Anzahl der jungen Drogentoten steigt: Experten fordern Ausbau der ambulanten Angebote!

Der aktuelle österreichische Drogenbericht verheißt nichts Gutes. Auch wenn die meisten Indikatoren in Richtung stabile Lage weisen, steigt die Anzahl der drogenbezogenen Todesfälle weiter. Während im Jahr 2018 154 Menschen an einer tödlichen Überdosis starben, wurden im Rahmen einer stetig nach oben zeigenden Kurve 2022 bereits 248 Drogentote verzeichnet. Brisant: Auch der Anteil der jüngeren Verstorbenen (unter 25) ist im Steigen begriffen: Von 18 % im Jahr 2018 auf aktuell 27 %.

 

Diese traurigen Tendenzen vor allem im Zusammenhang mit minderjährigen Drogentoten ziehen die Forderungen von Eltern und politischen Parteien nach sich, die aktuelle Gesetzeslage zu verschärfen. Eltern haben derzeit keine rechtliche Möglichkeit, den drogensüchtigen Sohn oder die substanzenabhängige Tochter ohne deren Zustimmung in eine Drogentherapie zu stecken. Klare Grenzen werden durch das Verfassungsrecht vorgegeben. Laut dem „Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit“ ist ein Freiheitsentzug allein aufgrund einer Suchterkrankung nicht zulässig. Dementsprechend enthält das 1991 beschlossene (einfache) Unterbringungsgesetz keinerlei derartige Maßnahmen. Eine Zwangsanhaltung Drogensüchtiger (egal welchen Alters) in einer psychiatrischen Anstalt ist nur dann möglich, wenn entweder eine Eigengefährdung (wie bei Suizidgefahr) oder eine Fremdgefährdung vorliegt und eine andere ärztliche Behandlung (außerhalb einer psychiatrischen Abteilung) nicht gewährleistet werden kann.

 

„Zwang und Rechtsbeschränkung sind nicht der geeignete Weg, um einem Süchtigen zu helfen. Erfahrungsgemäß sind Betreuung und Behandlung nur dann erfolgversprechend, wenn der Süchtige FREIWILLIG an der Therapie und der Rehabilation mitwirkt“, so stand es bereits in den Erläuterungen zum Sachwalterrecht im Jahr 1981. „Soweit der Minderjährige entscheidungsfähig ist, darf er nur mit seiner Einwilligung behandelt werden“, so heißt es im Unterbringungsgesetz. Diese Entscheidungsfähigkeit wird im Zweifel bereits bei mündigen Minderjährigen, also bei ab 14jährigen, vermutet. 

 

Drogensüchtige Kinder können also nicht gegen ihren Willen zu einer Entzugstherapie gezwungen werden. Eine juristische Ausgangslage, die viele verzweifelte Eltern frustriert, allerdings mit der Wissenschaft im Einklang steht. Laut Experten sei zwar eine körperliche Entgiftung gegen den Willen der Betroffenen möglich, der Erfolg der restlichen Therapie ist aber von der Motivation und der Freiwilligkeit des Süchtigen abhängig. Ein erneuter Drogenkonsum nach der körperlichen Entgiftung berge zusätzlich die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Überdosierung, da der Körper diese Mengen dann nicht gewöhnt ist.

 

Der Neurologe Stefan Rudasch empfiehlt Eltern bei Therapieverweigerung, Rat bei Fachärzten und Psychiatern einzuholen und eine Selbsthilfegruppe für Angehörige psychisch Erkrankter zu besuchen. Außerdem sollten die Eltern sich über die verschiedenen Drogenarten informieren und mit dem Kind trotz aller Konflikte ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Dann sind die Chancen höher, dass das Kind einer Therapiebehandlung zustimmt. Eine Therapie selbst ist allerdings noch keine Garantie, dass der Entzug erfolgreich ist. Langzeitprogramme in den USA und Deutschland haben gezeigt, dass gerade einmal 20 bis 40 Prozent der Abhängigen clean bleiben.

 

Armut, Arbeitslosigkeit, psychische Erkrankungen aufgrung der unsicheren Weltlage, Isolation, Zukunftsängste,… - Es besteht begründete Gefahr, dass in den nächsten Jahren vermehrt junge Menschen in die Drogenfalle kippen. Der Verein VertretungsNetz, der sich für den Schutz von Grundrechten für Menschen mit psychischer Erkrankung einsetzt, fordert in seinem Maßnahmenkatalog einen Ausbau von ambulanten Angeboten, mobiles Hometreatment, mehr Kassentherapieplätze und Tageskliniken bzw. stationäre Therapieangebote in Spezialkliniken. Desto früher der persönliche Kontakt zu einem Suchtkranken hergestellt werden kann, desto höher die Chancen, dem lebensgefährlichen Drogenabsturz zu entgehen.