Lässiger Indie-Pop: My Ugly Clementine & Friends live in der Wiener Arena

Verschobene Konzerte sind meistens für die Band und die Fans schmerzhaft und ärgerlich, in diesem Fall aber eine Win-Win-Situation für beide. Das im September 2024 wetterbedingt verschobene Konzert der österreichischen Supergroup My Ugly Clementine kristallierte sich rund 9 Monate später zum größten Auftritt ihrer Karriere. Bei sommerlichen Temperaturen in der Arena Wien, die aufgrund des am 1. Juli in Kraft tretenden Wiener Veranstaltungsgesetzes – genauso wie andere über 30 Jahre alte Locations - unter einem besonderen Schutz vor neuen Anrainern steht, versammelten sich im Juni tausende Indie- und Alternative Freaks, um dem lässigen Sound dieses Open-Air-Events zu lauschen. „Es stehen fast nur Flintas auf der Bühne“, also Frauen, Lesben, Inter*, Nicht-binäre, Trans* und Agender Personen, so die beiden Front-Frauen der „Cousines like Shit“, Hannah und Laura Breitfuß, die mit ihrem queeren Avant-Trash und Underground-Hits wie „Barbie“ die Stimmung anheizten. Aus Deutschland eingeflogen wurde die nahe Bochum stammende Newcomerin Philine Sonny, die mit amerikanisch angehauchten Indie-Folk-Balladen das Tempo chillig reduzierte.

 

Die Headliner des Abends, My Ugly Clementine, die stehen – nach dem Ausstieg der Schlagzeugerin und Hip Hopperin Kem Kolleritsch (aka Kerosin95) – nur mehr zu dritt auf der Bühne. Zumindest bei den Vocals, die sich Avantgarde-Musikerin Mira Lu Kovacs, Elektronik-Produzentin Sophie Lindinger (u.a. bei Leyya) und Nastasja Ronck teilen. Der Sound: Alternative-Rock mit der Bandbreite von den 70ern bis zu den Nullerjahren, Kovacs vergleicht die Band gerne mit der aus Los Angeles stammenden Drei-Schwestern-Band Haim und liegt da eigentlich ganz richtig. Vielleicht mit etwas mehr Feminismus und Empowerment. 

 

Zwei Alben haben My Ugly Clementine derzeit veröffentlicht, das 2020 in die Corona-Zeit fallende „Vitamin C“ und „The Good Life“, letzteres ein musikalisches Zeichen gegen den Optimierungswahn unserer Gesellschaft. Durch zahlreiche Auftritte national als auch international (u. a. beim Reeperbahn Festival, Primavera Barcelona oder beim Eurosonic) haben sich die drei bereits eine treue Fanbase erspielt. Bei Tracks wie ihrem ersten Single-Hit „Never be yours“, „Playground“ oder „Are you in“ wird nicht nur mitgetanzt, sondern auch mitgesungen, und das besonders enthusiastisch bei so einem schönen Abend kurz vor dem offiziellen Sommerbeginn. 

 

Als besonderes Highlight haben My Ugly Clementine einige Szene-Freundinnen auf einen Gast-Auftritt eingeladen, darunter Mavi Phoenix (zum Stimmungsknaller „I got my feet up (Ah-ya-ya-ya)) und die als exzessive Rampenlady berüchtigte Ankathie Koi. Beim rockigen Burner „No“ bebt die Bühne inmitten kantiger Parolen gegen Rassismus und Sexismus. Auf der Setlist auch ein neuer Song: „Pretender“ mit einer handfesten Kritik an Männern, die feministische Werte nur vortäuschen. Das Finale in der fast ausverkauften Wiener Arena gehört dem Fan-Favourite „The Good The Bad the Ugly“. Ein starkes Lebenszeichen des Trio Infernale…