Reiserecht: Pauschalreisen vs. Individualreisen

Club-Exzesse auf der spanischen Party-Insel Ibiza, ein Road-Trip durch Australien, Island-Hopping auf den griechischen Inseln, eine Woche Strand-Urlaub am Mittelmeer, eine Kultur- und Bildungsexkursion durch Frankreich oder Spanien per Bahn. Die Reiseziele und –motivationen können unterschiedlicher nicht sein. Und selbst die komplexesten Hotel-Flug-Miete-Kombinationen können durch das Internet und diverse Buchungsplattformen persönlich zusammengestellt werden. Läuft die Reise allerdings nicht plangemäß, dann kann die in den letzten Jahrzehnten gewonnene Flexibilität in ein blaues Wunder münden. 

 

Im Juli 2018 trat zwar im EU-Raum die sogenannte „Pauschalreiserichtlinie“ in Kraft. Diese betrifft – wie der Name schon sagt – allerdings nur Pauschalreisen und nur in beschränktem Ausmaß „verbundene Reiseleistungen“. Individualreisen, die seit der Entstehung von Online-Diensten einen immensen Boom erleben, sind davon nicht betroffen und unterliegen einem bei weitem geringeren Rechtsschutz.

 

Unter „Pauschalreise“ versteht man eine Kombination aus mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen (wie Beförderung, Unterbringung, Vermietung von Kraftfahrzeugen,…) für den Zweck derselben Reise. In der Regel werden diese Leistungen von einem Unternehmer (dem Reiseveranstalter) auf Basis eines einzigen Vertrages erstellt. Ein Spezialfall einer Pauschalreise liegt bei einer „Click-Through-Buchung“ vor, bei der nach einer ersten Buchung innerhalb von 24 Stunden die Daten der Reisenden an einen zweiten Vertragspartner übermittelt werden. Ansonsten liegt trotz Buchung auf dem selben Portal eine „verbundene Reiseleistung“ vor.

 

Bei verbundenen Reiseleistungen ist der Reisende zwar gegen die Insolvenz des Reisevermittlers abgesichert, ansonsten gelten aber die Privilegien für Pauschalreisen nicht. So sind Pauschalreisende gegen die Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert. Preiserhöhungen sind gemäß § 8 PRG nur dann zulässig, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vorgesehen und gleichzeitig eine Preissenkung festgelegt ist. Ab dem 20. Tag vor der Abreise besteht ein absolutes Reisepreiserhöhungsverbot. 

 

Der Reisende kann jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, hat dann aber in der Regel Stornogebühren zu zahlen, die sich zumeist – wie in den ARB 1992 – nach dem zeitlichen Abstand zum Reisetermin richten. Bei unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umständen ist keine Entschädigung zu leisten, der Reisende hat Anspruch auf volle Erstattung der für die Pauschalreise getätigten Zahlungen. Ist die Rückbeförderung nicht möglich, hat der Reiseveranstalter die Kosten für die notwendige Unterbringung des Reisenden für einen Zeitraum von höchstens drei Nächten zu tragen. Darüber hinaus besteht eine Beistandspflicht insbesondere bei der Informationsbereitstellung über Gesundheitsdienste oder Behörden bzw. bei der Herstellung von Fernkommunikationsverbindungen und bei der Suche nach Ersatzreisearrangements. Bei Vertragswidrigkeiten hat der Reisende Anspruch auf eine angemessene Preisminderung, angemessenen Schadenersatz und und bei Erheblichkeit auf angemessenen Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude. Hier besteht eine Mitteilungspflicht seitens des Reisenden, deren Unterlassung als Mitverschulden angerechnet werden kann.

 

Der Pauschalreisende kann diese Ansprüche alle gegen den Reiseveranstalter geltend machen. Individualreisende, die ihren Urlaubstrip selbst zusammenstellen, haben es da um einiges schwerer. Hier bestehen Verträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern, bei denen zumeist ausländisches Recht gilt, und zwar in der Regel jenes, in dem das Hotel oder die Fluglinie ihren Sitz hat. Die Stornierungsmöglichkeiten richten sich nach der individuellen Vereinbarung mit dem Hotel. Bei Flugreisen gilt zumindest die EU-Fluggastrechteverordnung, die bei allen innerhalb der EU startenden Flüge (unabhängig vom Hauptsitz der Airline) und bei allen in der EU landenden Flüge aus Drittstaaten greift (sofern die Airline ihren Hauptsitz in der EU hat).

 

Bei Insolvenzen bestehen überhaupt keine Absicherungen für Individualreisende. Gehen Hotel oder Fluglinie pleite, dann können die Reisenden nur ihre Forderungen im Insolvenzverfahren geltend machen, die zumeist nur mit einer geringen Quote befriedigt werden. 

 

Die mangelnde rechtliche Absicherung von Individualreisen steht konträr zur Entwicklung des Tourismusmarktes. Laut einer aktuellen ADAC-Tourismusstudie buchen aktuell rund 71 Prozent eine Individualreise. Es ist höchste Zeit, die Rechte der Reisenden zu verbessern und die Hotels und Fluglinien stärker in die Pflicht zu nehmen.