70er-Retro-Classic-Rock: Jeff Lynne´s Electric Light Orchestra zum erstenmal in Wien!

Paukenschlag im September 2014. Nach 28 Jahren Pause tritt Jeff Lynne mit seinem (personell veränderten) Electric Light Orchestra wieder live auf. Die 50.000 Karten im Londoner Hyde Park waren innerhalb von 15 Minuten ausverkauft. So extrem gestalteten sich die Dimensionen in der Wiener Stadthalle zwar nicht. Aber auch in Wien spielte das "kleine elektrische Orchester" im Rahmen der Europa-USA Tour vor 10.000 Fans und somit ausverkauften Rängen.

 

Frontman Jeff Lynne, der im Dezember 70 wird, sieht noch aus wie einst Anfang der 80er: Wuschelkopf, die traditionellen Sunglasses und der leicht stoische Auftritt mit Gitarre und Mikro. Begleitet wird er im Jahr 2018 von 11 Musikern, davon 3 Gitarristen, 2 Cellistinnen und eine Geigerin. Und verrückt genug: Jeff Lynne´s ELO feiert bei seiner großen Reunion-Tour Österreich-Premiere. Das Publikum ist dementsprechend bunt gemischt von 20 bis 70 Plus und kann sich vor allem im Parterreareal kaum auf den Sitzplätzen halten. Warum keine Stehplätze angeboten wurden, bleibt fraglich, tanzten doch beim grandiosen Comeback-Konzert 2014 die ELO-Fans sogar im Regen. 

 

Gegründet wurde das Electric Light Orchestra von Jeff Lynne im Jahre 1970, der erste Top Ten-Hit in England stellte sich bereits 1972 mit dem hierzulande eher unbekannten "10538 Ouverture" ein. Die spezielle ELO-Trademark in dieser soundprogressiven Ära: Die Verquickung von Rock- und Klassikelementen, vornehmlich mit Streichern. "Roll over Beethoven", ein Chuck Berry-Cover, wurde zum ersten weltweiten Superhit. Ein Indiz, welche Songs Jeff Lynne, der 90 % aller Tracks selbst produzierte, besonders am Herzen liegen, bietet das Plakat der aktuellen Tour. Dort sieht man das weltberühmte ELO-Raumschiff, das erstmals bei den 70er-Alben "A New World Record" und "Out of the Blue" auftauchte und bei damaligen Tourneen sogar auf der Bühne nachgebaut wurde. Aus dieser Zeit stammen die Klassiker "Livin´ Thing" (auch im kultigen "Boogie Nights"-Film zu hören), "Sweet Talkin´ Woman", "Turn to Stone" und "Mr. Blue Sky". Kommerziell am erfolgreichsten war die 79er-Single "Don´t bring me down" aus dem dance-lastigeren Album "Discovery", die im letzten Teil des Konzerts für Begeisterungsgesänge sorgte. 

 

Nach der Auflösung des Electric Light Orchestra 1986 war Lynne als Produzent für zahlreiche Qualitätsmusiker tätig und auch Teil der "Promi-Group" Traveling Willburys. Als Tribute für die bereits verstorbenen Künstler Roy Orbison, George Harrison und (zuletzt überraschend) Tom Petty gab es "Handle with Care" zu hören. Der neueste Track des Abends, das melancholische "When I was a Boy", stammte aus dem 2015er-Comeback-Album "Alone in the Universe".

 

Insgesamt 19 Songs inmitten einer bunten Visual-Show präsentierten Jeff Lynne in der Wiener Stadthalle, als Zugabe "Roll over Beethoven". Einige Besucher verließen nach diesem schnittigen Rock´n Roll-Track bereits das Areal, viele andere wunderten sich. Da fehlen ja noch die vielen 80er-Classics "Xanadu", "Hold on Tight", "Twilight", "Last Train to London", "Rock´n Roll is King" oder "Calling America". Enttäuschung, als das Licht in der Stadthalle angeht. Die Tracks kann sich das ansonsten euphorisierte Publikum nur mehr daheim auf der Wembley-DVD-CD oder auf Vinyl anhören. Bei einem Kartenpreis von fast 100 Euro wären nach 90 Minuten Standard-Programm schon noch einige Zugaben fällig gewesen. Schade...