Berlin einst und jetzt: Szene Oberbaumbrücke & East Side Gallery!

Party-Epizentrum Oberbaumbrücke. Dort tobt heute das Leben: Clubs, Bars, Kneipen, Spätis, Straßenmusiker, das Areal vollgefüllt mit einheimischen Nachtschwärmern und Touristen, die einmal 3 Tage wach das heiße Nachtleben Berlins auskosten wollen. Ganz im Gegensatz zur Zeit vor dem Mauerfall.. 

 

Mit dem Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 wurde die 1896 errichtete Oberbaumbrücke nämlich für den gesamten Verkehr inklusive der U-Bahn gesperrt. Sie diente ab sofort als Grenzübergang zwischen den beiden Berliner Bezirken Friedrichshain (Ostberlin) und Kreuzberg (Westberlin). Manchmal wurde sie auch für die Ausreise freigekaufter politischer Gefangener verwendet. Eine Daueröffnung für Fußgänger wurde erst durch das Viermächteabkommen 1972 ermöglicht. In den 70ern kam es hier aufgrund der Sektorengrenze zu fünf schrecklichen Todesfallen. Kreuzberger Kinder fielen am südlichen Ufer der Spree ins Wasser, die gänzlich zum Ostberliner Sektor gehörte. Die Westberliner durften nicht einschreiten, die Ostberliner schritten nicht ein. Erst 1976 wurde an der Oberbaumbrücke eine Notrufsäule installiert, nach deren Aktivierung Hilfe geleistet werden durfte.

 

Die Bezeichnung Oberbaumbrücke hat ihren Ursprung im 18. Jahrhundert, als eine hölzerne Vorgänger-Brücke zur Zolleintreibung verwendet wurde. Der Schiffs-Durchlass wurde dabei mit einem Baum versperrt, der im Osten „Oberbaum“, im Westen „Unterbaum“ benannt wurde. Die beiden in der Mitte platzierten 34 Meter hohen Türme, die heute zu den beliebtesten Foto-Motiven Berlins zählen, weisen auf diese Funktion hin. Nach der Wiedervereinigung wurde der Mittelteil nach Plänen des Stararchitekten Santiago Calatrava saniert. Auf der Oberbaumbrücke bewegen sich heute täglich rund 600 U-Bahn-Garnituren (U1, U3), 21.000 Kfz und 10.000 Fahrräder, die berühmteste „Joggerin“ unter dem Viadukt war einst Franka Potente im Tykwer-Kult-Film „Lola rennt“. 

Watergate

 

Abgetanzt bis weit nach Morgengrauen wird am südlichen Ufer der Oberbaumbrücke im Techno- und House-Club Watergate, der 2002 in einem ehemaligen Bürogebäude eröffnet wurde und mit seinen zwei Floors („Mainfloor“, „Waterfloor“ mit Außenterrasse zur Spree) für schweißüberströmte Party-Nights sorgt. Unter der strikten Prämisse: „No mobiles on the dancefloor, please! It kills the Vibe!“

 

Molecule Man

 

Wer die Nacht durchgemacht hat, egal ob im Watergate, im nahegelegenen Berghain oder im Club der Visionäre, hat die Möglichkeit, einen Blick auf den riesigen Molecule Man des US-Bildhauers Jonathan Borofsky zu werfen. Dabei handelt es sich um drei 30 Meter hohe Figuren aus gelochten Aluminiumplatten, die zwischen der Oberbaumbrücke und der Elsenbrücke direkt am Schnittpunkt der drei Ortsteile Kreuzberg, Alt-Treptow und Friedrichshain platziert wurden und die die überlebensnotwendige Vereinigung von Molekülen aller Menschen symbolisieren. 

East Side Gallery

 

Symbolkraft hat auch die East Side Gallery am nördlichen Ufer der Spree, die mit ihren 1,3 Kilometern das längste noch erhaltene Teilstück der Berliner Mauer repräsentiert. Die einzelnen Kunstwerke wurden zwischen Februar und September 1990 von 118 Künstlern aus 21 Ländern erstellt. Die Motive reichen von Friedensbotschaften, Sinnsprüchen, Hippie-Malereien, Liebes-Comics bis hin zu Erinnerungen an bedeutende Persönlichkeiten (wie Martin Luther King oder Andrej Sacharow). Am berühmtesten ist zweifelsohne das Kunstwerk „Mein Gott, hilf mir, diese tödliche Liebe zu überleben“ des Malers Dimitri Wrubel, das auf einem Foto des „Bruderkusses“ zwischen Leonid Breschnew und Erich Honecker während der 30-Jahr-Feiern der DDR 1979 basiert.

 

Verwitterungen und Graffitis waren der Grund, warum die East Side Gallery im Jahr 2008 einer Sanierung unterzogen werden musste. Dabei wurden die Künstler der damaligen Motive eingeladen, ihre Werke ein zweites Mal an die Mauer zu malen. Urheberrechtliche Konflikte und Kritik am geringen Pauschalhonorar von 3000 Euro blieben nicht aus. 

 

41 Meter der East Side Gallery wurden trotz Denkmalschutzes des Mauerstreifens seit 1991 herausgelöst und 50 Meter westwärts im ehemaligen Todesstreifen aufgestellt. Grund: Die Errichtung der heutigen Mercedes Benz Arena, wo sich heute die Superstars aus der Pop-, Rock- und Danceszene die Klinke in die Hand geben. Der positive Nebeneffekt: An Besuchermangel wird die East Side Gallery die nächsten Jahrzehnte nicht leiden. Und damit wird auch die Erinnerung an ein durch Menschen entwickeltes Unrechtssystem nicht so schnell verblassen.