"Klima und Grenzen schützen": Österreich auf dem Weg zur "Grünen Festung Europa"!

"Europa ist 'n Schrebergarten, friedlich ja vor allem,

wir feiern unsere Gastfreundschaft und das am liebsten allein.

Wir bauen Mauern aus Angst. Wir bauen aus Stacheldraht und Frontex.

Wie falsch ist jedes Wort von Menschlichkeit in diesem Kontext."

 

Textpassagen aus dem Jennifer Rostock-Hit "Wir sind nicht von hier", die bei den gewöhnlich ausverkauften Konzerten in Wien von tausenden linken Fans der Band mitgegröhlt werden.

 

Zumindest jene Mitglieder der Grünen, die am 4. Jänner für den türkis-grünen Koalitionspakt gestimmt haben, sollten aus Courage vor ihrem eigenen Spiegelbild diesen Track nicht mehr anstimmen. Denn sie befinden sich jetzt auf einem rigiden Kurs der Marke "Grüne Festung Europa" mit einem türkisen Steuermann, der noch im September 2018 seine Ausländerpolitik so zitierte: "Das, was ich heute sage, ist vor 3 Jahren in der EU von vielen als rechts oder rechtsradikal bezeichnet worden."

 

Die Grünen, die sich stets für Botschaftsasyl, Resettlement-Programme und eine Quoten-Verteilung der Flüchtlinge basierend auf Aufnahmekapazitäten und familiäre Bindungen einsetzten, haben ein Regierungsprogramm unterschrieben, das die Verteilungsmechanismen der EU als gescheitert betrachtet, und daher diesbezüglich keine Initiativen mehr gesetzt werden. Bei den UNHCR-Zahlungen liegt Österreich auf Platz 43 und hat trotz der Flüchtlingskrise die Beiträge in den letzten drei Jahren gekürzt (2019 4 Millionen Dollar). Eine Erhöhung der EZA-Beträge auf 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts ist zwar geplant, allerdings ohne konkreten Zeitrahmen.

 

Für Asylwerber gibt es - abgesehen von der Sonderregelung für die aktuell in einer Lehre befindlichen Flüchtlinge - keine Möglichkeit mehr, eine Lehre, auch nicht in einem Mangelberuf, zu beginnen. Die deutsche 3+2-Regelung (3 Jahre Lehre plus 2 Jahre Aufenthaltsrecht durch Arbeit im erlernten Beruf) wird von der ÖVP abgelehnt. Im Gegenzug allerdings soll eine Erleichterung der Rot-Weiß-Rot-Karte Personen aus EU-Drittstaaten motivieren, nach Österreich zu migrieren. Ein Wunsch der Wirtschaft, Lohndumping nicht ausgeschlossen.

 

Eine Verschärfung der Wehrpflicht droht. Geplant sind nur mehr zwei Tauglichkeitsstufen, "Volltauglich" und "Teiltauglich", um mehr Männer zum Militär- bzw. Zivildienst zu zwingen. Eine Wehrpflicht für Frauen ist derzeit kein Thema, so die ehemalige NÖ Bauernbunddirektorin und Verteidigungsministerin Tanner. Die Betonung liegt auf "derzeit".

 

Rund 1,1 Millionen in Österreich lebende Bürger (ca. 15 %) haben aufgrund fehlender österreichischer Staatsbürgerschaft kein Wahlrecht, in Wien sind dies fast 30 Prozent. Grüne Forderungen nach Erweiterungen des Wahlrechts oder nach schnelleren Einbürgerungen bleiben im rechtskonservativen Regierungsprogramm - kein Wunder - unberücksichtigt.

 

"Stoppt das Überwachungspaket": Unter diesem Kampfslogan demonstrierten in ganz Österreich tausende Aktivisten gegen Grundrechtseinschränkungen im Strafprozess- und Sicherheitspolizeirecht. Die Installierung eines "Bundestrojaners" wurde erst im Dezember 2019 vom VfGH aufgehoben. Die Grünen warnten bis dato vor einem "Polizeistaat" und vor Übergriffen auf harmlose Tierschützer, Balldemonstranten oder Unibesetzern. Jetzt tragen sie gemeinsam mit der ÖVP das gesamte Überwachungspaket mit (inkl. Vorratsdatenspeicherung Quick Freeze, Ausbau der Videoüberwachung oder Lockerung des Briefgeheimnisses) und haben sich per Koalitionspakt dazu verpflichtet, eine neue verfassungskonforme Lösung für den Bundestrojaner zu konzipieren. Die billige Ausrede, einzig allein die FPÖ (und nicht die Kurz-ÖVP) sei für diese Eingriffe verantwortlich, ist damit vom Tisch und eindeutig widerlegt.

 

Unter Ex-Innenminister Kickl in der türkis-blauen Regierung gefordert, soll jetzt mit grünem Sanktus eine Präventionshaft für Asylwerber kommen. Die Verhängung einer Haft für gefährliche Personen bei Gefahr für die öffentliche Ordnung ist laut Experten nur dann zulässig, wenn die Verfassung geändert wird. Die Grünen als 2/3-Mehrheitsbeschaffer (gemeinsam mit ÖVP und FPÖ) für die erste Einschränkung der Grundrechte seit 1945?

 

Im Jänner 2018 sprach Kickl davon, dass Flüchtlinge "konzentriert" untergebracht werden sollen. Dies könnte unter Türkis-Grün nun Realität werden. Geplant sind laut Regierungsprogramm grenznahe Asylantragsverfahren im Binnen-Grenzkontrollbereich, ÖVP-Innenminister Nehammer sprach in der ZIB 2 sogar von Asylzentren in regionaler Nähe zu Ungarn, Slowenien und Italien, die von den Asylwerbern - unter Einhaltung einer Wohnsitzauflage - nicht verlassen werden dürfen. Ob die Zurücknahme dieser Ankündigung dem Wahlkampf in Burgenland geschuldet war, wird sich weisen.

 

Die noch von Türkis-Blau beschlossene "Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen" (BBU), die dem Innenministerium zugeordnet ist, wird durch die neue Regierung nicht beseitigt. Trotz heftiger Kritik von NGO´s und Menschenrechtsaktivisten soll die BBU die Rechtsberatung von Asylwerbern übernehmen. Um die "Unabhängigkeit" zusätzlich abzusichern, soll ein Qualitätsbeirat eingerichtet werden. Ein schwacher Trost.

 

Einer der negativen Höhepunkte des Koalitionspakts ist ein Konfliktbewältigungsmechanismus für den Fall, dass es bei (nicht definierten) "Migrations- und Asylkrisen" zu keiner Einigung zwischen der ÖVP und den Grünen kommt. In diesem mehrstufigen Verfahren hat dann jeder Koalitionspartner das Recht, einen Initiativantrag (bei zwingender Ausschussbegutachtung) im Parlament einzubringen. Das (an sich soundso verfassungsrechtlich gewährleistete) freie Mandat bei Abstimmungen wird im Koalitionspakt zusätzlich aufgehoben, ein "koalitionsfreier Raum" ÖVP-FPÖ bei scharfen Maßnahmen gegen Flüchtlinge ist abgesichert.

 

Grenzen schützen, Klima schützen“: So „messagecontrolen“ K&K ihre Kernbotschaften für das Regierungsprogramm. "Ökofaschismus" nennt dies (die von Kurz stets heftig kritisierte) Seenotretterin Carola Rackete. Man könne nicht nur an die Gletscher in Österreich denken und nicht an die globalen Folgen der Erderwärmung. „Es darf keine grüne Festung Europa geben, entweder gelten Menschenrechte für alle, oder sie sind nichts wert."

 

Die Grünen befinden sich in der Koalition mit der ÖVP auf einem politischen Irrweg und sind Steigbügelhalter für die Fortsetzung der reichenfreundlichen, arbeitnehmerfeindlichen, unsozialen und xenophoben Politik von Türkis-Blau. Eine fortdauernde Beteiligung könnte für die Partei existenzbedrohend sein und mit dem wiederholten Rausschmiss aus dem Nationalrat enden. Es ist Zeit, die Reißleine zu ziehen und wieder zu den Songs von Jennifer Rostock zu singen, zu tanzen und zu trinken.

 

Ich bin nicht von hier, du bist nicht von hier

Wir sind nicht von hier, wir sind alle nicht von hier

Es geht doch um den Menschen, was sind Pässe aus Papier

Wir teilen uns diese Erde, komm wir teilen uns noch ein Bier