Classics & New Stuff: Peter Doherty mit neuer Band Puta Madres im WUK!

"Does he really play?" - Eine Frage, die zwei Konzertbesucher dem Merchandising-Verkäufer im Wiener WUK stellten. "Yes", lächelt dieser zurück, und verkauft einem der beiden um 130 Euro handschriftliche Original-Notizen des aus Liverpool stammenden Indie-Kult-Stars.

 

Sind die wilden Jahre des gerade einmal 40 gewordenen Peter Doherty schon vorbei? Das kann vielleicht nicht einmal er selbst beantworten. Turbulente Zeiten prägten auf jeden Fall die bisherige Rock-Karriere des egozentrischen Musikers: 2 großartige Bands, The Libertines (mit seinem Jugendfreund Carl Barat) und die Babyshambles, deren kreative Ära immer wieder durch Drogenexzesse unterbrochen wurde, eine leidenschaftliche Affäre mit Supermodel Kate Moss, zwei Kinder (davon eines mit R&B-Sängerin Lisa Moorish, die auch mit Brit Pop-Legende Liam Gallagher ein Kind hat), zahlreiche Entziehungskuren und Haftaufenthalte wegen Drogenbesitzes, aber auch viele "Guerilla"-Gigs zwischen Genie und Wahnsinn. Einer davon im Wiener Flex 2006.

 

Im Mai 2019 kehrt Doherty in die Bundeshauptstadt zurück, mit einer neuen Band namens "The Puta Madres" (was soviel wie "Motherfucker" bedeutet). Eine multikulturelle, bunte Truppe. Mit dabei ist seine dunkelhaarige (Ex)-Freundin Katia deVidas, Ex-Trampolene Sänger und Gitarrist Jack Jones, der französische Bassist Miggles, den Doherty aus der Arbeits- und Obdachlosigkeit gerettet hat und on the Drums der aus Barcelona stammende Straßenmusiker Rafa.

 

Das erste Album wurde in Nordfrankreich live innerhalb weniger Tage aufgenommen und steht - neben Doherty-Classics wie "Last of the English Roses", "Kolly Kibber" und "I don´t love anyone" - im Mittelpunkt des ambivalenten Auftritts im Wiener WUK. Bei der rockigen Single "Who´s been having you over" zitiert Doherty Dialoge aus Graham Greene´s Roman "Brighton Rock", beim melancholischen "Someone else to be" Velvet Underground und sogar Oasis. Brillant die Landstreicher-Ballade "Paradise is under your Nose".

 

Schnelle Brit Pop-Tracks wie das neue "Steam" wechseln mit minutelangen Jam Sessions, bei denen Doherty mit seinen Bandkollegen rückwärtsgewandt zum Publikum aufspielt. Zuerst noch im lässigen Trenchcoat, dann mit Hosenträgern und gegen Ende mit nacktem Oberkörper. Dazu eine fast viertelstündige Pause zwischen Main Part und den Zugaben.

 

Pure Inszenierung oder notwendiger Break, um neue Kräfte für das Finale zu sammeln. Die Wahrheit kennen wohl nur die Puta Madres selbst. Beim trashigen Final Track "Fuck Forever", in der Babyshambles-Ära der Nullerjahre Platz 3 der Pop-Charts,  brennen die Sicherungen durch: Die Mikrofonständer fallen, ein volles Bier fliegt in die Menge,  Doherty liegt auf der Bühne, rappelt sich wieder auf und drischt mit den Händen auf die Drums. That´s Entertainment, hoffentlich auch noch die nächsten 20 Jahre lang...