Von La Rossa zu La Dotta: Bologna - Die Stadt der vielen Namen

Paris, die Stadt der Liebe. New York. Die Stadt, die niemals schläft. Rom, die citta eterna (ewige Stadt). Wien, die Stadt der Musik (und die Heimatstadt von Falco). Urbane Metropolen schmücken sich gerne mit Beifügungen, die zum Kern und Charakter der Stadt passen und natürlich als USP für die Freizeit- und Tourismusindustrie relevant sind. Die norditalienische Stadt Bologna inmitten der wunderschönen Emilia Romagna kann sich da vor lauter Namenskennzeichnungen kaum retten.

 

La Rossa

 

So wird Bologna gerne als „La Rossa“ bezeichnet. Und diesen Begriff kann man sogar zweifach interpretieren. Politisch war die Studentenstadt Bologna immer eine Hochburg der Linken, Während des Zweiten Weltkriegs kämpften über 14.000 Partisanen (davon mehr als 2000 Frauen) aus Bologna unter dem Bündnis der Resistenza gegen die Faschisten. Porträts vieler Widerstandskämpfer sind an der Außenwand des Palazzo Communale angebracht. Auch der aktuelle Bürgermeister Matteo Lepore ist dem sozialdemokratischen Lager (PD-Partito Democratico) zugehörig und regiert die Stadt mit einer Mitte-Links-Koalition. Trotzdem bezieht sich der klingende Name La Rossa natürlich mehr auf die typischen Farben der Stadt: Rote Dachziegel und Terrakotta-Fassaden prägen die Silhouette Bolognas. Und wo kann man dies am besten beobachten? Natürlich auf den Türmen. Und das führt uns unmittelbar zur zweiten Trademark Bolognas.

 

La Turrita

 

„La Turrita“ – Die Stadt der Türme. Rund 180 sogenannte Geschlechtertürmer hatte Bologna zu ihrer mittelalterlichen Blütezeit. Diese hatten die Funktion von Wachtürmen, dienten aber auch als Statussymbol der adeligen Familien so frei nach dem dekadenten Motto: Je höher, desto wichtiger. Heute sind noch ca. 20 Türme im Stadtgebiet erhalten. Die berühmtesten, die due torri, gelten als Wahrzeichen Bolognas und sind als wichtiger Orientierungspunkt verantwortlich dafür, dass sich kaum ein Tourist in der 400.000 Einwohner-Metropole verirrt. Aufgrund von Sanierungen im Fundament und im Mauerwerk des kleineren Torre Garisenda (47 Meter) kann derzeit auch der 97 Meter hohe Torre Asinelli nicht per Stiegen erklommen werden. Wer Sonntags in Bologna weilt, kann allerdings auf den zweithöchsten, 60 Meter hohen Torre Prendiparte ausweichen und eine Turm-Führung buchen. Oder mit viel Glück sogar ein Fremdenzimmer (!) im Turm beziehen.

 

La Grassa

 

Vorteil:  Man wohnt dadurch gleich direkt in der Altstadt und damit in der Nähe des urig-lässigen Marktviertels Quadrilatero. Zahlreiche Spezialitäten warten dort auf die Einheimischen und die Touristen, egal ob in den Feinkostläden (wie dem aus dem Wanda-Video bekannten „Ceccarelli“) oder in den zahlreichen Bistros, Kneipen und Bars: Mortadella, Salame Rosa, Tortellini und natürlich die Ragu-Sauce, die in Italien nicht als „Spaghetti Bolognese“, sondern mit den breiteren Tagliatelle-Nudeln serviert wird. Essensgenuss pur plus ein paar Gläser Weiß- und Rotwein. Kein Wunder, dass Bologna auch als „La Grassa“ („die Fette“) bezeichnet wird.  

 

La Dotta

 

Wer durch die Straßen Bolognas schlendert oder sich in einem der unzähligen Gastrobetriebe niederlässt, trifft auf eine vergleichsweise große Anzahl junger Leute. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass Bologna DIE Universitätsstadt Italiens ist. Man nennt sie deshalb auch gerne „La Dotta“, die „Gelehrte“. Die erste Universität wurde bereits 1088 gegründet, mit Rechtswissenschaften als erstem Studienfach. Sie gilt damit als älteste Universität Westeuropas. Prominente Absolventen sind u.a. Thomas Becket, Erasmus von Rotterdam, Kopernikus oder Dante Alighieri. Als erster fester Sitz der Universität – zuvor wurde in Kirchen und angemieteten Räumen unterrichtet – diente der im Jahre 1563 fertiggestellte Palazzo dell´Archinginnasio, der heute die Stadtbibliothek beherbergt. Im Gebäudekomplex sind allerdings auch noch der Stabat-Mater-Hörsaal und das Teatro Anatomico (ein Anatomiehörsaal aus dem Jahr 1637) untergebracht. 

 

Die Universität selbst wurde 1803 in den Palazzo Poggi in den östlichen Teil Bolognas verlegt. Das Universitätsviertel rund um die Piazza G. Verdi und die Via Zamboni wurde dadurch nicht nur zu einem Treffpunkt der Intellektuellen, sondern auch zum lässigen Epizentrum der Nightlife- und Alternativszene. 

 

1999 wurde in Bologna von 29 Staaten (heute: 49) die „Bologna-Erklärung“ (mit dem Ziel eines Europäischen Hochschulraumes) abgeschlossen. Akademiker schmücken sich seitdem mit Bachelor-, Master- und Phd-Titeln. Die Kritik an dem neuen Studiensystem reißt aber nicht ab, es sei zu verschult und zu marktorientiert, und das auf Kosten der Einheit von Lehre und Forschung und der individuellen akademischen Freiheit. Bologna selbst hat´s nicht geschadet, in der 400.000 Einwohnermetropole sind aktuell über 95.000 Studenten inskribiert, mit Tendenz nach oben. Wer kann schon dem Dolce Vitas Italiens widerstehen?