Sexuelle Belästigung: Versendung von „Dick & Vulva Pics“ ab 1. September gerichtlich strafbar!

Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov haben 46 Prozent der britischen Frauen zwischen 18 und 36 Jahren schon einmal ein „Dickpic“ erhalten. In Österreich existieren ähnliche Zahlen. Die türkis-rot-pinke Koalition hat auf diese Form der sexuellen Belästigung jetzt reagiert und einen eigenen Straftatbestand eingeführt.

 

Die gesetzliche Konstituierung erfolgte übrigens nicht freiwillig. Grundlage ist die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, die die EU-Mitgliedstaaten bis 14. Juni 2027 zur Umsetzung einer Strafdrohung gegen Cyberflashing verpflichtete. Seit 1. September 2025 ist der § 218/1b StGB jetzt in Kraft, in den Medien wird er gerne nicht ganz treffsicher als „Dick Pic“-Verbot bezeichnet.

 

Der neue Tatbestand umfasst nämlich nicht nur männliche, sondern auch weibliche Genitalien. Es ist daher auch strafbar, Fotos und Videos von Vulvas zu verschicken (was allerdings viel seltener vorkommt). Strafbar ist nur die digitale Versendung, nicht die analoge (per Post oder Briefkarte). Dies umfasst gemäß den Erläuterungen u.a. SMS, MMS, Faxe, E-Mails, Instant Messages (über Nachrichten- oder Dating-Apps) und die Verbreitung durch soziale Netzwerke. 

 

Voraussetzung für die Strafbarkeit ist die Belästigung der anderen Person. Diese muss zum Zeitpunkt der Übermittlung eintreten. Der Tatbestand ist beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn Fotos oder Videos einvernehmlich ausgetauscht werden (egal, ob in einer Beziehung oder auf Erotikplattformen). Die bloße Teilnahme auf Kontakt-Portalen berechtigt allerdings nicht zur Versendung von derartigen Bildaufnahmen. Der Begriff der Bildaufnahme ist übrigens weit auszulegen, er umfasst auch vergleichbare bearbeitete Bildaufnahmen und vergleichbares (per KI) künstlich erstelltes Material, Comics oder Zeichnungen fallen nicht darunter. Sind die Genitalien nur im Hintergrund oder aus großer Entfernung zu sehen (wie bei Strandfotos), ist der Tatbestand nicht erfüllt.

 

Bezüglich der subjektiven Tatseite muss beim Täter Absichtlichkeit vorliegen. Es muss dem Täter also darauf ankommen, dass der Empfänger bzw. die Empfängerin die Genitalien zu Gesicht bekommt. Bei einer versehentlichen Versendung der Bildaufnahmen an falsche Empfänger bleibt der Täter also straflos. Das ist vor Gericht natürlich eine strittige Beweisfrage.

 

Es wurde politisch lange diskutiert, wie das Versendungsverbot rechtlich ausgestaltet werden soll. In Deutschland fällt das Verschicken von Dick Pics beispielsweise unter den Tatbestand der "unerlaubten Verbreitung pornografischer Schriften", einige Strafrechtsexperten und interessanterweise die Grünen schlugen eine Verankerung im Verwaltungsstrafrecht vor. Die Ampelkoalition entschied sich allerdings für die Platzierung im § 218 StGB („Sexuelle Belästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen“). Eine kluge Entscheidung insofern, als Täter in spe vielleicht dadurch eingeschüchtert werden und derartige widerwärtige Handlungen unterlassen. Immerhin beträgt die Strafdrohung bis zu 6 Monaten Freiheitsstrafe oder bis zu 360 Tagessätzen Geldstrafe.

 

Zu beachten ist allerdings, dass der Täter nur mit Ermächtigung der verletzten Person zu verfolgen ist. Die Staatsanwaltschaft leitet daher eine Verfolgung gegen den Täter nur ein, wenn das Opfer den Gerichtsweg beschreiten will und seine Zustimmung erteilt. Ein Kostenrisiko entsteht dadurch für das Opfer nicht. Anders ist die rechtliche Situation übrigens, wenn eine Person wiederholt Dick Pics an dieselbe Empfängerin versendet. Dann hat die Staatsanwaltschaft - auch ohne Zustimmung des Opfers (wie bisher schon) - eine Klage wegen Stalkings (§ 107 StGB) einzuleiten…