45 Jahre on Stage: Duran Duran live in Berlin

New Wave, Disco, Punk, Gothic: Die britische Musik- und Fashionszene glänzte in all ihren bunt-durchgeknallten Facetten, als am 16. Juli 1980 zum ersten Mal eine junge Band aus Birmingham – in ihrer späteren Originalformation – auf der Bühne stand: Sänger Simon le Bon, Bassist John Taylor, Keyboarder Nick Rhodes, Gitarrist Andy Taylor und Drummer Roger Taylor aka Duran Duran (benannt nach einer Figur aus dem Science Fiction-Film „Barbarella“). Die Location: Der Nightclub Rum Runner, 1987 abgerissen und durch ein Hotel ersetzt. 

 

Für Duran Duran dagegen ein Startschuss für eine unglaubliche Karriere. Die „Fab Five“ tourten nur wenige Monate später als Support von Hazel O´Connor und nahmen in London ihr Debüt-Album auf. Und das im Sog der grassierenden „New Romantics“-Bewegung, glamourös, ultrachic mit Make-Up, Hairspray und Rüschen-Look. „We came up at a time, where image was super important“, so John Taylor. „Planet Earth“ stürmte als erste Single auf Platz 12 der UK-Charts, der erste große Hit „Girls on Film“ bereits in die Top 10 auf Platz 5, unterstützt durch ein skandalträchtiges Erotik-Video der Star-Regisseure Godley & Creme. Duran Duran wurden in der Folge mit ihren brillanten Video-Clips auch zu den Galionsfiguren von MTV. „The band was a natural for music television“, titelte der Rolling Stone.

 

45 Jahre nach ihrem ersten gemeinsamen Auftritt stehen Duran Duran – ohne den erkrankten Andy Taylor – weiterhin auf der Bühne. Amsterdam, Rom, Mailand, Kopenhagen, Dublin und nach 13 Jahren endlich wieder Berlin: Nur einige Metropolen im Kalender der Europa-Tour 2025. Als Verstärkung zusätzlich on stage Gitarrist Dominic Brown, Saxophonist Simon Willescroft und die Background-Sängerinnen Anna Ross und Rachel O´Conner. Sänger Simon le Bon ist mittlerweile 66, aber sowohl körperlich als auch stimmlich on top. Dank viel Sport, Wandern, Schwimmen und Fitnessprogrammen. Ein Vorbild für jede Altersgruppe. John Taylor, schlank und rank mit roter Lederhose, steht ihm da um nichts nach.

 

„Ein Drittel neue Songs, zwei Drittel Hits, dazu ein paar obskure Albumtracks“ – Das ist das eigentlich einfache Konzept der Duran Duran-Shows. „Das Schlimmste ist, wenn man den Leuten nicht das gibt, was sie wollen“, so Simon le Bon kürzlich in einem RP-Interview, selbst einmal enttäuscht über ein David Bowie-Konzert ohne alte Songs. Die Auswahl ist nach mehr als 100 Millionen verkauften Tonträgern, 16 Studio-Alben und 30 Top 40-Singles (davon 14 Top 10) im UK trotzdem keine einfache. 

 

Auf der Setlist der Duranies befinden sich in der Berliner Max Schmeling-Halle neu arrangierte Tracks aus dem 81er-Debüt-Album wie „Friends of Mine“, „Careless Memories“, „Planet Earth“ und der Opening Track „Night Boat“. Nach dem Opener folgt bereits der größte Hit der Band in Deutschland, „Wild Boys“, auf dem riesigen Screen tummeln sich schreckliche Fratzen im Stil des mit dem Brit-Award prämierten Kult-Clips von Regisseur Russell Mulcahy. Nach einer witzigen Anspielung auf Berliner Pils und Sausage und dem Zitat „Is anybody hungry…“ starten die ersten Beats eines der Fan-Favourites, „Hungry like a Wolf“. Riesen-Stimmung beim James Bond-Titelsong „A View to a Kill“, der bei der ehemaligen Lieblingsband von Prinzessin Diana nach 5 Jahren turbulentem Popstar- und Teenieschwarm-Leben eine Zäsur einleitete. 

 

Duran Duran starteten zwei (gute) Splitting-Projekte, Power Station (feat. Robert Palmer) und Arcadia, nachträglich laut Nick Rhodes „a commercial suicide“. Das nächste Album mit dem Chic-angehauchten Titel-Track „Notorious“, natürlich auch auf der Setlist in Berlin, wurde nur mehr mit der Besetzung Simon Le Bon, John Taylor und Nick Rhodes aufgenommen. Immer wieder kreieren Duran Duran bei ihrer Live-Show Mash-Ups ihrer Tracks, so beim Timbaland-´produzierten „Nite Runner“ und dem 89er-Hit „All she wants is“, bei „Superlonely Freak“ (inkl. Cerrones Disco-Klassiker „Super Freak“) und gegen Ende des Main Sets bei „Girls on Film“ und „Psycho Killer“. Der Talking Heads-Klassiker wurde von den Duranies im Rahmen des Halloween-inspirierten Albums „Dance Macabre“ im Jahr 2023 neu eingespielt, und das mit Support der coolen Maneskin-Gitarristin Victoria de Angelis. Der globale Mega-Hit „The Reflex“ (aus dem nur einzigen UK-Nr.1-Abum „Seven and the Ragged Tiger“) und der euphorische Dance-Track „Reach out for the Sunrise“ (2004) sorgten naturgemäß für Tanz-Eskapaden auf den Steh- und Sitzplätzen.

 

Die leisen Untertöne dürfen aber nicht fehlen. Den gefühlvollen Comeback-Hit „Ordinary World“ (1993) widmet Sänger Simon le Bon den um Frieden kämpfenden Menschen in Israel, Gaza und der Ukraine. Sein Credo: „We believe in their rights, their happiness and peace in their own country, their own ordinary world“. Bei „Come Undone“ hat Backgroundsängerin Anna Ross ihren großen Auftritt, im Hintergrund läuft das bezaubernde Aquarium-Video des Star-Regisseurs Julian Temple. Bei der ersten Zugabe „Save a Prayer“ flattern die Friedenstauben auf dem Screen, während die Fans mit den Smartphones leuchten. Tatsächlich ist die wunderschöne Ballade aus dem Jahr 1982 ein Song über ein flüchtiges Liebesabenteuer („Some people call it a one night stand. But we can call it paradise.“). Den finalen Schlusspunkt setzen Duran Duran mit dem schnittigen 82er-Hit „Rio“, populär geworden durch den eleganten nahe der Karibik-Insel Antigua abgedrehten Yacht-Clip.

 

It´s all over now, Baby Blue? Nein, keineswegs. Ein neues Duran Duran-Album mit unveröffentlichten Tracks aus den Nullerjahren („Reportage“) ist in Planung, außerdem eine neue Single mit Ex-Chic-Mastermind Nile Rodgers. Live-Auftritte dürften folgen. John Taylor im O-Ton: „We´ve learned that we never go very long without getting onto a stage“.