„Reifeprüfung“ auf der Reeperbahn: Die Beatles in Hamburg (1960-1962)

„Ich bin zwar in Liverpool geboren, doch erwachsen wurde ich in Hamburg“ – Dieses Zitat von John Lennon ziert auch die Hallen des Helmut Schmidt-Flughafens in der Hansestadt und dürfte mehr den Tatsachen entsprechen, als manchem weiblichem Groupie lieb war.

 

Indra Club

 

Die Beatles kamen teils noch minderjährig im Jahre 1960 nach Hamburg. Der Klub-Besitzer Bruno Koschmider engagierte sie durch Kontakte mit ihrem damaligen Liverpooler Manager Allan Williams für den Indra Club in der Großen Freiheit 64. Dabei handelte es sich eigentlich um einen Strip-Club, der vorwiegend von Seemännern und ihren Prostituierten besucht wurde. Der erste Auftritt fand am 17. August 1960 statt. Untergebracht wurden John Lennon, Paul Mc Cartney, George Harrison, der damalige Drummer Pete Best und der zurückhaltende „5. Beatle“ Stuart Sutcliffe im fensterlosen Hinterraum des Bambi-Kinos.

 

Kaiserkeller

 

Nachdem der Indra-Club wegen Ruhestörung geschlossen wurde, verfrachtete Koschmider die Jungs ab 4. Oktober 1960 in den legendären Kaiserkeller in der Großen Freiheit 36. Der St. Pauli-Club trägt heute noch diesen Namen und lockt mit einer riesigen Gitarren-Dekoration im Frontbereich. Die Beatles lernten in diesem Lokal alle Skills für eine erfolgreiche Rock´n Roll-Band. Neben alkoholischen und sexuellen Amüsements vor allem Spielen bis zum Umfallen (inklusive der Einnahme massiver Aufputschmittel). Bis zu 6 Stunden täglich standen die Beatles schweißüberströmt auf der Bühne und brachten die Gäste mit „Twist and Shout“, „Come on everybody“ oder „Long Tall Sally“ zum Ausflippen. Alternierend spielten Rory Storm & The Hurricanes, am Schlagzeug Richard Starkey aka Ringo Starr, der später Pete Best bei den Beatles ablöste.

 

Astrid Kirchherr

 

Im Zuge ihrer Gigs lernten sie die deutsche Fotografin Astrid Kirchherr kennen, die gemeinsam mit ihren Freunden Jürgen Vollmer und Klaus Voormann den „Pilzkopf“-Style der Beatles prägte und die ersten Fotoaufnahmen für die Band kreierte. Stu Sutcliffe verliebt sich in Kirchherr, verlässt die Band und stirbt am 10. April 1962 an einer Hirnblutung. Der Kinofilm „Backbeat“ aus dem Jahr 1994 zeigt die Liebesgeschichte der beiden, Kirchherr wird gespielt von der aus Twin Peaks bekannten Schauspielerin Sheryl Lee.

 

Top Ten

 

Nach 58 Auftritten im Kaiserkeller ging es dann zwischen 1. April und 1. Juli 1961 für 92 heiße Nächte auf die Reeperbahn, ins „Top Ten“, das damals alle arrivierten Acts aus den anderen Klubs abwarb. Heute tanzen dort – neben einschlägigen Sex-Lokalen - die Hip Hop-Fans im „Moondoo“ (Reeperbahn 136).

 

Star Club

 

1962 wechselten die Beatles in den am 13. April eröffneten Star Club in der Großen Freiheit 39. Zuerst 7 Wochen ununterbrochen, später im November und Dezember gemeinsam mit Little Richard für jeweils zwei weitere Wochen. „Love me do“ belegte damals bereits Platz 1 der Charts. Ein Gedenkstein im Innenhof erinnert an die wilde Zeit des zu Silvester 1969 geschlossenen Live-Clubs.

 

Beatles-Platz

 

 

An der Kreuzung zwischen den „sündigen Meilen“ der Reeperbahn und der Großen Freiheit wurde 2008 der „Beatles-Platz“ eröffnet. Inmitten eines an eine Vinyl-Schallplatte ähnelnden Bodenbelags von 29 Metern Durchmesser wurden fünf Metall-Figuren der Beatles angebracht, die fünfte – Stu Sutcliffe – steht etwas abseits. Das gleichzeitig eröffnete, privat betriebene, Beatles-Museum (Beatlemania Hamburg) wurde wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten 2012 wieder geschlossen.