„Dog Days bite back“: Ausstellung von Umweltaktivist Oliver Ressler im Belvedere 21

„Dog Days bite back“: So lautet der scharfzüngige Titel der Ausstellung des Künstlers und Umweltaktivisten Oliver Ressler im Belvedere 21. Der Foto-Teaser zeigt einen aggressiven, zähnefletschenden Hund vor einer brennenden Landschaft. Eine Metapher, die sogar durch ein Zitat gestützt ist. „The Dog days of summer are not just barking, they are biting“, so der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres im Vorjahr anlässlich des heißesten Sommers der Messgeschichte.

 

Die Foto-Montage ist eine von 18 Fotografien auf einer Wand, die mit kurzen Botschaften und intensiver Bildtechnik den Ernst der Lage widerspiegeln. „Arctic permafrost ist less permanent than its name suggests“, „More than half of the world´s original forests have already disappeared“, „Every round trip on flights from New York to London costs the Arctic three more square meters of ice“ oder „The last time there was as much carbon dioxide in the atmosphere as there is today humans didn´t exist“ sind bei weltweiten Umwelt-Demos oder als Memes in den sozialen Netzwerken state of Art. Die Anti-Lobautunnel-Motive waren unter der Trademark „Die Wüste lebt“ bereits Gegenstand einer Ausstellung im Museumsquartier. 

 

Der 1970 in Knittelfeld geborene und in Wien lebende Ressler, der neben zahlreichen Einzelausstellungen an über 400 Gruppenausstellungen (u.a. an der Documenta 14 in Kassel, im Reina Sofia Madrid oder im Centre Pompidou Paris) teilnahm, verwendet als künstlerische Ausdrucksformen nicht nur Fotos und Collagen, sondern auch Installationen und die Filmtechnik. Einige seiner bis dato 42 Filme sind auch im Belvedere 21 zu sehen. 

 

„Anubumin“ (= „Nacht“ auf Nauruisch) aus dem Jahre 2017 zeigt – in Zusammenarbeit mit der australischen Filmemacherin Zanny Begg – die Geschichte der pazifischen Insel Nauru, die nach einem Raubbau an den Bodenschätzen zuerst zur Steueroase und dann zum australischen Auffanglager für Flüchtlinge mutierte. 4 Whistleblower, getarnt als Ärzte und Pflegerinnen, berichten in dem Film über die katastrophalen Zustände auf der Insel. Die Vierkanal-Videoinstallation „Occupy, Resist, Produce“ (2014-2018) wiederum wirft einen Blick auf engagierte Arbeitskämpfe in besetzten Fabriken Mailand, Roms, Thessalonikis und Gemenos während der Wirtschaftskrise 2007. 

 

„Climate Feedback Loops“, zuletzt auch beim Donaufestival 2023 in der Kunsthalle Krems zu sehen, zeigt die immer stärker werdende Eisschmelze in der Arktis rund um die Insel Svalbard zwischen der Nordküste Norwegens und dem Nordpol, die zu einem Auftauen der Permafrostböden und zum Entweichen des Treibhausgases Methan in die Atmosphäre führt. Klimarückkopplungseffekte, die nur durch Dekarbonisierung und eine radikale Änderung der Klimapolitik verhindert werden können.

 

Im Video „Carbon and Captivity“ thematisiert Ressler die umstrittene neue Technologie „Carbon Capture and Storage“ (CSS), bei der CO2 im Boden oder im Meeresgrund dauerhaft gelagert werden soll. Eine kostenintensive Methode, die mit Gefahren (beispielsweise durch Erdbeben) verbunden ist und von Ölkonzernen gefördert wird. Mitten im Ausstellungsraum hängt dazu kongenial die „Oil Spill Flag“, die Nationalflagge Norwegens, versehen mit einem schwarzen Ölfleck. Sie zeigt symbolhaft die Ambivalenz der aktuellen Tendenzen der Bekämpfung der Klimakrise: Norwegen gilt zwar als Protagonist der Dekarbonisierung der Wirtschaft, finanziert diese aber laut Ressler durch Erdölförderung.

 

In der Fotoarbeit „The Economy is wounded, let it die“, benannt nach einem Spruch aus den Pariser Studentendemonstrationen, zeigt Ressler zwei überladene Containerschiffe in Seenot. Eine scharfe Kritik Resslers an den Schiffs-Transportexzessen aus dem globalen Süden, die durch die Schwerölverbrennung ökologische Katastrophen auslösen.

 

Die Klimaaktivisten werden in Resslers Ausstellung repräsentiert durch die „New Model Army“, vier verkleideten Schaufensterpuppen mit zündenden Slogans. „Coal Kills“ zeigt in Form eines wandfüllenden Digitaldrucks eine Blockade des zweitgrößten Kohlehafen Europas, Amsterdam, durch die Gruppierung Code Rood. Direkt daneben platziert ist ein bei Demonstrationen oft eingesetzter Tripod, versehen mit Bohrköpfen aus der Erdölindustrie.

 

Oliver Ressler zeigt in seiner Exhibition einen Überblick über seine bisherigen Werke, chronologisch beginnend mit seinem Gemälde „Green House“ aus dem Jahre 1994. Die ökologische Zukunft schimmert allerdings in all seinen Nuancen herein, ob jetzt bei den Fotografien (mit seinen düsteren Fakten und Prophezeiungen) oder bei seiner Werkserie „Reclaming Abundance“, bei der der Aktivist Infrastrukturanlagen (wie den Flughafen Graz, die Skiflugschanze Kulm oder das Gas- und Dampfkraftwerk Mellach) visuell ins CO2-neutrale Zeitalter in das Jahr 2050 versetzt. Dass es bereits fünf Minuten nach 12 ist, wird nach dem Besuch dieser Ausstellung kaum jemand verneinen. Zusätzliche Infos bieten die Website und der YouTube-Kanal von Oliver Ressler. Check it out…