Sperrklausel von 5 Prozent: Wiener Landtagswahlrecht diskriminiert Kleinparteien!

"Alle Menschen sollen das Recht auf ein gutes Leben haben, auf soziale Sicherheit, auf Unversehrtheit" - Mit dieser sympathischen Message und kapitalismuskritischen Parolen startet die Liste Links rund um kompetente Protagonisten wie AK-Rechtsberaterin Anna Svec, Anti-Türkis-Blau-Demo-Mitorganisator Can Gülcü und Ex-Epicenter-Works-Datenschützerin Angelika Adensamer in den Wiener Landtagswahlkampf.

 

Bis zum 14. August müssen neue Listen, die nicht im Landtag vertreten sind, Unterstützungserklärungen sammeln, und zwar 1800 für einen wienweiten Antritt plus 50 weitere Unterschriften pro Bezirk für die parallel stattfindenden Bezirksvertretungswahlen. Unterschriften via Bürgerkarte oder Handysignatur sind - im Gegensatz zum novellierten Petitionsrecht - nicht zulässig, die in den politischen Gremien vertretenen Parteien wollen augenscheinlich Konkurrenz verhindern. Noch effektiver erreicht wird dies durch die gesetzliche Verankerung einer Sperrklausel.

 

Laut der Wiener Gemeindewahlordnung müssen Parteien - abgesehen von der Alternative eines bis dato quasi unerreichbaren Grundmandats - mindestens 5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erreichen. Dies gilt analog auf Bezirksebene. Diese Hürde von 5 Prozent liegt damit sogar um 1 Prozent höher als bei Wahlen zum Nationalrat. Auf Bundesebene wurde diese Sperrklausel 1992 eingeführt, die Gesetzeserläuterungen bezeichnen diese Schranke als  "zulässige Maßnahme gegen eine mögliche Parteienzersplitterung". 

 

Tatsächlich handelt es sich dabei laut Verfassungsrechtlerin Teresa Radatz um eine "Ungleichheit des Wahlrechts", da die abgegebenen Stimmen nicht denselben Erfolgswert haben". Ca. 6-7 % der Stimmen gehen durchschnittlich "verloren" und wandern auf das Konto der "Großparteien". Dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass viele Bürger zumeist in letzter Sekunde ihr Wahlverhalten ändern und statt einer Kleinpartei (die möglicherweise nicht die Sperrklausel überwindet) einer größeren Partei mit ähnlichem Programm die Stimme geben.

 

In Wien schafften es in den letzten 25 Jahren nur die Neos, als neue Liste in den Wiener Landtag zu ziehen. Vielleicht gelingt es dieses Jahr der engagierten Liste Links. In der neuen Legislaturperiode sollten dann alle Parteien gemeinsam mit Rechtsexperten und NGO´s ein neues modernes Wahlrecht konzipieren, mit Abschaffung bzw. Reduzierung der Sperrklausel, digitalisierten Unterstützungserklärungen und einer expliziten Erweiterung der Wahlberechtigung auf Ausländer mit mindestens fünfjährigem Hauptwohnsitz in der Bundeshauptstadt...