Stockholm: Pop, Art & Klima-Aktivismus an der Waterfront!

Sergels Torg, der auf zwei Ebenen gelagerte Hauptplatz in der City von Stockholm, war gerammelt voll von großteils jungen Menschen. Der Grund war allerdings kein fröhlicher. Einer der Söhne Stockholms, DJ Avicii, war am Vortag, dem 20.April 2018, in seinem Urlaubsort Oman tot aufgefunden worden. Tim Bergling, so sein tatsächlicher Name, brachte Millionen von Musikfans mit seinen Hits „Levels“, „Wake me Up“ und „Hey Brother“ zum Tanzen und erfüllte die Herzen seiner Fans mit Freude, Euphorie und Lebenslust. Seine Popularität hat der an sich introvertierte Künstler aber selbst nie verkraftet. Ein Avicii-Museum ist derzeit in Planung, der gigantische Ericsson Globe im Süden Stockholms wurde nach dem Dance-Produzenten umbenannt, in Avicii Arena.

 

Gamla Stan

 

Stockholm ist eine moderne, pulsierende Stadt mit über 975.000 Einwohnern, die sich über 14 Inseln erstreckt und aufgrund seiner 57 Brücken auch als „Venedig des Nordens“ bezeichnet wird. Der älteste Teil der schwedischen Hauptstadt befindet sich auf der zentralen Insel Stadsholmen und nennt sich „Gamla Stan“. Erste Ansiedlungen bereits um 1250 unter dem Gründer Birger Jarl dienten dazu, den Mälarsee vor Piratenplünderungen zu schützen. Enge Gassen, pittoreske Häuser mit hohen Giebeln und mittelalterliche Plätze zeichnen dieses urtümliche Areal Stockholms aus. Seit 1965 steht Gamla Stan unter Denkmalschutz.

 

Greta Thunberg vor dem Reichstag

 

Seit 1643 ist Stockholm die Residenz des Königs, seit 1976 Carl Gustav und damit der am längsten dienende Monarch der Geschichte. Thronfolgerin ist seine älteste Tochter Victoria. Das königliche Schloss befindet sich in unmittelbarer Nähe des schwedischen Reichstags. Dort wo im August 2018 der Stern einer jungen Stockholmerin aufgegangen ist. Die damals 15jährige Greta Thunberg demonstrierte aus Anlass der extremen Dürre- und Hitzewelle Europas mit ihrem Schild „Skolstrejk for klimatet“ („Schulstreik für das Klima“) gegen die Zerstörung des Klimas. Zuerst drei Wochen ununterbrochen, dann jeweils Freitags, die Initialzündung für die weltweite Klimabewegung „Fridays for Future“.

 

Rathaus

 

Gegenüber dem schwedischen Parlament liegt am nördlichen Ufer des Norrström Rosenbad, der Sitz des Ministerpräsidenten und der Regierung. Das zwischen 1911 und 1923 im Stil der schwedischen Nationalromantik erbaute Stadshuset (Rathaus) mit seinem 106 Meter hohen Turm dagegen befindet sich auf der westlich gelegenen Insel Kungsholmen. Dort tagen Stadtregierung (Bürgermeisterin: Anna König Jerlmyr von der Moderaten Sammlungspartei) und Stadtparlament. Außerdem ist das Rathaus Austragungsort des jährlichen Nobelpreis-Banketts.

Shopping

 

Die größten Einkaufsstraßen Stockholms mit zahlreichen Dependancen internationaler Luxusketten liegen im schick-noblen Bezirk Östermalm (rund um den Stureplan) und im zentralen Stadtteil Norrmalm, der – architektonisch und rechtlich umstritten – durch zahlreiche Enteignungen, Abrisse und Sanierungen umgestaltet wurde. Die beliebte Einkaufsmeile Drottninggatan wurde im April 2017 Tatort eines IS-Attentats. Ein Terrorist fuhr mit einem LKW in die Fußgängerzone und tötete 5 Menschen, bevor seine Fahrt im Kaufhaus Ahlens endete.

 

Stieg Larsson

 

Im Jahr 1986 wurde der schwedische Premierminister Olof Palme auf offener Straße mitten in Stockholm erschossen. Der Mord wurde bis heute nicht aufgeklärt. Recherchiert über diesen Fall hat u.a. der Journalist Stieg Larsson, der posthum (!) – er starb 2004 an den Folgen eines Herzinfarktes - mit seiner Millennium-Trilogie sowohl den Buch- als auch den Kinomarkt eroberte. Ein großer Teil seiner Romane spielt im südlich gelegenen Bezirk Södermalm, einem früheren Arbeiterviertel, in dem sich in den letzten Jahrzehnten Künstler, Intellektuelle und Hipster angesiedelt haben. Das Testimonial ist unzweifelhaft die extravagante Punk-Hackerin Lisbeth Salander, die gemeinsam mit dem Journalisten Mikael Blomkvist dunkle Staatsaffären aufdeckt.

 

Södermalm

 

In Södermalm grassiert zwar auch der Geist der Gentrifizierung, allerdings subtiler und weniger aufdringlich als in anderen Stadtteilen. Lässige Cafes, Craft Food-Lokale und individuelle Designer-Shops machen Lust auf Entdeckungsreise in diesem alternativ angehauchten Bezirk, der durch die Slussen (Schleuse) mit Gamla Stan verbunden ist. Ein romantisches Highlight für Touristen, aber auch für Einheimische, ist der Monteliusvagen am Nordufer von Södermalm. Der nach einem Archäologen benannte 416 Meter lange Weg bietet einen eindrucksvollen Blick auf die Silhouette von Stockholm. Östlich der Slussen wurde im Jahr 2010 von Annie Leibovitz das Fotografiska eröffnet. Dabei handelt es sich um ein von den Broman-Brüdern privatfinanziertes Museum, das sich im ehemaligen aus Backstein erbauten Zollhaus direkt am Wasser befindet und mit zeitgenössischen Foto-Ausstellungen und einem gemütlichen Cafe-Restaurant jährlich ca. eine halbe Million Besucher anlockt.

 

Verkehr

 

In Stockholm wird seit 2007 – nach einem positiven Referendum – eine City Maut erhoben.  Diese gilt von Montag bis Freitag, 06.30 bis 18.29 Uhr und beträgt je nach Tageszeit 15, 22 oder 30 Schwedische Kronen. Bei insgesamt 18 Bezahlstationen sind Fotosensoren angebracht, die die Nummernschilder der Fahrzeuge fotografieren. Ziel ist nicht nur die Entlastung der Ortsteile Norrmalm, Gamla Stan und Södermalm, sondern auch die Forcierung des Öffentlichen Verkehrs. 

 

Hauptverkehrsmittel ist die mit über 100 Kilometer Streckennetz breit ausgebaute U-Bahn (Tunnelbana), die aus insgesamt 3 Linien mit 100 Stationen besteht. Die Stockholmer bezeichnen sie gerne auch als die „längste Kunstgalerie der Welt“. Nahezu in allen U-Bahn-Stationen sind Kunstwerke ausgestellt, die aufgrund zahlreicher Kunstangebote jährlich mehrmals gewechselt werden.

 

Kunstwerke gibt es allerdings nicht nur im öffentlichen Freiraum, sondern auch im umfangreichen Museums-Repertoire Stockholms zu bewundern, so beispielsweise im Moderna Museet auf der kleinen Insel (und ehemaligen Marine-Basis) Skeppsholmen, im Nationalmuseum, im Freilichtmuseum Skansen oder im Vasa Museum.

Abba Museum

 

Ein spezielles Museum ist einer schwedischen Kult-Band gewidmet, die 1974 mit „Waterloo“ den Eurovision Songcontest gewonnen hat und die bis dato – trotz einer frühen Trennung im Jahre 1982 – mehr als 400 Millionen Tonträger verkauft hat. Das 2013 eröffnete ABBA-Museum auf der Halbinsel Djurgarden (die leger mit einer historischen Straßenbahn erreichbar ist) lässt die Karriere von Agnetha, Björn, Benny und Anni-Fried auf unterhaltsame Art Revue passieren, mit Musik, Videos, Original-Kostümen, Merchandising, dem „Arrival“-Hubschrauber, Studio-Nachbauten, Silikonpuppen und interaktiven Stationen. Auch die Zeit nach Abba wird ausführlich beleuchtet, die Solo-Alben, das große Revival in den 90ern mit dem Abba-Greatest Hits Album „Gold“ (das mehr als 31 Millionen Tonträger verkaufte und zu den erfolgreichsten Alben aller Zeiten zählt), die Musicals „Chess“ und „Mamma Mia“ bzw. dessen Verfilmungen.

 

Gröna Lund

 

Gleich direkt neben dem Abba-Museum befindet sich der beliebte Vergnügungspark Gröna Lund, der von April bis September nicht nur die Rummelplatz-Fans begeistert, sondern auch die Musik-Freaks. Auf einer Bühne mitten im Areal treten alljährlich die Top-Stars der Rock-, Pop- und Hip Hop-Szene auf. Einst Louis Armstrong, Benny Goodman und die Beatles, jetzt die „Jungen Wilden“ Tove Lo, Icona Pop oder Jared Leto mit seiner Band Thirty Seconds to Mars…

 

Stockholm hat 365 Tage Saison. Als heimliche Pop- und Songcontest-Stadt Europas warten zahlreiche nationale und internationale Musik-Acts auf die Einheimischen und Touristen, egal ob in der Friends Arena, der Avicii Arena oder in kleineren Konzerthallen, Clubs und Bars. Die Pride Week oder der seit 1979 stattfindende Stockholm-Marathon (mit Ziel im legendären Olympiastadion) locken die LGBTIQ-Community und Sportler, die ein einzigartiges Laufambiente schätzen, in die schwedische Hauptstadt. Von den ganzen traditionellen Festen wie Smaka pa Stockholm (Anfang Juni), Midsommar (21. Juni) oder Luciadagen (13. Dezember) gar nicht zu reden.