"Wild & Wicked" - Scooter im ausverkauften Gasometer!

Mehr als 30 Millionen Tonträger hat die deutsche Techno-Formation Scooter seit 1993 weltweit verkauft. Das ist laut dem bereits 53jährigen wasserstoffblonden Frontman H.P. Baxxter zwar noch lange nicht Anlass, Schlussbilanz zu ziehen. Allerdings, um eine Europa-Tour unter dem kongenialen Motto "100 % Scooter 25 Years Wild & Wicked" zu starten.

 

Und dies trifft genau die Erwartungen seiner treuen Fans. Bereits eine Stunde vor dem Beginn der Scooter-Show erschallen im ausverkauften Wiener Gasometer während des DJ-Sets von Dave202 die ersten Schlachtrufe nach "Always Hardcore" und "Oi". Die werden dann pünktlich um 21.15 Uhr erhört, als H.P. Baxxter und seine aktuellen Techno-Mitstreiter Michael Simon und Phil Speiser, unterstützt von flaggentragenden sexy Ladies und einer übergroßen Faust-Attrappe mit "revolutionärem" Mittelfinger, die Bühne betreten. Mit dem ersten Burner des Abends "Always Hardcore". Was sonst?

 

The Voice H.P. Baxxter, während der gesamten Show wild gestikulierend und tanzend, wollte in den 80ern mit der Synthi-Pop-Band Celebrate the Nun in die Fußstapfen von Depeche Mode treten. Es sollte der letzte echte Misserfolg sein. Baxxter (oder bürgerlich Hans Peter Geerdes) produzierte stattdessen Remixes, das schottische Ultra Sonic-"Hyper Hyper"-Sample kombiniert mit der Aufzählung damaliger Underground-DJ´s (a la Westbam, Marusha oder Sven Väth), brachten ihn auf die technoide Siegerstraße. Die originäre Szene war mit dem Ausverkauf weniger begeistert, die Mainstream-Fans umso mehr.

 

Und so sind die ca. zweistündigen Scooter-Auftritte heute eine Party von der ersten bis zur letzten Minute. Inklusive einer skurrilen Zeitreise durch versampelte Sequenzen alter Klassiker ohne Rücksicht auf Verluste. Da transformiert ein griechischer Sirtaki in eine "Can´t stop the Hardcore"-Tanz-Orgie oder ein politisch angehauchtes 70er-Folk-Lied wie "Was wollen wir trinken 7 Tage lang" in "How much is the Fish"-Reimattacken. Die alten Rock-Haudegen von Status Quo werden kurzum zu Jump-Stylern erklärt. Whatever the Fan-Crowd wants.

 

Auf letzteres ist Baxxter, heute auch bei "Deutschland sucht den Superstar" engagiert, besonders stolz. Mit dem 2008er-Album "Jumping all over the World" erreichten Scooter Platz 1 der britischen Charts und eine Platinauszeichnung für 300.000 verkaufte Alben.

 

Was man dem sympathischen Frontman hoch anrechnen muss: Der Thomas Bernhard-Hörbuch-Leser (sic est!) ist auf dem Boden geblieben und begründet seine dadaistischen Wortschöpfungen a la "Oi" oder "Jigga Jigga" nicht mit hochkulturellem Anspruch, sondern einfach mit entlarvenden Zitaten wie "Don´t take life too seriously. Nobody gets out alive anyway!"

 

Das sehen auch die Fans so, die sich während der von Techno-Beats, Pyro-Effekten und Light-Bombast dominierten Show aus der manchmal faden Tristesse des Alltagslebens ausklinken und einfach nur mit "Hands Up in the Air" tanzen, trinken und feiern. Nach den Zugaben "Maria" (I like it loud"), "Hyper Hyper" und "Move your Ass" ist der wilde Zauber dann sowieso vorbei.