Politischer Teufelskreis: Geringe Wahlbeteiligung von Armen und Arbeitslosen!

"Stell dir vor, es ist Wahl, und keiner geht hin."  Für dieses Szenario besteht trotz der hiesigen Politikverdrossenheit, der Kompetenz- und Visionslosigkeit der heimischen Politiker zwar noch keine Gefahr. Fakt aber ist, dass vor allem zwei Bevölkerungsgruppen durch die Wahlergebnisse kaum repräsentiert werden.

 

Einerseits sind das jene 1,1 Millionen in Österreich lebenden Ausländer, die aufgrund fehlender Staatsbürgerschaft nicht wahlberechtigt sind. Hier sollte das aktive Wahlrecht von einem zumindest fünf Jahre dauernden, ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich abhängig gemacht werden.

 

Bei der zweiten Gruppe nicht repräsentierter Bürger ist die Lösung nicht so einfach. Es handelt sich dabei um sozial schwache Menschen (wie Arbeitslose, Mindestsicherungsbezieher und Armutsgefährdete), die aufgrund einer allgemeinen Lebensfrustration ihr Wahlrecht nicht mehr in Anspruch nehmen. Thematisiert wurde dieses Problem zuletzt auch von der Gewerkschafterin und Buchautorin Veronika Bohrn-Mena ("Die neue ArbeiterInnenklasse"). In der Ö1-Sendung "Armut trotz Arbeit" sinnierte sie, dass Arbeitslose und Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen zusehends resignativer und träger werden, am gesellschaftlichen Leben nicht mehr partizipieren und als logische Folge auch nicht zu den Wahlurnen schreiten.

 

Sora-Untersuchungen zur Nationalratswahl 2017 belegten, dass Bezirke mit vielen Arbeitslosen, geringem Durchschnittseinkommen und eher niedrigen Bildungsabschlüssen eine geringe Wahlbeteiligung nach sich ziehen. Das sind in Wien beispielsweise der 10., der 15. oder der 20. Bezirk. Dagegen zählen Bezirke mit reichen Bürgern und wenig Arbeitslosen (wie Neubau, Hietzing oder Josefstadt) zu jenen mit der höchsten Wahlbeteiligung.

 

"Ein Teufelskreis": So bezeichnet der deutsche Demokratieforscher Robert Vehrkamp diese Entwicklung. "Die Armen gehen nicht wählen, weil sie fürchten, sowieso nicht vertreten und ernstgenommen zu werden. Anschließend werden sie nicht mehr repräsentiert, weil sie sich selbst von ihrem Wahlrecht verabschiedet haben." Und tatsächlich werden die Wahlprogramme der rechtskonservativen Parteien kaum an den Bedürfnissen der armen Bevölkerung ausgerichtet, da deren Wahlstrategen davon ausgehen, dass die sozial schwachen Teile der Bevölkerung überdurchschnittlich den Wahlen fernbleiben.

 

Beispiele: Die strikte Verweigerung von Vermögens- und Erbschaftssteuern seitens ÖVP und FPÖ (die nur die reichsten 1-4 % der Bevölkerung belasten würden), die Kürzungen der Mindestsicherung für armutsgefährdete Familien (40 Millionen pro Jahr) und Asylberechtigte (die ohnehin kein Wahlrecht haben), ein Familienbonus (der Reiche begünstigt und wenig verdienende Alleinerziehende mit lächerlichen Almosen abspeist) oder die geplante Streichung der Notstandshilfe für Langzeitarbeitslose.

 

Anstatt die Lebensbedingungen der sozial Schwachen zu verbessern, schüren die Mitte-Rechts-Parteien Hass gegen Flüchtlinge, Fremde, Arbeitslose und vermeintliche Sozialschmarotzer. So frei nach dem Motto: "Mit uns geht es euch nicht besser (im Gegenteil!), aber wir sorgen dafür, dass es anderen noch schlechtergeht."

 

Über diese miesen PR-Methoden der rechtskonservativen Parteien muss in den öffentlichen Medien, aber auch bei internen Veranstaltungen und privaten Diskussionsrunden Klartext gesprochen werden. Das ist eine wesentliche Bringschuld der linken und linksliberalen Parteien, NGO´s und Aktivisten. Sonst werden wir uns nach der nächsten Nationalratswahl "wieder wundern, was alles möglich ist".