"Start the Dance": Pre-Opening der "tanzenden" Landesgalerie Niederösterreich in Krems!

"Aus der Raupe wurde ein Schmetterling, aus dem Betonblock die Tänzerin von Krems". Geflügelte Worte des künstlerischen Direktors der neuen Landesgalerie, Christian Bauer.

 

Start the Dance! Im Rahmen eines durchinszenierten, dreitägigen Pre-Openings stellte sich der monumentale Prunk-Bau der Kremser Kunstmeile erstmals Kulturinteressierten und Einheimischen vor (was nicht unbedingt ein Widerspruch sein muss). Auf dem Programm standen nicht nur düstere Nightwalks, intellektuelle Diskussionsrunden, stündliche Themenführungen mit Experten und Begrüßungszeremonien, sondern auch kreative "künstlerische Interventionen" von Erwin Redl ("Matrix XII Krems"), Judith Fegerl, Leo Zogmayer (Schriftzug "Wenn ich Kunst sage, meine ich das Ganze") und - mit einer Klanginstallation im Lift - Werner Reiterer.

 

"Up in the Air", durchaus ein Motto für die Besucher des Pre-Openings. Immerhin ist der aus Stahlbeton bestehende gedrehte Kubus 21,5 Meter hoch. Die Grundrissfläche im Erdgeschoß beträgt 33 x 33 Meter, jene im Obergeschoß 30 x 30 Meter. "Durch die Drehung fügt sich das Gebäude wie ein Passstück in die Umgebung ein. Einerseits weicht es vom Karikaturmuseum etwas zurück, andererseits definiert es die Lotrechte an der Ecke von Steiner Landstraße und Doktor Karl-Dorrek-Straße", so die Vorarlberger Architektenbrüder Bernhard und Stefan Marte.

 

marte.marte sind 2015 unter 59 Teilnehmern als Sieger aus dem zweistufigen EU-weiten Architekturwettbewerb für die Landesgalerie Niederösterreich hervorgegangen. Als Bauherr fungierte die Linzer Baufirma Dywidag, der Spatenstich zum 35 Millionen Euro teuren Bau erfolgte am 4. Juni 2016. Die Fertigstellung verzögerte sich aufgrund der Entdeckung eines mittelalterlichen Hafens während der Aushubarbeiten, der sich bei den nachfolgenden archäologischen Untersuchungen als Teil eines komplexen Pfahlreihensystems entpuppte. Gerüchteweise gab es auch Probleme mit der Fassade, deren Komplexität nicht von der Hand zu weisen ist.  Diese besteht aus insgesamt 7200 Schindeln einer dezent schimmernden Zink-Titan Legierung, mit der auch ein Bezug zur Dachlandschaft von Stein hergestellt werden soll. 

 

Im Gespräch war immer wieder auch ein Steg über die beiden Kreisverkehre hinweg zur Donau. Architekt Bernhard Marte hielt dies allerdings - auch im Einklang mit dem Weltkulturerbe und der mittelalterlichen Umgebung - für ein "zu urbanes Zeichen". "Unsere Lösung ist, das Gebäude auszurichten, dass es sich stark zur Donau Richtung Süden orientiert und die dort ankommenden Besucher mit einer nach oben hin akzentuierten Drehbewegung quasi empfängt." Dass die monumentale Landesgalerie künftig nicht nur Kunst- und Architekturfreaks aus aller Welt, sondern auch viele Touristen anlocken wird, steht wohl außer Frage. Offiziell rechnet man mit 50.000 Besuchern mehr pro Jahr im Kunstmeilen-Areal.

 

Die Ausstellungsfläche beträgt insgesamt 3000 Quadratmeter und ist aufgeteilt auf insgesamt 5 Geschosse. Themenausstellungen und monografische Präsentationen werden in den drei ca. 800 m2 großen Räumen konzipiert, im Untergeschoss Sammlungen, im 1. Obergeschoss (in dem beim Eröffnungswochenende 234 kleinformatige Karton-"My Museum"-Modelle Jugendlicher positioniert wurden) steht der Mensch im Mittelpunkt, Landschaft und Natur im zweiten.  Diese sind bewusst fensterlos "als Dunkelräume" gestaltet, um auch den klimatischen und restauratorischen Anforderungen zu entsprechen.

 

Im Erdgeschoss befindet sich neben einem kleineren Ausstellungsraum mit ca. 400 Quadratmeter die von Harry Schindlegger geführte Gastronomie und der Shopbereich. Für sonnige Tage, und die gehören ja in der Wachau zur Trademark, wird auch ein Schanigarten angeboten. Leider war die Stadt Krems hier nicht mutig genug, den Autoverkehr in der Kunstmeile auszuschließen. Derzeit ist das Areal als "Begegnungszone" konzipiert. Christian Bauer spricht von einem "dynamischen Konzept", das lässt Hoffnung auf eine autofreie Zone aufkommen.

 

Das oberste Geschoss lockt nicht nur mit einem kleineren Ausstellungsraum, sondern auch mit einer Freiluftterrasse, einerseits mit einem Blick auf die Donau und das Stift Göttweig, andererseits durch ein kleines dreieckiges Außenfenster auf die Altstadt von Stein. Zahlreiche Selfies unter blauem Himmel für Facebook, Instagram & Co.  sind vorprogrammiert.

 

Das Untergeschoss, gleichzeitig der größte Ausstellungsraum, ist durch einen unterirdischen Gang mit der Kunsthalle Krems verbunden. Dort faszinierte während des Pre-Openings die begehbare Licht-Installation "Matrix XII Krems" von Erwin Redl, der eine leicht ansteigende Fläche mit blauen LED-Leuchten erstrahlen ließ. Die "Hommage an die Architektur der Landesgalerie" ist noch bis 31. März zu sehen. 

 

Die umfangreiche Befüllung der Ausstellungsräume erfolgt innerhalb der nächsten 2,5 Monate. Kunstsammler Franz Hauer (u.a. mit Werken von Schiele und Kokoschka), Biennale-Künstlerin Renate Bertlmann ("Hier ruht meine Zärtlichkeit"), "Ich bin alles zugleich" und "Sehnsuchtsräume -Berührte Natur und besetzte Landschaften" - das sind die vorerst noch kryptischen Highlights des Grand Openings am 25. und 26. Mai in der Landesgalerie Niederösterreich.

 

Schade, dass sich Krems nicht selbst als Kulturhauptstadt 2024 beworben hat, sondern "nur" als "Einzugsbereich" im Wettbewerbskonzept der Landeshauptstadt St. Pölten integriert worden ist...