VfGH/Datenschutzbehörde: Gästeregistrierung verstößt gegen Grundrecht auf Datenschutz!

„Grundrechte in Quarantäne“ – So lautet der Titel eines Buches des deutschen Journalisten Heribert Prantl, das die derzeitige rechtliche Situation während der Corona-Krise hundertprozentig auf den Punkt bringt. In Deutschland existiert im Gegensatz zu Österreichs wenigstens der vorläufige Rechtsschutz (kurz genannt: Eilverfahren), wo sofort nach dem Inkrafttreten von Gesetzen und Verordnungen mutmaßliche Grundrechtsverstöße beim Bundesverfassungsgericht und den Verwaltungsgerichten geltend gemacht werden können. In Österreich mahlen die Mühlen langsamer, aber immer mehr Bürger wenden sich per Individualantrag an den Verfassungsgerichtshof, um sich gegen verfassungswidrige Gesetze oder gesetzwidrige Verordnungen rechtlich zu wehren. So auch ein Restaurantbesitzer, der die Wiener Gästeregistrierung zu Fall brachte.

 

In der betreffenden Verordnung sollten beim Auftreten eines Covid-19-Verdachtsfalls Gastronomen dazu verpflichtet werden, diverse Daten ihrer Gäste (Vorname, Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Tischnummer) zu erheben und auf Verlangen den Gesundheitsbehörden zu übermitteln. So zumindest die auch in einer Pressekonferenz geäußerte Absicht des Wiener Magistrats. 

 

Unabhängig davon, dass diese Verpflichtung so gar nicht im Verordnungstext normiert wurde, stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass es sich bei derartigen Datenerhebungen um schwerwiegende Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nach Art. 8 MRK und § 1 Datenschutzgesetz handelt. Im Verfahren zur Erlassung der Verordnung ist daher „nachvollziehbar zu machen, auf welcher Informationsbasis die Entscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist“. Eine Erhebung von Kontaktdaten darf insofern nur dann vorgenommen werden, wenn diese zur Verhinderung der Verbreitung von Covid-19 geeignet, erforderlich und angemessen ist. Eine simple Übersendung wissenschaftlicher Studien, wo nicht nachvollziehbar ist, inwiefern diese Grundlage für die Willensbildung waren, ist nicht ausreichend. Die betreffenden Paragraphen (die nur bis zum 31. Dezember 2020 in Kraft waren), wurden daher als gesetzwidrig erkannt. 

 

Bereits im November 2020 entschied die Datenschutzbehörde (nicht rechtskräftig), dass die Gästeregistrierung gegen das Grundrecht auf Datenschutz verstößt. Anlass war die Beschwerde eines Gastes, der sich bei einem Wirt mittels QR-Code registriert und danach Beschwerde eingelegt hat. Die ermittelten Daten gelten im Kontext des Contact Tracing als „gesundheitsbezogen“ und unterliegen daher den verschärften Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung. Eine ausdrückliche Einwilligung ist seitens der Gäste möglich, allerdings kann diese nicht als freiwillig betrachtet werden, da bei einer Ablehnung der Datenbekanntgabe der Eintritt in das Gasthaus verweigert wird. 

 

Eine spezielle gesetzliche Grundlage zur Erhebung der Daten wurde nicht geschaffen. Selbst wenn eine derartige Norm vorliegen würde, müsste diese aus Gründen der öffentlichen Gesundheit unbedingt erforderlich und verhältnismäßig sein. Zusätzlich müssten angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen vorgesehen sein.

 

Verstöße gegen Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, das Recht auf Erwerbsausübung, den Gleichheitsgrundsatz, das Grundrecht auf Datenschutz,… -  Die zahlreichen verfassungs- und gesetzwidrigen Verordnungen im Rahmen der Corona-Pandemie zeigen in erschütternder Art und Weise, wie die Exekutive (egal ob die türkis-grüne Bundesregierung, die Landeshauptleute oder die Bezirksverwaltungsbehörden) mit dem Rechtsstaat und damit mit den Bürgern verfährt. Verfassungsrechtlich bedenklich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die schwerwiegendsten Eingriffe in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger seit dem 2. Weltkrieg von der Exekutive und nicht vom demokratisch gewählten Parlament beschlossen werden. 

 

Und ein Ende ist nicht abzusehen. Oder glaubt tatsächlich jemand, dass die Schließung der Gastro-Betriebe seit 3. November 2020, das radikale Kulturverbot, die 3mal wöchentlichen Zwangstests für minderjährige Schüler oder die tief in die körperliche und psychische Integrität eingreifenden „Eintrittstests“ als Zugangsvoraussetzung für Friseure, Gastro, oder Kultur einer wissenschaftlichen Expertise und somit einer grundrechtlichen Legitimation standhalten?