische Künstler bezogenen Ausstellung „The Beginning – 1945 bis 1980 – einen Streifzug durch nationale und internationale Kunstströmungen der Eighties. Die Werke stammen einerseits aus der eigenen Sammlung, andererseits von privaten Leihgebern.
Aus Österreich vertreten sind die „Neuen Wilden“ rund um Herbert Brandl, Franz West oder Maria Lassnig, die 1980 die USA verließ und in Wien an der Hochschule für Angewandte Kunst unterrichtete. Brigitte Kowanz präsentiert in einem eigenen Raum ihre damals hypermodernen Artefakte aus Flaschen und Neonröhren.
In Amerika entstanden in den 80ern – parallel zur Hip Hop-Bewegung – die Graffiti-Kultur und die Street Art. Protagonisten von damals, der später an AIDS verstorbene Keith Haring („Subway Drawings“), Jean Michel Basquiat und Kenny Scharf, sind mit ihren kreativen Schöpfungen in der Albertina Modern vertreten. Ebenso die Installationskünstlerin Jenny Holzer, die ihre Messages im öffentlichen Raum verbreitete. Eine Sitzbank beispielsweise zitiert den Spruch „You should limit the number of times you act against your nature. Like sleeping with people you hate“.
Viele Künstler lehnten explizit die Moderne ab, sie bezogen sich stattdessen bewusst auf die Werke anderer Künstler und verstanden den Akt des Kopierens und das Resultat selbst als Kunst. Der Sammelbegriff: „Appropriation Art“, zu der u.a. Cindy Sherman mit ihren „History Portraits“, Sherrie Levine oder Robert Longo zählen.
Angesagt in den 80ern waren auch grelle, großformatige Malereien im Stile des Neoexpressionismus und der Transavantgarde. Prominente Vertreter: Der Italiener Francesco Clemente (der mit Warhol und Basquiat 15 „Collaborations“ anfertigte), Sandro Chia oder Helmut Middendorf, dessen 1979 entstandenes Bild „Electric Night“ die Nightlife-Subkultur der damaligen Zeit veranschaulicht.
Extravagant die Holz-Skulptur „The Bear and the Policeman“ von Jeff Koons, die nur äußerlich niedlich anzusehen ist. Der amerikanische Künstler sieht in dem Plüschtier nur ein Kostüm, hinter dem sich auch eine gefährliche Person mit dunklen Absichten verstecken kann. Ein direkter Konnex zu den fragwürdigen Methoden demokratischer Gesellschaften von heute.
Grell, divers, bizarr, ambivalent: Die spannende Tour durch die Kunst der 80er ist von 10. Oktober 2021 bis 13. Februar 2022 in der Albertina Modern zu sehen…
Eine heile Welt, die eine Weile hält“ – Eine knallige Zeile, die in der krisengeschüttelten Gegenwart nicht besser passen könnte. Tatsächlich stammt dieser dichterische Erguss aus einem Schüttelreim Gunkls bei einem Live-Auftritt der Familie Lässig vor einigen Jahren. Jetzt ist er gleichzeitig PR-Album-Teaser, Titel und Refrain des gerade erschienenen zweiten Albums „Eine heile Welt“ und des gleichnamigen Opening Tracks. Jeweils mit Rufzeichen, denn dahinter stehe eine Hoffnung, eine Forderung, so Sänger und Gitarrist Gerald Votava.
Die Famile Lässig kann man getrost als Supergroup bezeichnen. Ihre Ursprünge hat sie im Jahr 2014, als sie bei einer Benefizveranstaltung für den Verein „Purple Sheep“ im Wiener Stadtsaal Spenden sammelte. Damals mit kessen Coversongs, die auch heute noch teils zum Repertoire gehören (wie „Blumen im Sand“ von Steffi Werger, „Guten Tag“ von Wir sind Helden“ oder „Alles nur geklaut“ der Prinzen). Chefin der Band ist die Drummerin Catharina Priemer-Humpel, ihre Ehefrau, Clara Lucia, die „Königin“. Dazu 4 Typen – Sänger, Schauspieler und Kabarettist Manuel Rubey, Gerald Votava (aka „Der Mond“), „Jazzpolizei“ Boris Fiala und Satire-Original Gunkl. Besonderes Kennzeichen: Ein Matriarchat in der Familie.
Im Wiener Stadtsaal stellte die Familie Lässig jetzt erstmals ihr neues Album „Heile Welt“ vor. Ein Album, das in Kleingruppen produziert wurde und bei alle Familienmitglieder musikalisch zum Zug kommen. Die Themenauswahl weit gestreut: Von boboesken „Besserwissern“ bis hin zu Korruption („Mein Herz ist korrupt“) und Liebessehnsucht („Hund vor deine Dia“), garniert mit poppigem Indie-Rock-Sound. Aus der Kreativfabrik der Sterne bzw. der Berliner Band Britta stammen die Coverversionen „Risikobiographie“ und „Büro Büro“.
Bei „Nur nachts sind alle Schaukeln frei“ erinnert sich Rubey live an seine Zeit auf dem Kinderspielplatz mit seinen Töchtern, bei der genialen Mitsinghymne „Irgendwann wird´s wieder Sommer“ freut man sich schon auf die schönste Zeit des Jahres. Ohne Masken und Corona-Schikanen am wunderschönen Meeresstrand.
Part jeder Show ist das sogenannte „Gunkeln“, bei der der Kabarettist spontane Wortakrobatik auf Anfragen und Inspirationen des Publikums liefert. „Wird alles gut?“ fragte ein Premierengast. Gunkls Antwort: „Das ALLES gut wird, spüt´s ned!“ Ein toller Abend im ausverkauften Stadtsaal war es allerdings trotzdem. Auch ohne - reale - heile Welt!
Bereits im Jahr 2000 hatte der aus Österreich stammende und seit 1948 in Kanada lebende Künstler Kurt Yakov Tutter die Idee, eine Gedenkstätte für die in der Shoah ermordeten jüdischen Österreicher zu errichten. 21 (!) Jahre später ging sein Traum in Erfüllung.
Am 9. Oktober 2021, dem Jahrestag der Novemberpogrome 1938, wurden die Shoah Namensmauern im Ostarrichi-Park direkt vor der Nationalbank (9. Bezirk, Alsergrund) eröffnet. In einem Kreis wurden 180 in Italien geschliffene Granitplatten der Sorte Kashmir Gold aufgestellt, die jeweils eine Höhe von zwei Metern und eine Breite von einem Meter aufweisen. Auf diesen wurden die Namen aller 65.000 in der Shoah ermordeten jüdischen Männer, Frauen und Kinder eingraviert. Die Namensliste der Opfer wurde vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands recherchiert.
Initiator Tutter selbst flüchtete als Neunjähriger 1939 mit seiner Familie aus Wien nach Belgien. Seine Eltern wurden 1942 aus Brüssel nach Auschwitz deportiert. Jahrelang wurde über Standort und Finanzierung debattiert. Die Kosten von ca. 5,29 Millionen Euro trägt nun großteils der Bund (4,46 Millionen Euro), der Rest stammt von den Bundesländern (600.000 Euro) und einem Fundraising-Dinner der Industriellenvereinigung.
Im Jahr 1938 lebten in Österreich 210.000 Juden, von denen 65.000 bei ihrer Flucht scheiterten. 49.000 wurden gewaltsam nach Ost-Europa verschleppt, 14.000 aus Ländern wie Holland, Belgien oder Frankreich deportiert (die nachträglich von den Nazis erobert wurden), 2.000 wurden direkt in Österreich ermordet oder in die KZ´s Dachau und Buchenwald gebracht. Heute leben noch ca. 10.000 Juden in der Bundeshauptstadt Wien.
Das „Memorial to the Jewish Children, Women and Men of Austria who were murdered in the Shoah“ (so der englische Name) ist nicht die einzige Wiener Gedenkstätte an die im Nationalsozialismus ermordeten Juden. Seit dem Jahr 2000 steht auf dem Judenplatz der Stahlbetonkubus der britischen Künstlerin Rachel Whiteread, konzipiert als nach innen gerichtete Bibliothek („nameless library“), die die Lebensgeschichten der Juden versinnbildlicht.
„Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste“, sprach einst Heinrich Heine. Insofern fielen für Bücher-Freaks mit der – nach einem Jahr Pause – wieder stattfindenden Buch Wien einige Feiertage zusammen. Von 10. bis 14. November 2021 präsentierten 323 Aussteller aus 31 Ländern ihre Produkte, insgesamt 513 Autoren stellten in den Messehallen ihre neuesten kreativen Werke vor. Von Sachbüchern, Polit-Analysen, Biographien bis hin zu Romanen, philosophischen Ergüssen und Kinderbüchern. Ein besonderer Schwerpunkt wurde der von der schwedischen Autorin Astrid Lindgren erschaffenen Kult-Figur Pippi Langstrumpf gewidmet, deren erstes Buch vor 75 Jahren publiziert wurde. Als Gastland bei der Buch Wien vertreten war Russland, dessen großer Literat Fjodor Dostojewski dieses Jahr seinen 200. Geburtstag feierte.
Liebe in Zeiten des Hasses
„Weltgeschichte ist zur Hälfte Liebesgeschichte“ – So promotete der deutsche Autor Florian Illies sein neues Buch „Liebe in Zeiten des Hasses“, das sofort nach Erscheinen auf Platz 1 der Bestsellerlisten schoss. Im Mittelpunkt stehen dabei Liebes-, Sex- und Eifersuchtsgeschichten prominenter Zeitgenossen wie Sartre, Picasso, Brecht, Zweig & Co. während der (noch zügellosen) 30er. Akribisch recherchiert und spannend geschrieben.
Corona
Die Corona-Pandemie bzw. deren Begleiterscheinungen und das Phänomen Sebastian Kurz waren die Haupt-Themen bei den politischen Sachbüchern. ORF-Wissenschaftsjournalist Günther Mayr präsentierte sein mit Hans Bürger gestaltetes Buch „Entscheidung – Ein Virus diktiert“, Ingrid Brodnig („Einspruch“) gab einen Einblick in die täglich skurriler werdenden Verschwörungstheorien, und Robert Misik skizzierte die „neue Abnormalität“. Ex-Rockstar und Filmregisseur Reinhold Bilgeri verwendete die New Yorker-Lockdown-Atmosphäre als Hintergrund für seinen Roman „Die Liebe im leisen Land“, in dem ein verheiratetes Pärchen (Reporter Thomas Maas und Anwältin Amy Alister) ins emotionale Straucheln gerät.
Phänomen Kurz
Am 9. Oktober 2021 trat Sebastian Kurz als österreichischer Bundeskanzler zurück. Seine Taktiken und Tricks wurden bei der Buch Wien von Natascha Strobl und Peter Pilz schonungslos analysiert. „Radikaler Konservatismus“, so bezeichnet die Politikwissenschaftlerin Strobl die zuletzt im Zuge von Politikern (wie Trump, Johnson oder eben Kurz) konzipierten, von rechten bis rechtsextremen Parteien kopierten Strategien. Dazu zählen u.a. die Übernahme von Feindbildern (wie „fremdländische Kultur“ oder Feminismus), der Angriff auf Medien, NGO´s oder die Justiz und die tägliche Schlagzeilen-Politik („riding the news cycle“), die nur der eigenen Marke und nicht gesamtstaatlichen Zielen dient. Hinter die Kulissen des System Kurz blickt Peter Pilz mit seinem Buch „Kurz – Ein Regime“. Der türkise Ex-Kanzler sei ein reines Propagandaprodukt, der sich nicht für Politik, sondern nur für seine eigene Macht interessiert, so Pilz vor einer prall gefüllten Audienz in den Wiener Messehallen.
Einen anderen Ansatz wählte der 27jährige Wiener Schriftsteller Elias Hirschl, um die oberflächliche Yuppisierung der Politik anzuprangern. „Salonfähig“ heißt sein – unter dem zündenden Slogan „Austrian Psycho“ beworbene – Roman, dessen namenloser Ich-Erzähler Mitglied einer rechtskonservativen Partei („Junge Mitte“) ist. Sein großes Vorbild ist der junge Vorsitzende und künftige österreichische Bundeskanzler Julius Varga, Ähnlichkeiten mit realen Figuren sind natürlich nur rein zufällig.
Ein anderes politisches Kaliber war einst der sozialdemokratische Bundeskanzler Vranitzky, der auf der ORF-Bühne sein gemeinsam mit der Autorin Margarethe Kopeinig erstelltes Buch „Politik mit Haltung“ präsentierte. Vranitzky verwies dabei auf die Bedeutung des Kompromisses und des sozialen Ausgleiches in der Alltagspolitik und erinnerte an die Abkehr Österreichs von der „Opfertheorie“ in bezug auf die Ereignisse des 2. Weltkriegs durch seine parlamentarische Rede im Juli 1991.
Jugoslawien
Barbi Markovic, geboren 1980 in Belgrad, hat in den 90ern den Krieg in Jugoslawien hautnah miterlebt. Ihre Erfahrungen verarbeitet sie in dem flott und modern geschriebenen Roman „Verschissene Zeit“. Im Phil und auf der Standard-Bühne der Buch Wien servierte sie teils deftige Leseproben aus dem Coming of Age-Buch, in dem drei jugendliche Außenseiter per Zeitmaschine nicht durch die Kriegswirren, sondern auch durch ihre Pubertätskrisen driften.
Diskutiert wurde in einer Gesprächsrunde unter dem Titel „Mein Vaterland hat keinen Namen mehr“ über das Nachkriegs-Jugoslawien. Die einhellige Meinung: Die Jugend glaubt nicht an die neuen „Splitterstaaten“, man brauche neue Visionen, um die nationalistischen Strömungen zu überwinden.
Populismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit sind auch Thema in Nick Thorpes Buch „Die weinende Straße vor mir – Entlang der Balkanroute“. Der in Budapest lebende BBC-Korrespondent beschreibt ein realistisches Stimmungsbild über die Flüchtlingskrise in Südosteuropa. Den Erfolg Orbans erklärt er damit, dass die Ungarn aufgrund geringer Erfahrung mit ausländischen Kulturen für patriotische Botschaften („Haus Ungarn“) anfällig sind.
„China ist eine klassische Erziehungsdiktatur“, so Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust auf der ORF-Bühne. Social Credit-Systeme und eine digitale Dauer-Überwachung kennzeichnen das Ursprungsland der Pandemie, in dem alle Bürger eines Stadtbezirks mitten in der Nacht wegen eines Covid-19-Verdachtsfalls zu Tests verpflichtet werden. Aust hat gemeinsam mit dem Journalisten Adrian Geiges eine spannende Biographie über den Staatspräsidenten Chinas geschrieben: „Xi Jinping – Der mächtigste Mann der Welt“.
Ausgezeichnet wurden bei der Buch Wien auch die Gewinner des Österreichischen Buchpreises: Raphaela Edelbauer für ihr Science Fiction-Epos „Dave“ und Anna Albinus für ihren Debütroman „Revolver Christi“.
Obwohl durch die Corona-Krise die Menschen mehr Zeit haben, um Bücher zu lesen, stehen die Verlage unter finanziellen Schwierigkeiten. Ein Grund sind auch die gestiegenen Rohstoffpreise. Vor allem kleine Verlage haben Probleme, rechtzeitig Nachdrucke ihrer erfolgreichen Publikationen herzustellen.
Die nächste Buch Wien wurde jedenfalls bereits fixiert, sie findet zwischen 23. und 27. November 2022 statt…
„Selbstauslöserin“ heißt die aktuelle Ausstellung der 1936 in Haarlem (Niederlande) geborenen und seit 1954 in Österreich lebenden Künstlerin Margot Pilz in der Kunsthalle Krems.
Pilz ist seit den 70ern als Fotografin tätig, gilt als engagierte Feministin und als progressive Pionierin der Medienkunst, die sich genreübergreifend mit Fotografie, Video, digitaler Skulptur, Performance und Installation beschäftigt. Zu den Highlights der noch bis 3. April dauernden Ausstellung zählt eine moderne, durch die Umweltzerstörung beeinträchtigte Version der Installation „Kaorle am Karlsplatz“ (1982, Wiener Festwochen) und das extra für die Ausstellung konzipierte Werk „Die Göttin schuf Eva“ (2021).
Die Neonskulptur zeigt eine feministische Neudeutung der Schöpfung, angelehnt an Michelangelos Fresko in der Sixtinischen Kapelle. Diese kann – trotz der corona-bedingten temporären Schließung der Museen – aktuell besichtigt werden, und zwar im Wiener Stadtpark.
Im Rahmen der Wiener Lichtblicke ist das Werk von Margot Pilz im Form einer Lichtprojektion auf den Wien Fluss zu sehen. Ein heißer Tip für den nächsten nächtlichen Spaziergang durch das schöne Wien!
3 junge Mädchen im New Yorker Little Italy vor einer Häuserfassade, die Spaß daran haben, Kaugummiblasen zu fabrizieren und wieder platzen zu lassen. Ein Bild unbeschwerter Jugend mitten im Großstadtdickicht. Die junge, ursprünglich aus Baltimore stammende Fotografin Susan Meiselas hat Carol, JoJo und Lisa in den 70ern zufällig kennengelernt und hat diese beim Erwachsenwerden visuell begleitet. Die erste Zigarette, die ersten Küsse, der erste Liebeskummer, das unbeschwerte Tanzen am Strand ohne Eltern bis zur Hochzeit und Familiengründung. „Prince Street Girls“ nennt sich diese wunderbare, lebensjahende und melancholische Foto-Serie, die derzeit im Wiener Kunsthaus im Rahmen der Meiselas-Retrospektive „Mediations“ zu sehen ist.
Die Teenager-Erinnerungsfotos der drei Mädchen, mit denen Meiselas jetzt noch in Kontakt ist, zählen neben den Studenten-Porträts der „44 Irving Street“ und den „Carnival Strippers“, bei denen die Fotografin Jahrmarkt-Stripperinen und ihr Umfeld (teils begleitet von Audio-Tönen) abgelichtet hat, zu den Frühwerken der späteren New Yorker Magnum-Fotografin. Ende der 70er reiste Meiselas zufällig nach Nicaragua und wurde dort Zeugin einer Revolution. Die sozialistischen Sandinisten putschten gegen den damaligen Präsidenten Anastasio Somoza Debayle, der danach aus dem Land flüchtete. Eines der Fotos von Meiselas ging in die Geschichte ein. Auf dem Bild ein Mann, der Che-Guevara-ähnlich einen Molotov-Cocktail gegen die Soldaten-Armee des Diktators wirft, der „Molotov Man“.
„Wenn Bilder einmal in die Welt gesetzt wurden, dann gehören sie nicht mehr nur dir allein“, so Meiselas. Das war – trotz aller rechtlichen Barrieren – vor den sozialen Medien nicht anders. Die Fotografin zeigt in ihrer dreiteiligen Installation „Mediations“ eine Reihe von Originalbildern, den Hintergrund und wie diese Fotos in den verschiedensten Medien verwertet (und teils auch missinterpretiert) wurden. Der „Molotov Man“ selbst wurde zu einem Symbol der Revolution und ist auf Wänden, Streichholzschachteln, Broschüren und T-Shirts abgebildet. Die politische Situation dagegen hat sich nicht verändert. Der einstige Rebellenführer Daniel Ortega wurde selbst zum einem autoritären Herrscher, gegen den die Menschen seit Jahrzehnten auf die Straße gehen. Ein brillantes Facebook-Posting (das als Postkarte in der Ausstellung gratis erhältlich ist), zeigt unter dem Text „40 Years later“ ein frappant ähnliches Doppel-Bild mit dem Molotov Man aus dem Jahr 1978 und einem Widerstandskämpfer des Jahres 2018.
Weitere Schwerpunkte der Ausstellung sind häusliche Gewalt und das Leben in Frauenhäusern („A Room of their Own“) bzw. das langfristige Multi-Media-Projekt „Kurdistan“, das mittels Fotografien, Videos, Websites und schriftlichen Unterlagen Genozid und Diaspora der Kurden seit 1991 dokumentiert.
„Mediations“ ist von 16. September 2021 bis 13. Februar 2022 im Kunst Haus Wien zu sehen.
„Wohin zur Hölle mit den Depressionen? Ich geh in die Disko, ich will da wohnen“ – Ein Song der Sterne aus dem bpm-angehauchten Album „24/7“ im Jahre 2010. 11 Jahre später wurde er Realität. Im Rahmen ihrer Herbst-Tour 2021 statteten Mastermind Frank Spilker und seine Band dem cool-verruchten Techno-Club „Grelle Forelle“ am Donaukanal einen Besuch ab. Und zwar vor Mitternacht, wo der Club auch als Live-Location genutzt wird. Und ohne Depressionen, denn die Band freute sich, geimpft und in bester Spiellaune, auf die Nachholung der durch die Corona-Pandemie verschobenen Termine im Frühjahr 2020.
Von den Sternen der sogenannten „Hamburger Schule“ in den 90ern ist „nur“ mehr Sänger und Texter Frank Spilker vertreten, der Rest setzt sich aus bunt zusammengewürfelten Live- und Studiomusikern zusammen: Keyboarderin Dyan Valdes aus Kalifornien, die gerade eine Solo-Single („Fade away“) veröffentlicht hat, die beiden Gitarristen und Bassisten Philipp Tielsch und Max Knoth und der Schlagzeuger Philipp Janzen (gleichzeitig auch Lektor am Institut für Pop Musik der Folkwang Universität der Künste in Essen), der als Produzent den Stil des neuen 12. Albums maßgeblich geprägt hat.
Gleich zehn Songs der neuen, ganz lapidar „Die Sterne“ benannten, Platte standen auf dem Programm des zweistündigen Sets in Wien: Vom Opener „Der Palast ist leer“, der ersten Single „Hey Dealer“, dem fröhlichen Indie Pop-Track „Der Sommer in die Stadt wird fahren“ bis zum mehr als 7 Minuten langen, krautrock-ähnlichen Epos „Das Elend kommt (nicht)“, das die gefährlichen Strategien der Rechtspopulisten mit ihren schicken Frisuren, neuen Liedern, bunten Fähnchen und leicht verständlichen Sprachen thematisiert. Amüsant-lässig der mit scheinbar endlosen Textpassagen gestreute Angriff auf die Leistungsgesellschaft, „Du musst gar nix“. Beispiele gefällig: „Du musst nicht raus gehen, nur weil die Sonne scheint. Du musst auch nicht zu Hause bleiben, nur weil es regnet“, „Du musst dich nicht an dem nächstbesten Idioten orientieren, du kannst dich auch einfach so verlaufen“ oder „Du musst nicht verknallt sein, und du musst nicht hassen.“
Für einen tanzenden Hexenkessel mit Schlachtgesängen im Techno-Club sorgten die All-Time-Favourites der Hamburger Band: „Die Interessanten“, „Universal Tellerwäscher“, „Wahr ist, was wahr ist“ (dass das, was war, nicht mehr da ist) und „Was hat dich bloss so ruiniert“, in Wiener Hipster-Kreisen arriviert als Soundtrack-Hymne zum gleichnamigen Bobo-Film von Marie Kreutzer.
Zugaben durften natürlich nicht fehlen. Und während die letzten Töne der „besten Demokratien“ erklangen, saß Mastermind Spilker bereits am Merchandising-Stand und signierte die schmucken Vinyl-Exemplare seines neuen Albums. Ein echter Vollprofi, auf dessen nächsten Live-Auftritt wir bereits jetzt sehnsüchtig warten…
Fridays for Future are back on the Streets. Im Rahmen eines weltweiten Klimastreiks protestierten alleine in Wien mehr als 20.000 Demonstranten für Klimaschutz, eine Reduktion der Treibstoffgase, eine CO2-Steuer und im besonderen gegen den Bau der fast eine halbe Milliarden Euro teuren Stadtstraße Aspern und eines Lobautunnels.
Trotz der weltweiten Klimakrise sind die rechtlichen Möglichkeiten Einzelner, sich gegen die Klimazerstörung zur Wehr zu setzen, derzeit eher gering. Das Pariser Übereinkommen, das die einzelnen Staaten zur Einhaltung der internationalen Verträge verpflichtet, sieht keine gerichtliche Kontrollinstanz zur Überwachung der Klimaschutzziele vor. In einzelnen Ländern waren Klimaschutzklagen allerdings bereits erfolgreich. Die Umweltorganisation Urgenda beispielsweise klagte 2013 die niederländische Regierung auf eine Anhebung der nationalen Emissionsreduktionsziele (von 17 auf 25 %) und bekam in allen Instanzen Recht.
In Österreich klagt aktuell der an Multipler Sklerose erkrankte Mex die Republik auf eine Sicherstellung des Rechts auf Klimaschutz. Der 25jährige, der seinen Fall auch bei der Kundgebung der FFF-Demo am Praterstern schilderte, ist ab einer Temperatur von 25 Grad auf einen Rollstuhl angewiesen. Die per Crowdfunding eingebrachte Klage wird derzeit beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte behandelt.
Obwohl die Klimakrise sowohl das Recht auf Leben als auch das Recht auf Gesundheit unmittelbar tangiert, ist nach der derzeitigen Rechtslage eine grundrechtliche Geltendmachung beim Verfassungsgerichtshof nicht möglich. Ein Gutachten des Umweltrechtsexperten Daniel Ennöckl, das kürzlich im Parlament präsentiert wurde, legt allerdings Optionen nahe, die seitens der österreichischen Politik in Angriff genommen werden sollten. Eine individuelle Betroffenheit der Bürger sei insofern auch dadurch gegeben, als laut dem Studienautor bei einem Anstieg der Durchschnittstemperaturen zwischen 1,6 und 4,7 Grad bis ins Jahr 2100 „in Wien ähnliche klimatische Bedingungen herrschen könnten wie heute im senegalesischen Dakar“.
Ein Grundrecht auf Klimaschutz ist in drei Varianten denkbar. Der Staat könnte einerseits zu einer konkreten Reduktion der nationalen Treibhausgasemissionen, andererseits zur Klimaneutralität verpflichtet werden. Allgemeiner formuliert könnten auch angemessene Klimaschutzmaßnahmen normiert werden, die bei Nichteinhaltung durch die Bürger geltend gemacht werden können. Verankert werden könnte das Grundrecht auf Klimaschutz im BVG Nachhaltigkeit oder im Klimaschutzgesetz.
Es ist (mindestens) 5 Minuten vor 12. Die Bürger haben ein Recht auf einen adäquaten Lebensraum, auf den Schutz der Umwelt und eine gesunde Atmosphäre. Die Politik sollte daher rasch handeln und den Klimaschutz in den Verfassungsrang heben.
„Österreichs Popstar Nr. 1 ist tot“ – Diese Schlagzeile erschütterte am 6. Februar 1998 die gesamte Nation. Hans Hölzel aka Falco verunglückte tödlich bei einem Autounfall in der Dominikanischen Republik. Der in Wien-Margareten geborene Sänger übersah bei der Ausfahrt vom Parkplätz der „Turist Disco“ einen Bus, laut Autopsiebericht unter Einfluss von Alkohol (1,5 Promille), Kokain und THC.
Beim öffentlichen Begräbnis auf dem Wiener Zentralfriedhof begleiteten mehr als 4000 Fans den von den Motorradrockern „Outsider Austria“ getragenen Sarg und verabschiedeten sich vom Wiener Exzentriker, dessen Karriere im Wiener Underground bei Drahdiwaberl begann („Ganz Wien ist heut auf Heroin“) und bis in die Chartspitzen von England und Amerika mit seiner Mozart-Adaption „Rock me Amadeus“ führte. Das Grabmal, das aus 3 Bestandteilen (dem drei Meter hohen Obelisken aus rotem, afrikanischem Granit, der Glasplatte mit dem „Nachtflug“-Konterfei und der Stele mit der Inschrift „Hans Hölzel 1957-1998“) besteht, ist seitdem Pilgerstätte für Fans, Freaks und Touristen. Zu finden unter den Ehrengräbern der Gruppe 40, Nr. 64. (Direkt dahinter wurde übrigens das Grab des World-Musikers Kurt Hauenstein aka Supermax platziert.)
Im Rahmen der Donauinselfest-Tour 2021 wurden dem Falken und allen anderen „Anrainern“ am Zentralfriedhof (so Moderator Peter Rapp im Original-Ton) eine besondere Ehre zuteil. Die Gewinnerinnen des „Falceas“-Talentewettbewerbs der Falco-Privatstiftung präsentierten auf dem bunten Donauinselfest-Bus direkt vor der Friedhofskirche Falco-Klassiker, Cover-Songs und Eigenkompositionen.
Die „Falceas“-Siegerin 2021 Laura Tross beeindruckte die zahl