Recht auf Freiheit: Präventivhaft verstößt gegen die Menschenrechte!

"Jedermann hat ein Recht auf Freiheit" - So steht es im Kernsatz des Artikels 5 der Menschenrechtskonvention. Und es ist unumstritten, dass die Freiheit der Person einerseits als konstitutives Element des Rechtsstaates gilt, andererseits auch in engem Zusammenhang mit der Würde des Menschen steht.

 

Der Freiheitsentzug gehört daher zu den schärfsten Maßnahmen, die einem Rechtsstaat zur Verfügung stehen. Eingeschränkt wird er verfassungsrechtlich durch die Menschenrechtskonvention (Artikel 5) und durch das Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit aus dem Jahr 1988. Ein Entzug der persönlichen Freiheit ist nur in den dort genannten Fällen, aufgrund einer zusätzlichen einfachgesetzlichen Ermächtigung und nach den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit zulässig. Eine Präventiv- oder Sicherheitshaft, wie sie der "rechtskonservativen" ÖVP-FPÖ-Regierung vorschwebt, widerspricht diesen Voraussetzungen. 

 

Verfassungsrechtlich zulässig ist ein Freiheitsentzug dann, wenn jemand von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt bzw. als geistig abnormer Rechtsbrecher in den Maßnahmenvollzug überstellt worden ist. Untersuchungshaft kann  verhängt werden, wenn jemand konkret einer Straftat verdächtigt wird, und zusätzlich einer der vier Haftgründe (Flucht-, Verabredungs-, Verdunkelungs-bzw. Ausführungs-/Wiederholungsgefahr) vorliegt. Die Entscheidung obliegt dabei einem Richter (auf Antrag der Staatsanwaltschaft). 

 

Im Verwaltungsrecht können primäre Freiheitsstrafen bis 6 Wochen und Ersatzfreiheitsstrafen (z.B. bei Nichtzahlung von Geldbußen) ausgesprochen werden. Exekutive Schuldhaft ist verboten. Stellt jemand aufgrund einer psychischen Krankheit für sich selbst oder für andere eine Gefährdung dar, dann kann er gemäß dem Unterbringungsgesetz in ein Krankenhaus für Psychiatrie eingewiesen werden. Sondervorschriften bestehen bei Verdacht auf Epidemien oder Tuberkulose.

 

Bei Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren gegen Fremde kann Schubhaft verhängt werden. Die Höchstdauer beträgt laut Artikel 15 der Rückführungsrichtlinie 18 Monate. Spätestens dann müssen Betroffene wieder entlassen werden, wenn die Abschiebung nicht vollzogen werden kann. 

 

Kommt eine Regierung nun auf die Idee, Personen einzusperren, von denen sie bzw.  ein Richter oder Beamter glaubt, dass diese in Zukunft eventuell eine strafbare Handlung begehen werden, dann muss man sich ernsthaft die Frage stellen, in welchem System wir leben. Beginnt die strafbare Handlung vielleicht bereits in einer (berechtigten) Kritik an der herrschenden Politik oder gesellschaftlichen Missständen (Stichwort Tierschützerprozess)? Wehret den Anfängen!

 

Rechtlich könnte sich eine vorbeugende Präventivhaft nur auf den Artikel 5/1 Z. c der Menschenrechtskonvention beziehen. Bei der zu verhindernden Straftat muss es sich aber um eine unmittelbar bevorstehende und konkret bestimmte strafbare Handlung handeln. Nicht ausreichend ist die allgemeine Vermutung, der Betroffene werde sich auch in Zukunft kriminell verhalten. Und das ist genau das, was sich rechtspopulistische bzw. rechtsextreme Parteien wünschen. Im Idealfall nur gegen Ausländer und Flüchtlinge (was obendrein eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes darstellt).

 

In diesem Zusammenhang ist auch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahr 2009 zu beachten. In Großbritannien wurde gegen neun als Sicherheitsrisiko eingestufte Ausländer Schubhaft verhängt. Da die britischen Behörden keine ernsthaften Rückführungsverhandlungen setzten, wurde die Schubhaft als menschenrechtswidrig erklärt. Grund: Die Schubhaft darf nicht dazu genutzt werden, das menschenrechtliche Verbot von Präventivhaft zu umgehen.

 

Es gibt daher in einem der sichersten Länder der Welt keinen Grund, das Thema Präventivhaft für Flüchtlinge auf die Tagesordnung zu setzen. Außer gegen Ausländer zu hetzen und die für jedermann geltenden Menschenrechte in Frage zu stellen. Im übrigen sei auf Benjamin Franklin verwiesen: "Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren."