Nouvelle Vague im WUK: New Wave & Punk-Classics im Bossa Nova-Style.

Love will tear us apart, This is not a love song, Guns of Brixton, Fade to Grey oder Just can´t get enough. Alles legendäre Klassiker der New Wave-, Post Punk- und Pophistory der späten 70er und frühen 80er. Rund 20 Jahre später kamen die beiden französischen Musikproduzenten Marc Collin und Oliver Libaux 2003 auf die geniale Idee, diese Songs zu covern. Und zwar auf eine ganz spezielle Art. Die beiden engagierten talentierte Sängerinnen, am besten solche, die die Originaltracks kaum oder nicht kannten, und fabrizierten neue Versionen im lässigen Latin-Jazz-Style der 60er. Das Projekt Nouvelle Vague war geboren, ein französisches Synonym zum britischen New Wave und zum brasilianischen Bossa Nova. Dass auch DIE französische Kinoströmung der Sixties (rund um Truffaut und Godard) diesen Namen trägt, konnte natürlich nicht schaden. 

 

Im Rahmen des 20jährigen Band-Jubiläums gingen Nouvelle Vague auf eine große Welt-Tour, die sie auch nach Wien ins WUK führte. Eigentlich ein Wunder, denn nach dem überraschenden Tod von Bandgründer Libaux im September 2021 mit nur 57 Jahren wollte Collin das Projekt nach fünf erfolgreichen Alben und zahllosen Tourneen nicht mehr fortsetzen. Doch es kam anders: 2024 lernte Collin die Sängerin Alonya kennen, die ihn für ein Cover des Clash-Klassikers „Should I stay or should I go“ inspirierte. Ein neues Album mit dem gleichnamigen Titel wurde aufgenommen, darin enthalten u.a. neue Versionen von Yazoo-, Depeche Mode-, Blondie-, Billy Idol- und Duran Duran-Classics. Ein Teil schaffte es auch auf die üppige Setlist der neuen Show, die übrigens mit einem spannenden Support-Act begann. Auf der Bühne standen die ehemaligen Bandmitglieder Melanie Pain und Phoebe Killdeer, die als „Kill the Pain“ jetzt eigene Songs produzieren.

 

Die neuen Sängerinnen von Nouvelle Vague dagegen sind die bereits erwähnte dunkle Alonya und die blonde Marine Quemere, die in einem weiten Spektrum zwischen Erotik, Eleganz, Exzess und Understatement die faszinierende Setlist der Band abdecken. Als Opener Alonya mit der sinistren Joy Division-Post Punk-Hymne „Love will tear us apart“, danach erstmals zweistimmig mit Marine beim Depeche Mode-Klassiker „People are People“. Dessen Songwriter Martin Gore lieh übrigens Nouvelle Vague 2009 bei den Aufnahmen zu „Master and Servant“ seine zweite, sonore Stimme. Im Laufe des Abends folgte noch Just can´t get enough, inklusive einer ekstatischen Batucada-Session. Das Publikum, altersmäßig bunt gemischt zwischen 16 und rund 75, war hellauf begeistert.

 

Duran Duran´s ersten Hit „Girls on Film“ verlegten die Girls ins schwülstige Cabaret, Johnny Rottens Punk-Klassiker „This is not a love Song“ wurde mit Bossa Nova-Rhythmen entschleunigt, die „Guns of Brixton“ von The Clash wurden mit Ska-Vibes angereichert (die allerdings in den späten 70ern auch ihre Blütezeit im UK erlebten). „A Forest“, 1980 der erste (darke) erste Single-Hit von Robert Smiths Grufti-Favourites The Cure, beginnt vor grünen Visuals kühl-entspannt und endet in einem Tanzexzess Alonyas. Vom neuen Album auf der Setlist natürlich „Should I stay or should I go“ in einer Extended Version, Yazoo´s „Only you“ mit Summer-Pop-Anleihen, „You spin me round“, „Shout“ und als Zugabe der Smiths-Klassiker „Charming Man“ (mit Melanie Pain als Main-Vocalistin).

 

Manchmal sind es die Lyrics, manchmal die Geschichte der Bands, warum Songs aus Marc Collins (80er)-Jugend im Repertoire von Nouvelle Vague landen. Es sei auch sein Ziel, dass jüngere Menschen durch die Neuinterpretationen auf die Original-Perlen der Vergangenheit stoßen. „Discovering new music is something magical, it unites you to people“, so Collin. „Too drunk to fuck“ der Dead Kennedys, bei dem die Girls mit Drinks auf der Bühne herumspritzten, die „Teenage Kicks“ der Untertones oder der Eighties-Wave-Track „She´s in parties“, brillant inszeniert von Nouvelle Vague als düstere Ballade, wären da nur einige legitime Kandidaten für neue persönliche Playlists. Abseits langweiliger Algorithmen, die die Streaming-Kanäle garantiert nicht mit der britischen Gothic Rock-Band Bauhaus gefüttert hätten.