Alltags-Satire: Hosea Ratschiller mit neuem Programm im Kremser Kesselhaus

„Ich heiße Hosea, sonst niemand“: Auf der Bühne im Kremser Kesselhaus nicht ein „exzentrischer Paradiesvogel, der mit seiner Schildkröte verlobt ist“, sondern der österreichische Kabarettist, Schauspieler und Moderator Hosea Ratschiller. Im September 2023 war Premiere seiner neuen Show „Hosea“ im Kabarett Niedermair, jetzt tourt der in Wien lebende Künstler quer durch Österreich und startet auch im Kesselhaus mit Pointen rund um seinen seltenen Vornamen, der von einem Propheten aus dem Alten Testament stammt. „Sie säen Wind, aber sie werden Sturm ernten, das passt für jedes Kind“. 

 

Das Kärntner Multitalent ist in der Kulturszene schon lange kein Unbekannter mehr: Poetry Slam-Meister, FM4-Ombudsmann, Moderator der (leider 2023 eingestellten) Sendung „Pratersterne“ im Fluc, Schauspieler, Buchautor und dreifacher Träger des österreichischen Kabarettpreises. Sein neues Programm „Hosea“ ist nach eigenen Angaben sein „bisher persönlichstes“ und wirft mit Passagen aus seinem Alltagsleben einen witzigen, charmanten, aber manchmal auch zweifelhaften Blick auf die österreichische Seele.

 

Ratschiller ist verheiratet und Vater dreier Kinder, kurz „Papi“, das ist für ihn ein besonderer Orden. „Für ein bürgerliches Leben fehlt mir nur die Erbschaft“, stattdessen ist er stolz auf seine Kinder, mit denen er gerne im Zug fährt und dabei immer wieder mit der Verbröselung der Zugabteile konfrontiert wird. Und mit den kessen Sprüchen seiner Tochter. So wie der hier: „Was ist der Unterschied zwischen einer Pizza und einem Kabarettisten? Die Pizza kann eine Familie ernähren.“

 

Die nunmehr 12jährige Tochter ist der ideale Anknüpfungspunkt zur Darstellung des raschen Zeitenwandels. Für den Papi ist das Internet ein „Adventkalender mit viel zu vielen Fenstern“, für die Tochter nur ein Achselzucken, die wartet lieber auf das Abendessen. Das Jugendwort „cringe“ ist für Hosea die „rhetorische Demarkationslinie zwischen Alt und Jung“. Fußball ist schon lange nicht mehr nur Bubensport, Schaffnerin hätte früher niemand gesagt, und in der Welt der Tochter sind Lesbenehen state of the Art. Während die Oldies noch immer Hermann Maiers Goldmedaillen-Fahrt 3 Tage nach seinem „Jahrhundertsturz“ bewundern, rüstet sich die Jugend für den Klimaaktivismus. Eine deutliche Kritik am Homo Sapiens: „Der Mensch existiere bereits seit 300.000 Jahren, die Wissenschaft allerdings erst seit 250“. 

 

Geschliffene Repliken auf die österreichische Politik dürfen nicht fehlen „Wer Schiss hat vor der Gasrechnung, kann aufhören, sich vor der Vermögenssteuer zu fürchten“ oder „Leistbares Wohnungen gilt in Österreich mittlerweise als linksextrem. Unsere Miete steht dagegen weit rechts der Mitte, sie ist bereits ein Fall für den Verfassungsschutz“. Zum Lachen und gleichzeitig zum Weinen, wenn man die neuesten Wahlumfragen studiert. Auch über dem satirischen Ich Ratschillers kreisen schon die „völkischen Aasgeier“: „Schon pleite, müde und zornig genug? Komm zu uns!“ 

 

Die Business-Klasse in den Zügen vergleicht Hosea mit den Schulen. Angebot und Ausstattung sind fast dasselbe, aber  „die Reichen wollen unter sich bleiben“. Wenn das Baby in der 1. Klasse schreit, dann „stört man dort nur ein dutzend Gestopfte, die arbeitende Bevölkerung in der 2. Klasse dagegen wird geschont.“ Und natürlich werden auch die Boulevardmedien nicht geschont von Ratschillers Verbalakrobatik. „Früher gab es in den Zeitungen Überschriften MIT Text, und man bekam von den Schlagzeilen keinen Herzkasperl.“ Als besonderes Unikum sieht der Kabarettist die Sonntags-Krone in den Zeitungsständern. Dort solle man Geld einwerfen, obwohl diese ohnehin schon mit Steuergeld gefördert ist.

 

Handysucht, die ehemaligen ÖBB-Raucherabteile, Weltreisen der Generation 60plus, künstliche Intelligenz, Demokratie-Petitionen oder private Faschingsparties („Meine Tochter verkleidete sich als Vampirin mit zurückgeschleckten Haaren. Sie sah aus wie ein Altkanzler beim Gerichtstermin“) – Viele weitere Themen streifte Hosea noch im Rahmen seiner zweistündigen Show. Über das Programm habe er 1 Jahr lang nachgedacht. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ausverkaufte Vorstellungen, minutenlanger Applaus und kreatives Training fürs Gehirnschmalz der Besucher.